Ich will kein Autogramm (Ich will kein ...) (German Edition)
datentechnisch an seine Firma ausliefert? Und so weiter halt.
Ich weiß jetzt alles über die Firmengeschichte, den unglaublichen Erfolg und das neue Produkt, das heute mit viel Brimborium dem einfachen Volk schmackhaft gemacht werden soll. Auch habe ich in Erfahrung gebracht, dass sein Partner das ›Brain‹ ist, jedoch nie in Erscheinung tritt. Der will das einfach nicht. Wird schon wissen warum.
Eintausend geladene Gäste verfolgen seit drei Uhr die Produktpräsentation und die diversen Reden. Ja, es ist eh eine interessante Firma, keine Frage. Möglicherweise die neue Nummer eins am IT-Himmel. Vielleicht aber auch nicht. Wir werden ja sehen.
Jetzt muss ich in den großen Saal latschen, denn auf Großbildleinwand wird noch der neue, weltweite Werbespot vorgestellt. Mister Stanton werde ich heute nicht mehr treffen, wir haben im Eilzugstempo das Interview erledigt. Ihn hat’s gefreut, dass es beendet ist, mir ist es nicht unrecht. Ob ich Tom heute Abend wiedersehen werde? ...
Während ich mich in den überfüllten Saal im Zea dränge, schießt mir das Blut in den Kopf.
ICH RIESENDUMMKOPF! Ich habe keine Ahnung, in welchem Hotel Tom wohnt, noch habe ich seine Handynummer. Oder er meine. Dabei hat er sich doch mit, »Also bis morgen, Baby« bei mir verabschiedet? Nun ja, also morgen ist heute. Aber wo, wann und wie finde ich ihn wieder?
Hach. Was soll ich nur tun?
Uninteressiert bemerke ich, dass die da jetzt voll auf Drama setzen. Der Riesensaal wird verdunkelt. Rechts und links von der Leinwand fahren offensichtlich vollautomatisch weitere aus.
Dann betritt jemand die Bühne. Stanton. Er hält das Mikrofon in der Hand, sein Gesicht erscheint überdimensional auf allen Leinwänden. Dramatische Musik beginnt. Er lächelt.
»Ladies and Gentlemen! It is an extraordinary honor and pleasure for me to present the new face of Vitate-Technologies to you. This is the man walking the future with us. This is the man, you will see all over the world for us: on TV, in the internet, on billboards. Please welcome the Hollywood-Superstar, the Oscar winning German, our dear friend, Aiden Trenton!«
Okay, also sie feiern ihr neues männliches Werbegesicht ab. Aiden Trenton? Nie gehört. Gut, ich lese Bücher, gehe kaum ins Kino und meide die Flimmerkiste. Eine Eigenheit, die ich mir selbst in Zeiten wie diesen erlaube. Dafür weiß ich alles über Verschwörungstheorien, UFOs und Aliens. Zählt das nichts?
Obwohl, irgendetwas klingelt doch bei diesem Namen. War das nicht der Deutsche, der in dem Film …? Hach, keine Ahnung. Aber ich werde in den nächsten Sekunden ja wohl erfahren, wie der Typ aussieht. Vielleicht erinnere ich mich dann an ihn. Gesichter merke ich mir eindeutig besser als Namen.
Die Musik wird lauter. Stanton geht ab. Das Licht wird eine Nuance schwächer.
Und dann kreischen irgendwelche Frauen auf. Ticken die noch richtig? Wir sind auf der Produktpräsentation einer Technikfirma. Also echt jetzt. Wie ich dieses Tussigehabe hasse!
Am Podium scheint sich etwas zu tun. Da ich aber ganz hinten stehe, verstellen mir die Wildgewordenen die Sicht. Ich kann nicht einmal mehr auf die Großbildleinwand schauen, denn sogar die Schlipsträger vor mir sind aufgehüpft! Manche steigen glatt auf ihre Stühle. Und applaudieren frenetisch! Und schreien, »Aiden! Aiden!« Hat man so etwas schon gesehen? Hab ich dazu noch Worte?
Sind hier jetzt alle komplett übergeschnappt? Die Musik verstummt, der Werbefilm beginnt.
Okay, ich gebe es zu. Dem Jubel nach zu schließen, ist die Menge begeistert. Leider verstehe ich auch vom Text kein Wort, denn alle rufen und pfeifen wild durcheinander.
Der letzte Ton vom Werbespot verklingt, ohne dass ich auch nur einen Blick auf das ›ach so tolle Werbegesicht‹ werfen konnte. Aber egal. Ich glaube, mir reicht es. Für meine Artikel habe ich alles, Aiden Trenton und den Spot werde ich einfach nachgoogeln. Ein Spotlight geht an. Denke ich, weil es vorne verdammt hell geworden ist.
»Buenas tardes, Barcelona! Good afternoon, Ladies and Gentleman!«
Mich durchzuckt ein Blitz. DIESE STIMME KENNE ICH!
Jetzt hält auch mich nichts mehr. Ich schnappe mir meinen Stuhl und klettere darauf. Alle anderen haben mir das schließlich vorgemacht.
Und dann sehe ich direkt in diese unvergleichlichen, blauen Augen. – Auf der Leinwand.
TOM???
Was bitteschön macht mein Tom auf der Bühne? Und was soll das mit Aiden Trenton? Meine Absätze rammen sich in das Leder der Sitzfläche,
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