Ich will ja nur dich!
sein mittlerer Bruder hatte recht. Nash kannte ihn in- und auswendig und wusste besser als irgendjemand sonst, was in ihm vorging. Dare hatte ihm nur ein einziges Mal in seinem Leben etwas verschwiegen, und er hatte es bitter bereut. Aber inzwischen hatten sie die Zeit der Lügen und Geheimnisse hinter sich gelassen, und Dare wollte nicht, dass sein Bruder erneut den Kontakt zu ihm komplett abbrach.
»Also? Was läuft da zwischen dir und Liza?«, hakte Nash nach.
Dare schloss die Augen und sah Liza vor sich, wie er sie zuletzt gesehen hatte: in einem eng anliegenden Sporttop, mit nassen Handabdrücken auf den Brüsten.
»Sie ist … nicht uninteressant.« Dare sah seinem Bruder in die Augen.
Nash hob eine Augenbraue. »Mit anderen Worten, es hat dich erwischt.« Er verschränkte grinsend die Arme vor der Brust. »Woher kennst du sie?«
»Na, woher wohl? Sie taucht ständig bei uns im Revier auf, um ihren Bruder freizukaufen.« Dare sah keinen Grund, Nash unnötig Stoff für Foppereien zu liefern. Sein Bruder war schlimmer als Sam und Cara zusammen, wenn es darum ging, ihn aufzuziehen.
»Weiß sie, dass du auf sie stehst?«, fragte Nash. Dare schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn seinem Bruder die Wahrheit vorzuenthalten.
»Sie hält mich für einen vorschnell urteilenden Wichser.« Zumindest hatte sie das bisher getan. Dare hatte keine Ahnung, wie sie seit ihrem Zusammenstoß vorhin über ihn dachte.
Zu seiner Überraschung begann Nash zu lachen.
»Was ist denn daran so verdammt lustig?«, brummte er.
»Du bist mit Abstand der Lockerste und der Beliebteste von uns dreien. Warum also sollte Liza dieser Ansicht sein?« Nashs blaue Augen blitzten vor Erheiterung auf.
Doch die Erinnerung an die Begegnung von heute Abend war noch frisch, und seine Gefühle waren so neu, dass er keine Lust hatte, sie mit seinem Bruder zu teilen. »Jedes Mal, wenn sie bei uns auf der Wache aufkreuzt, kann ich an nichts anderes denken als daran, was für eine Verschwendung es ist, dass diese wunderschöne, kluge Frau permanent ihrem Bruder, diesem Scheißkerl, den Arsch retten muss.«
Nash grinste spöttisch. »Du findest sie also schön, ja?«
»Ich mache mich jetzt auf den Weg.« Dare griff nach dem Türknauf.
»Ich ruf dich morgen an.« Nash drehte sich um und kehrte lachend ins Wohnzimmer zurück.
Liza starrte auf den blauen Flyer, den ihr ihre Sekretärin zusammen mit der übrigen Post gestern Nachmittag auf den Schreibtisch gelegt hatte. Er warb für das Polizei- und Feuerwehrfest, eine Art Jahrmarkt, der immer am ersten Wochenende im August im Park neben dem Jugendzentrum stattfand.
Die vergangenen Jahre hatte Liza meist dafür gespendet, war aber nicht hingegangen. Sosehr sie die Arbeit der Polizei von Serendipity auch zu schätzen wusste, fühlte sie sich in der Gegenwart von Polizisten doch nie so richtig wohl in ihrer Haut, was natürlich auf ihren Bruder zurückzuführen war. Stattdessen war sie für gewöhnlich an diesem Wochenende weggefahren, und auch diesmal wurde sie bereits von ihren Freundinnen in Manhattan erwartet.
Die Mädels aus der Zeit an der Universität waren nach wie vor ihre engsten Freundinnen. Liza lächelte bei dem Gedanken an ihre Clique, die immer noch zusammenhielt wie Pech und Schwefel. Hier in Serendipity hatte sie kaum Freundinnen. Die meisten Mädchen, die sie kannte, waren auswärts zur Schule gegangen oder weggezogen, und einige hatten sich von ihr distanziert, als Brian Lizas Ansehen mit seinen Eskapaden innerhalb ihrer Altersgruppe immer stärker geschadet hatte. Wenn sie das Bedürfnis nach Freiheit und Spaß verspürte, schlüpfte sie deshalb in ihre schicksten Klamotten und machte mit ihren Freundinnen aus dem Studium die New Yorker Clubszene unsicher.
In der Großstadt, wo nicht so hart über sie geurteilt wurde, fiel es ihr einfach leichter, sie selbst zu sein. Im Grunde wäre sie gern nach New York gezogen. Dass sie es nicht tat, lag an ihrer Firma – und natürlich an Brian. In Serendipity passte sie weder in den Kreis der wohlhabenden Leute, noch gehörte sie der normalen arbeitenden Bevölkerung an, die sich ihr gegenüber reserviert verhielt. Sie war gewissermaßen eine Kuriosität. Was wohl der Grund dafür war, weshalb sie sich mit Faith so blendend verstand, dachte Liza. Mit ihr hatte sie mehr gemeinsam als mit sonst irgendjemandem hier.
Während sie so den Flyer betrachtete, kamen ihr Dare Barron und seine Essenseinladung in den Sinn. Gestern Abend hatte er sie
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