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Ich Will Ihren Mann

Ich Will Ihren Mann

Titel: Ich Will Ihren Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
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Leinwand verschwinden würde. Sie würde mit leeren Händen und zerschunden auf der anderen Seite zurückbleiben und erkennen, hinter der Leinwand - dem Gesicht? - war nichts.
    Sie saß wehrlos da, während diese Gedanken auf sie einstürmten. Den letzten Monat über war es ihr irgendwie gelungen, die Wirklichkeit von sich fernzuhalten. Alles schien plötzlich stillzustehen. Wie über die Prinzessin im Märchen, die sich an ihrem fünfzehnten Geburtstag an einer Spindel sticht und in einen todesähnlichen Schlaf versinkt, war auch über Lilian ein Zauber gelegt, der jedes Gefühl für Zeit, Raum und das Geschehen um sie herauszulöschen schien. Wie eine Schlafwandlerin tastete sie sich durch den Tag und wartete auf den schönen Prinzen, dessen Kuß sie erwecken sollte. Zwischen dem Stich in den Finger und dem Kuß des Prinzen gähnte nur schwarze Leere. Die Spindel und der Prinz, dachte sie und lachte unwillkürlich laut auf.
    Sie tat so, als versuchte sie, einen Hustenanfall zu unterdrücken, blickte sich verstohlen um und sah, daß inzwischen nur noch vier Plätze frei waren. Die Luft in dem kleinen Raum wurde stickig, besonders, da jetzt die meisten rauchten. Damals, als sie und David frisch verheiratet waren, hatte er oft darüber geklagt, daß ihre Kleider und ihr Haar nach solchen Sitzungen tagelang nach Rauch stanken. Sie bezweifelte, daß er es heute überhaupt noch merken würde.
    Er war in letzter Zeit kaum zu Hause, sondern teilte seine Zeit zwischen der Kanzlei und Nicole, und wenn er wirklich einmal daheim übernachtete, dann schlief er vor Erschöpfung sofort ein. Das Verlangen war erloschen. Selbst die Verzweiflung hatte sich in ein schemenhaftes Abstraktum verwandelt. Sie war für ihn wie eine Boje im Wasser, ein vertrautes Zeichen, an dem man sich orientieren konnte. Was hatte er doch gleich gesagt? Ich kann kein Interesse heucheln, das ich nicht empfinde? Lilian schloß die Augen und versuchte, die Gedanken zu verdrängen. Doch es gelang ihr nicht. Es ist alles meine Schuld, grübelte sie, während sie sich tief in ihrem Sessel vergrub und den Kopf zurücklehnte. Ich hab' ihn unter Druck gesetzt, wollte mit aller Gewalt eine Entscheidung erzwingen. Jetzt geht's mir wie Dornröschen, ich kann nichts tun als darauf hoffen, daß David sich einen Weg durch die Dornen zu mir zurückbahnt.
    Irgendwo klingelte ein Telefon. Sie öffnete die Augen und sah, wie Irving den roten Hörer abnahm, sah, wie er die Lippen bewegte, doch sie wehrte sich dagegen, irgend etwas zu hören. Erst als sie merkte, daß der Raum sich allmählich leerte, kam sie mit einem Ruck wieder zu sich.
    »Na los, beweg dich«, sagte Irving, der sich über sie gebeugt hatte. »Ich lade dich zum Essen ein.« »Was ist passiert?« fragte sie.
    »Mistwetter«, antwortete er und griff nach seinem Mantel. »Sobald im Winter die ersten Schneeflocken fallen, bricht der Verkehr zusammen. Einer von der Prominenz hat auf der Autobahn 'nen Unfall gehabt. Nichts Ernstes, ihm ist zum Glück nichts passiert. Aber vor sieben wird er nicht hiersein.«
    Lilian zog ihren Mantel an und ließ sich von Irving über den langen Korridor hinaus in die Kälte führen. »Wie macht sich deine Stieftochter?« erkundigte er sich, als sie auf dem Weg zu Maloney die Straße überquerten. »Laurie?« fragte Lilian zurück, als sie schon vor der Tür des Restaurants standen. Sie fühlte, wie der Wind ihr ins Gesicht peitschte. Es war geradeso, als hätte Lilian eine Überdosis Rauschgift genommen und müsse wieder zum Leben erweckt werden. »Mit ihr geht's aufwärts«, erklärte sie. »Sie ist zwar immer noch dünn wie 'ne Bohnenstange, aber sie sucht jetzt zweimal die Woche 'nen Spezialisten auf - übrigens zusammen mit ihrer Mutter -, und ich glaub', sie packt's, ja wirklich.«
    »Klingt nach 'nem interessanten Stoff für 'ne Dokumentation.« Irving grinste verschmitzt.
    Lilian lachte. »Genau das hat Laurie auch gesagt.« Sie erinnerte sich, wie Laurie vor etwa einem Monat an derselben Stelle gestanden und diese Bemerkung gemacht hatte. Dabei fiel ihr unwillkürlich der Vater des Mädchens ein. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie er auf diese neue Idee reagieren würde. »Du, hör mal«, sagte Lilian, einer plötzlichen Eingebung folgend, »bist du mir böse, wenn ich nicht mit zum Essen komme? Ich würde lieber noch 'n bißchen an der frischen Luft bleiben.«
    »Aber es wird bald dunkel, und außerdem ist's saukalt hier draußen!« »Ist doch halb so schlimm«,

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