Ich will ja nur dich!
Halbschwester Tess stand vor ihnen. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah verärgert von Dare zu Liza und wieder zurück, wobei sie mit der Fußspitze auf den Boden klopfte.
»Na, endlich. Ich hab einen Bärenhunger, und es hieß, ich darf erst anfangen zu essen, wenn unser Gast da ist.«
Liza hob eine Augenbraue. Die Kleine hatte ja ganz schön Haare auf den Zähnen. »Du musst Tess sein. Ich bin Liza. Ich habe schon viel von dir gehört«, sagte sie.
»Ach ja? Was denn?«, erkundigte sich Tess. »Irgendetwas Gutes?«
»Wie wäre es mit ›Schön, dich kennenzulernen‹?«, mischte sich Dare ein, dann legte er Liza eine Hand auf den Rücken und führte sie hinein.
»Schön, dich kennenzulernen«, brummte Tess. »Es ist schwer, höflich zu sein, wenn einem der Magen knurrt.«
Liza lachte – ein richtiges Lachen, das locker und unbeschwert klang. »Ich weiß, wovon du redest. Ich hatte kein Mittagessen, und dann hätte ich auch noch beinahe das Abendessen verschlafen. Es ging mir nicht gut, deshalb habe ich mich etwas hingelegt. Wahrscheinlich bin ich genauso hungrig wie du.«
Das wagte Dare zu bezweifeln. Tess war zwar ein Fass ohne Boden, aber sie futterte auch zwischen den Mahlzeiten ständig irgendetwas. Lizas Hunger war garantiert größer. »Du musst essen, wenn du wieder zu Kräften kommen willst.«
»Dare? Liza?« Faith gesellte sich zu ihnen und ging geradewegs auf Liza zu, um sie zu umarmen. »Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!«
»Danke. Es geht mir gut.« Liza waren bei ihren Worten die Tränen in die Augen gestiegen. Sie atmete tief durch und riss sich am Riemen. »Ich wurde am Wochenende von einem hervorragenden Krankenpfleger umsorgt.«
»Du redest doch nicht etwa von meinem Bruder, oder?«, ertönte in diesem Augenblick eine ihr unbekannte, tiefe Stimme.
Liza trat einen Schritt zurück und sah zu dem Mann hoch, der Faiths Ehemann war, der älteste der Barron-Brüder. Ethan hatte wie Dare braune Augen, aber seine Haare waren eine Spur dunkler. Liza konnte sich vage an früher erinnern, als er noch der böse Bube mit dem Motorrad gewesen war.
»Guten Abend, Ethan.« Liza trat nach vorne. »Danke für die Einladung«, sagte sie mit einem Lächeln.
»In diesem Haus ist jeder, der mit Faith und Dare befreundet ist, willkommen.«
»Können wir dann endlich essen?«, tönte Tess gereizt dazwischen.
»Wir arbeiten noch an ihren Manieren«, erklärte Dare, zu Liza gewandt.
Faith nickte. »Wir geben uns große Mühe, aber sie spielt einfach gern den Neandertaler. Also, kommt mit ins Esszimmer«, sagte sie und schob die Kleine vor sich her.
Rosalita, die schon hier arbeitete, seit Faith ein kleines Mädchen gewesen war, servierte ihnen eine köstliche Mahlzeit mit Huhn, und Liza, die einen Riesenhunger hatte, genoss das leckere Essen in vollen Zügen.
»Nochmals vielen Dank für die Einladung«, sagte sie. »Du hattest völlig recht, Faith; ich hätte es heute nicht geschafft, mir selbst etwas zu kochen.«
Faith lächelte sie verständnisvoll an. »Ich weiß genau, wie das ist; ich hatte voriges Jahr auch eine Gehirnerschütterung.«
»Ach, echt? Wie ist es passiert?«, erkundigte sich Liza.
Tess räusperte sich laut. »Du bist also Dares neue Freundin?«
Liza hätte sich beinahe an ihrem Wasser verschluckt.
Dare stöhnte auf. »Wir reden später noch«, flüsterte er seiner Halbschwester drohend zu.
»Tess! Hör auf damit«, wies Ethan den Teenager zurecht.
»Entschuldige, Liza. Das ist ihre Art, das Thema zu wechseln«, erklärte Faith. »Sie möchte nicht darüber reden, wie es zu der Gehirnerschütterung gekommen ist«, fügte sie hinzu.
Tess grinste die überraschte Liza schamlos an. Mit ihren blauen Augen und den hellbraunen Haaren ähnelte sie am ehesten Nash, aber das verschmitzte Grinsen erinnerte eindeutig an Dare.
»Du bist also nicht seine Freundin?«, fragte sie.
»Das beantworte ich dir, wenn du mir erzählst, warum Faith eine Gehirnerschütterung hatte.« Liza hob die Augenbrauen. Sie war entschlossen, sich gegenüber Tess zu behaupten.
»Touché«, kommentierte Dare und legte ihr unter dem Tisch unauffällig eine Hand auf den Oberschenkel. Prompt ging eine Hitzewelle durch ihren Körper, sodass sie erneut zum Wasserglas greifen musste.
Tess musterte sie derweil mit ihren blauen Kulleraugen und einem Ausdruck, der an Bewunderung grenzte, vermischt mit einer gehörigen Portion Entschlossenheit, weshalb Liza weiter auf der Hut war.
»Okay,
Weitere Kostenlose Bücher