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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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sprechen, allerdings wäre es besser persönlich. Und wie Sie wissen, ist mein Bewegungsfreiraum etwas eingeschränkt.« Es gelingt ihr sogar, eine leichte Selbstironie an den Tag zu legen, um ihren eigentlichen Unmut über die unvorhergesehene Programmänderung zu vertuschen.
    Er spürt es dennoch heraus. Ohne auf ihre emotionale Antwort einzugehen, schlägt er ihr vor: »Bis wann sind Sie denn noch auf?«
    »Wenn ich das selbst nur so genau wüsste«, antwortet sie.
    »So spät wird es bei mir nicht werden. Wenn Sie wollen, melde ich mich später bei Ihnen, und wenn es dann noch passt, komme ich schnell vorbei.« Im gleichen Moment hat er allerdings sein Angebot schon wieder bereut. Er wartet ihre etwas zögerliche Antwort ab.
    »Machen Sie es, wie Sie denken, Funi. Wir können uns ohne Weiteres auch morgen sehen.«
    »Einverstanden«, entgegnet er. Er kennt diesen entschiedenen und überheblichen Tonfall von ihr. So als würden immer die anderen eine Gelegenheit verpassen, nicht sie selbst.
    »Dann einen schönen Abend, Funi«, schließt sie, ganz im Einklang mit ihrer betonten Selbstsicherheit.
    »Danke«, antwortet er und unterschlägt ein »Gleichfalls«.

58
    »Jungs, ich gehe schon nicht fort. Heute Abend bleibe ich mal zu Hause. Danke für euren Besuch.«
    Nun schaue ich ihnen hinterher, wie sie mit ihrem schwarzen Wagen, der vor dem Haus parkt, davonfahren. Sie machen eine Runde um den Block, kommen ein weiteres Mal vorbei, das war’s. Ich habe den Tag beendet, indem ich mich von allen verabschiedet habe. Meine Mutter ist in meine Wohnung zurückgekehrt, wo sie heute Abend mit drei verwitweten Frauen Karten spielt, mein Vater ins Aostatal. Gewiss sitzt er nun vor dem Kamin und sieht fern. Alleine, wie er es uns immer weismachen wollte. Oder in weiblicher Gesellschaft, wie wir schon immer vermuteten. Wir haben nie wirklich verstanden, was er einmal die Woche, immer am selben Tag, in den Bergen trieb. Nach seiner Pensionierung hat er keinen Mittwoch ausgelassen. Vor einigen Jahren waren plötzlich Gruppenfotos aufgetaucht. Solche, die für gewöhnlich bei Ausflügen gemacht werden. Neben ihm steht eine blonde Frau. Auf jedem der Bilder. Immer die gleiche, immer an seiner Seite.
    »Das geht mich nichts an, Mama«, hatte ich ihr gesagt.
    »Natürlich geht es dich etwas an. Er ist schließlich dein Vater.«
    Wenn es nach meiner Mutter gegangen wäre, hätte ich ihm nachspionieren sollen. Mit meinem psychologischen Wissen und meinem Gespür, das man mir, seit ich klein war, nachsagte. Aber ich habe es nicht getan. Zum ersten und letzten Mal habe ich mich rausgehalten.
    »Frag ihn doch einfach, wer diese Leute sind«, hatte ich ihr geantwortet. »Oder schließ dich auch dieser Wandergruppe an. Gib dir doch einmal einen Ruck, und nimm die Dinge selbst in die Hand, anstatt immer auf eine Veränderung von außen zu warten.«
    Sie hat es tatsächlich gemacht. Ihn gefragt. Und er hat geantwortet: »Das sind Freunde, mit denen ich wandern gehe.« Das war alles. Er hat sie niemals aufgefordert mitzukommen.
    »Und jetzt? Was hast du jetzt vor, Mama?«
    »Nichts«, hat sie mir geantwortet. »Ich werde nichts tun. Ich habe beschlossen, ihm einfach zu glauben.«
    Wenn das eine Mutter schafft, dann kann das auch eine Tochter. Einfach beschließen, jemandem zu glauben. Nicht, weil man sich etwas sicher ist, sondern weil man einfach beschließt zu glauben, es sei die Wahrheit. Es gibt keine Alternative. Damals habe ich ihr nicht widersprochen. Ihr bereitet es keinerlei Schwierigkeiten, mit einem Zweifel zu leben. Es ist nicht abwegig, ein Leben weiterzuführen, das in Form und Inhalt nicht übereinstimmt.
    »Ich verurteile die anderen nicht gleich, nur weil das zu meinem Beruf gehört, Doris, so wie du es machst. Natürlich verstehe ich deinen Standpunkt. Du musst ein reines Gewissen haben, um verantwortlich als Polizistin arbeiten zu können. Ich lebe jeden Tag mit der Vorstellung, dass die Dinge vielleicht ganz anders sind, als ich denke. Glaube mir, wenn ich dir sage, dass das nicht so tragisch ist.«
    Bis zu jenem Moment war ich immer der Überzeugung gewesen, dass ihr die nötige Stärke fehlte. Dass die Wahrheit etwas für Mutige war. Doch plötzlich hatte ich begonnen zu ahnen, dass man auch zum Lügen eine gewisse Courage brauchte. Um das Danach meistern zu können. Was soll man tun, wie das eigene Leben bewältigen, wie seine eigene Psyche retten? Und abgesehen davon, wer war eigentlich der Lügner? Derjenige, der

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