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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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Schuhe. Funi fragt, ob er ebenfalls rauchen dürfe. Beide ziehen sie an ihrer Zigarette, versuchen, sich dem Rhythmus des anderen anzugleichen. Schließlich kehrt Maria Dolores in einem angemessenen Umgangston wieder zu dem Fall zurück.
    »Sie müssen versuchen, etwas mehr über das Mädchen herauszubekommen. Um ihre Wahnvorstellungen nachvollziehen zu können, müssen Sie verstehen, wer oder was diese nährte. Körperliche Nahrung war ihr jedenfalls nicht so wichtig, so weit sind wir schon, aber etwas anderes. Wir müssen rekonstruieren, warum sie ausgerechnet in diesem Kloster in Civate war.« Sie benutzt den Plural, vielleicht um den Angriff von vorhin herunterzuspielen.
    Funi nickt. »Da ist auch noch das andere tote Mädchen von San Siro. Das der Mutter zufolge an Unterernährung gestorben ist. Auch sie hatte einen Herzstillstand. Die Autopsie weist ganz ähnliche Merkmale auf wie bei dem anderen Mädchen. Was für eine Krankheit ist das bloß, bei der die Frauen sterben, als wären sie nicht bei Sinnen, nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte?«
    »Das Ende ist schlimmer anzusehen, als es selber zu leben«, erwidert Maria Dolores. »Jemand an deiner Seite könnte davon betroffen sein, und du merkst es selbst kaum. Das ist wie eine Art Strafe.« Sie kennt sich damit aus.
    »Die Kreuze, die Krankheit. Was noch? Sonst gibt es keine Überschneidungen. Der Fall wird bald den Kollegen von Lecco übergeben, das Opfer gehört in ihren Zuständigkeitsbereich. Trotzdem würde ich gern weiter daran arbeiten.«
    »Sprechen Sie mit dem zuständigen Ermittlungsrichter darüber. Wenn Sie ihn davon überzeugen können, dass auch in der Sache des anderen Mädchens von San Siro eine Untersuchung notwendig ist, könnten Sie den Fall behalten.«
    Funi denkt darüber nach, dann schweift sein Blick zu dem ernsten Gesicht von Maria Dolores.
    »Diese Besessenheit von Corsari will mir nicht mehr aus dem Kopf«, beginnt sie. »Ich weiß nicht, aber vielleicht sollten Sie doch besser Meldung machen. Was meinen Sie?«
    »Ehrlich gesagt habe ich keine Lust, mich einzumischen. Zurzeit ist er wirklich unerträglich. Ich will mich um seinen Kram nicht auch noch kümmern müssen.«
    »Er ist hier aufgekreuzt, ohne vorher Bescheid zu geben, und hat mich schräg angemacht. Funi, unternehmen Sie wenigstens etwas, damit er nicht mehr hier auftaucht.«
    »Es tut mir leid, aber das kann ich nicht.«
    »Was mich wirklich rasend macht, ist, dass ich ständig alles ertragen muss. Von jedem, der in meine Wohnung kommt, egal zu welcher Uhrzeit, fühle ich mich bedrängt. Ich sollte von der Welt abgeschirmt werden, aber stattdessen werde ich von der Außenwelt belagert, ohne Rücksicht auf das Wann und Wie. Ich halte das nicht mehr aus, Funi.«
    »Ich verstehe Sie ja. Aber damit das alles ein Ende hat, müssen Sie Ihren Beitrag dazu leisten.«

62
    »Du hast mir gefehlt.« Eine unsichere, ihr bekannte Männerstimme.
    »Wer ist am Apparat?«, fragt Maria Dolores nach, obwohl sie es bereits weiß. Eine Stimme, nach der sie sich lange Zeit gesehnt hatte und die nun in einem Moment wieder auftauchte, wo sie längst nicht mehr damit gerechnet hatte.
    »Ich bin’s, Luca. Ich weiß, es sind Monate vergangen, seit wir uns das letzte Mal gehört haben, aber ich muss trotzdem ständig an dich denken. Wie geht es dir?«
    Luca Righi, Beamter der Guardia di Finanza , mit dem Maria Dolores eine platonische Freundschaft über SMS , Mails, Telefon und Gedankenaustausch verband. Ein Gewitter, das sich nie entladen hatte. Ein vorzeitiges Ende, aus Angst, das zu verlieren, was man bereits besaß. In die Leere zu stürzen. Maria Dolores hat wenig Nachsicht gegenüber ängstlichen Menschen. Denn auch sie gehört zu dieser Kategorie, selbst wenn sie sich darüber nicht wirklich im Klaren ist.
    »Ich stehe seit Oktober letzten Jahres hier unter Hausarrest.«
    »Das weiß ich, schließlich sprechen alle darüber. Aber wie geht es dir?«
    »Gemischt. Manchmal gut, manchmal weniger gut. Durcheinander, wütend, deprimiert. Je nach Tagesverfassung«, stellt sie ihre Gefühle zur Schau. Und dabei würde sie nichts sehnlicher tun, als ihn zu beschimpfen. Doch dafür ist sie zu höflich. »Warum rufst du an?« Sie geht auf Abstand.
    »Wie ich schon sagte, ich habe dich vermisst. Ich sehe keinen Sinn in diesem aufgezwungenen Schweigen. Ich trage dich ohnehin im Herzen, egal wo ich bin.«
    »Wie kannst du so was sagen? Dass du keinen Sinn darin siehst? Oder hast du vor, weiterhin

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