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Ich will dir glauben

Ich will dir glauben

Titel: Ich will dir glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabetta Bucciarelli
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nicht die Wahrheit sagte, oder der so tat, als ob er alles glauben würde?

59
    »Es gibt noch andere Kreuze. In Caravaggio, Caltagirone, Ragusa, in der Nähe von Siena. Ich habe insgesamt vierzehn unterschiedliche Plätze gezählt, an denen sie aufgestellt wurden. Und jedes Mal wurde dabei privates oder öffentliches Eigentum beschädigt, in den meisten Fällen rund um Kirchen und christliche Andachtsstätten«, erläutert Achille Funi, während er Nina Parisi in die Augen blickt und das Fleisch seines katalanischen Hummers verspeist.
    »Eine Leiche habt ihr allerdings nur unter diesem einen Kreuz gefunden, soweit ich weiß.« Nina ist entspannt, nicht ganz bei der Sache, was das Thema des Gesprächs betrifft. Sie trinkt einen Sauvignon de Loire 2003 und weiß ihn zu schätzen.
    »Ja, aber auch bei den Kreuzen von San Siro gibt es einen merkwürdigen Umstand«, betont er. »In dem Haus, vor dem sie aufgestellt wurden, ist ein Mädchen an Magersucht gestorben.«
    »Seltsam. In der Tat könnte man aus dem Autopsiebericht schließen, dass auch Anna an demselben Krankheitsbild gestorben sein könnte.«
    »Genau das vermute ich auch.« Jetzt liegt es an Funi, sich der Sache richtig anzunehmen. Und zwar allein. Er denkt weiter laut nach. »Der Unterschied, so wie ich das sehe, besteht darin, dass die Leiche von Anna heimlich vergraben wurde, während Giulia, das andere Mädchen, in ihrem Bett gestorben ist und ordnungsgemäß beerdigt wurde.«
    »So sieht es zumindest nach außen hin aus«, ergänzt Nina. Dann überrumpelt sie ihn mit einer völlig andersgearteten Frage. »Ist da eigentlich was zwischen dir und Hauptkommissarin Vergani? Ich meine irgendeine Verbindung, eine Beziehung, eine Affäre, also ich meine: Habt ihr da was am Laufen?«
    »Nein, nichts. Warum?«, fragt er etwas beunruhigt.
    »Nur so, interessehalber. Ich bin es nämlich leid, mit Männern auszugehen, die bereits vergeben sind. Deshalb versuche ich jetzt, immer gleich von Anfang an herauszufinden, ob die Bahn frei ist. Ist doch nicht verkehrt, oder?«
    Funi ist das zwar etwas zu direkt, aber vielleicht ist es besser so. »Nein, ich finde, das ist berechtigt. Ich bin schon lange Single. Nicht etwa, weil ich keinen Wert auf weibliche Gesellschaft legen würde. Aber irgendwie habe ich nie jemanden gefunden, der mich wirklich interessiert hätte. Außerdem arbeite ich viel, womöglich habe ich mich nicht wirklich darum gekümmert. Die Wahrheit ist, dass ich selber nicht weiß, warum ich schon so lange allein bin. Es ist eben so.«
    »Gut, lass uns darauf anstoßen. Wir sind beide Single und haben keine Kinder«, wobei sie ihn bei dem Zusatz keine Kin der fragend ansieht. Funi nickt. »Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen«, meint sie.
    Das konnte man zwar dennoch nicht ausschließen, aber in manchen Momenten des Lebens wollte man einfach mit aller Kraft daran glauben, dass es tatsächlich so war.

60
    »Da bist du ja wieder. Komm rein.«
    »Ich hatte eben in der Gegend zu tun. Wie geht es Ihnen?«
    »Mir geht es gut, Danke. Und dir?«
    »Mir ist immerhin noch die Philosophie geblieben.«
    »Das ist nicht wenig.«
    »Sie gibt dem Menschen seinen Wert zurück, und man spart auch noch das Geld für die Therapiesitzungen.«
    Ich schaue ihn an und begreife nicht gleich, auf was er hinaus will. »Warum bist du zu mir gekommen?«
    »Tiefe und Wert. Und der Glaube, dass es genügt, richtig hinzusehen. Denn das Innerste ist bereits an der Oberfläche sichtbar.«
    »Angelo, warum bist du hier?«
    »Es war nicht einfach neu anzufangen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Ich konnte den Schmerz dieses Mannes spüren. Dass er seinem Leben ein Ende gesetzt hat, hat seine Stimme nur noch verstärkt.«
    »Ich erinnere mich sehr gut an jenen Tag.«
    Angelo hatte sich retten können, sein Philosophielehrer hingegen nicht. Er hatte nach Angelos Pistole, die er für einen Moment auf dem Boden der Toilette abgelegt hatte, gegriffen und sich eine Kugel in die Schläfe gejagt.
    »Bist du deswegen zu mir gekommen? Weil du dich schuldig fühlst?«
    Vielleicht war das ein wenig zu direkt, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich drehe mich etwas beiseite, um nach einer Zigarette zu greifen. Ich will sie mir gerade anzünden, als ich etwas an meinem Rücken spüre. Nun sitzen wir beide auf dem Sofa, Rücken an Rücken. Jeder von uns die Füße seitlich gegen die Kissen gedrückt, die Knie zum Kinn gezogen. Symmetrisch, gleich. Ich frage nichts, sitze unbeweglich da. Ich

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