Ich will ja nur dich!
Tierquälerei verpasst, weil der Vierbeiner bei rund 40 Grad Celcius so lange draußen hatte bleiben müssen.
»Du siehst aus, als hätte man dich durch den Fleischwolf gedreht«, bemerkte Cara, die auf dem Stuhl hinter ihrem Schreibtisch thronte.
»Das sagt ausgerechnet die Frau, die heute bloß Schreibtischdienst machen muss«, brummte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Er begab sich kopfschüttelnd zum Trinkwasserspender, füllte seine Wasserflasche und kippte sich das kühle Nass in die Kehle.
»Hey, eben ist ein Auto in den kleinen Park mit dem Pavillon gerast«, rief Sally, die die Notrufe entgegennahm und die Einsätze verteilte. »Ich habe Marsden rübergeschickt.«
Cara hob eine Augenbraue. »Das kommt auch nicht jeden Tag vor. Wahrscheinlich war der Fahrer betrunken. Oder es war ein älterer Mensch, der sich lieber nicht mehr hinters Steuer setzen sollte.«
Sally zuckte die Achseln und setzte die Kopfhörer wieder auf.
In diesem Augenblick klingelte Dares Handy, und er fischte es aus der Tasche. Als er sah, dass Sams Nummer auf dem Display aufblinkte, war er plötzlich alarmiert.
»Was gibt’s, Sam?«, fragte er.
»Der Unfall in der Stadt – das war Liza.«
Vor Dares geistigem Auge zogen sogleich die altbekannten Horrorszenarien vorüber – der Tod seiner Eltern; Faith, die bei dem Versuch, Tess zu beschützen, von einem Auto erfasst worden war, und die allzeit präsente Vision von Stuart Rossman, der sterbend am Boden lag.
Dann vernahm er wie durch einen Schleier hindurch Sams Stimme. »Hey, hast du mich gehört? Ich sagte, es geht ihr gut. Ich dachte nur, das interessiert dich vielleicht.«
Noch ehe Sam den Satz beendet hatte, war Dare auch schon auf dem Weg zum Wagen. Cara rief ihm nach, er solle auf sie warten, und holte ihn in der Eingangshalle ein.
»Was ist los?«
»Liza ist mit dem Auto in den Grünstreifen im Zentrum gerast.«
Cara riss die Augen auf. »Die ist aber echt ein Pechvogel. Gib mir nur eine Sekunde, um eine Genehmigung einzuholen, dann komme ich mit.«
»Beeil dich, sonst fahre ich ohne dich«, antwortete Dare. Er und Cara waren Partner. Dares letzter Partner war irgendwann weggezogen, und danach hatte er eine Weile allein gearbeitet, bis ihm von Polizeichef Simon Marsden, der nebenbei bemerkt Sams Vater war, Cara zugeteilt worden war.
Binnen fünf Minuten waren sie am Unfallort angelangt, dicht gefolgt von einem Rettungswagen. Sams Cruiser stand als behelfsmäßige Straßensperre quer auf der Hauptstraße, und Sams Partner lenkte den Verkehr in die Seitenstraßen um.
Dare hastete mit einem dicken Kloß im Hals an der Polizeiabsperrung vorbei in Richtung Rasen, wo Lizas kleines Cabrio regelrecht in den Pavillon verkeilt war. Das Verdeck war offen, die Vorderseite war verbeult, der Airbag aufgeblasen. Liza saß im Gras und sah auf den ersten Blick unverletzt aus. Sam kniete neben ihr und redete auf sie ein.
Dare näherte sich den beiden, konnte aber nicht verstehen, was Sam sagte. Dafür konnte er Lizas Antwort klar und deutlich hören. »Es geht mir gut. Ich muss nicht ins Krankenhaus. Ich will einfach nur nach Hause.«
Dare verkniff sich ein Grinsen und war erleichtert, dass es ihr gut ging. Gut genug jedenfalls, um Sam zu widersprechen.
»Was ist passiert?«, fragte er und ging neben den beiden in die Knie.
Liza sah zu ihm hoch und musterte ihn mit schmalen Augen. »Ihn hast du also angerufen, als du dich vorhin kurz entschuldigt hast?«, stellte sie fest. Es klang vorwurfsvoll und verärgert.
»Wenn ich ihn nicht angerufen hätte, hätte er mir eine Tracht Prügel verpasst«, verteidigte sich Sam.
Ganz recht , dachte Dare. Er konnte nachvollziehen, warum sie ihn jetzt nicht sehen wollte, aber er würde ihr nicht von der Seite weichen.
»Tja, dann bekommst du sie jetzt von mir«, verkündete Liza, und Sam hob hilfesuchend die Hände.
»Du willst doch nicht wegen eines tätlichen Angriffs gegen einen Polizisten verhaftet werden«, ermahnte Dare sie.
»Lass mich in Frieden.« Sie wich seinem Blick hartnäckig aus.
Er schluckte einen Fluch hinunter. »Das kann ich nicht.«
Ehe Liza etwas erwidern konnte, gesellte sich ein Sanitäter zu ihnen. »Was ist passiert?«, fragte er.
»Tag, Christopher. Liza McKnight hatte einen Unfall, aber ihr Airbag hat sich geöffnet«, berichtete Sam. »Sie hat keine sichtbaren Verletzungen davongetragen und war seit meinem Eintreffen am Unfallort die ganze Zeit über bei klarem Bewusstsein.«
Der Sanitäter
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