Ich will doch nur normal sein!
sitze ich auch sehr oft am Computer und schreibe und ich dachte immer mehr, ich werde eben mit meinem Computer reden, indem ich schreibe und da versuchen, alles für mich zu erklären.
Es funktioniert gut. Ich habe ihn mit im Krankenhaus, hatte die Erlaubnis dazu und Herr Dr. S. forderte mich auch oft dazu auf, zu schreiben oder fragte, ob ich wieder geschrieben habe. Es war einfach so, dass ich durch die Einzelgespräche sehr oft wieder zum Kind wurde oder nur noch in der Vergangenheit fest hing. Durch das Schreiben musste ich mich auf etwas anderes konzentrieren, nämlich auf das Schreiben und zu gleicher Zeit bearbeitete ich auch das, was mich belastete – versuchte mir zu erklären, wieso es mir schlecht ging, ob ich richtig oder falsch dachte oder setzte mich mit den Inhalten der Einzelgespräche auseinander.
Das tat mir einfach gut, zu schreiben, ich kam wieder zu mir, wurde dadurch wieder erwachsen. Klingt schon komisch, aber es ist wahr. Die meiste Zeit der letzten zwei Jahre war ich zwischen 5 und 13 Jahren alt und reagierte auch oft so, was ich selbst allerdings kaum wahrnahm. Im letzten halben Jahr kam mir dann auch der Gedanke, dieses Buch zu schreiben und ich fing einfach damit an und ich hoffe einfach darauf, dass ich es schaffe, dieses Buch so zu schreiben, dass ich denen, die diesen Weg der Therapie noch vor sich haben helfen kann, indem ich selbst ehrlich und offen über meine Gedanken, Gefühle und mein Erleben während der Therapie und dem damit verbundenen Rückblick berichte.
16.12.2002
Morgen gehe ich nach Hause. Ich freue mich sehr darauf. Jetzt, nach dem Mittagessen liege ich auf dem Bett und bin vollkommen aufgedreht, es ist die Freude, dass ich es überstanden habe.
Ich weiß genau, es ist alles dagewesen, es ist nichts mehr in mir drinnen. Ich werde es kennen, wenn es mich erwischt, werde dagegen kämpfen können und damit umgehen können. Wieso ich das weiß? Ganz einfach, ich habe nie gemalt, aber als es mir so schlecht ging, da musste ich malen. Wenn ich meine Bilder sehe, dann sind es teilweise Bilder, die ein kleines Mädchen gemalt haben könnte und teilweise sind es sehr schlimme Bilder. Ich könnte keines noch einmal malen, es ging nur zu dieser Zeit, als es mir so schlecht ging und jedes Bild nur zu seiner Zeit. Auch die Verse, meist habe ich direkt zum Bild etwas geschrieben, um zu beschreiben, was in mir vorgeht, was ich fühle und denke. 20 Minuten später hätte ich das nicht mehr geschrieben, es kam aus mir heraus, genauso, wie die Bilder aus mir herauskamen. Wenn ich mich hingesetzt habe an den Tisch, dann war es, weil es mir so schlecht ging und ich etwas loswerden wollte. Nicht alles ging mit Reden loszuwerden. Mit Malen kam ich wieder zur Ruhe und es war befreiend für mich.
Jetzt kann ich mich an den Tisch setzen, die Kreide in die Hand nehmen und versuchen zu malen, es geht nicht, es ist vorbei. Ich bin froh darüber. Die Bilder waren wichtig für mich.
Sie waren ein Teil der Verarbeitung, ich habe sie immer, wenn ich ein Bild fertig hatte mit Klebestreifen im Zimmer an den Schrank geklebt und so konnte ich sie immer sehen vom Bett aus und auch so den ganzen Tag. Sie waren wichtig. Ich habe sie zu unterschiedlichen Zeiten abgenommen, je nachdem, wie lange ich es gebraucht habe, um damit klarzukommen. Manche waren mir so schlimm, dass ich sie sofort wieder abgenommen und mit ins Einzel genommen habe und manchmal auch dort gelassen habe.
Mein erstes Bild ist vor 2 Jahren, es war in der ersten Ergotherapie entstanden. Ich dachte, ich versuche es einmal mit Malen, nachdem ich immer in der Tongruppe war und dort zuletzt eine Skulptur und eine „Kniende“ geformt hatte. Die „Kniende“ habe ich dann immer so herum hingestellt, dass ich nur den Rücken gesehen habe, von vorn konnte ich sie nicht ertragen. Sie hatte keine Hände und „das Andere“ habe ich auch weggelassen. Ich konnte sie nicht ertragen. Die Skulptur tat mir genauso weh. Ich wollte also nicht mehr in Ton gehen und entschied mich für das Malen.
Das erste Mal, ich stand am Tisch, hatte mir Papier auf eine Sperrholzplatte aufgezogen und habe angefangen zu malen. Am Tisch standen noch andere Patientinnen und Patienten. Ich habe also gemalt und dann sah ich auf einmal, was ich gemalt habe und war erschrocken. Ich habe mich schnell umgesehen, ob jemand mein Bild gesehen hat und habe mich geschämt und nur noch gedacht: „Nein, jetzt weiß jeder, was mit dir los ist.“ Schnell habe ich es
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