Ich will kein Autogramm (Ich will kein ...) (German Edition)
sich bei allen für die tolle Show. – Eigentlich echt nett von ihm. Dann meint er noch, dass jetzt richtig gefeiert wird, es darf auch getanzt werden. Das Team von Vitate-Technologies soll heute Nacht ruhig auf den Putz hauen. – Na, mehr brauche ich nicht.
Ich schlürfe mein zweites Glas Champagner und stelle fest, dass mich das Grüppchen feiernder Menschen in Richtung Lokalmitte gespült hat. Auch gut. Ich werde jetzt einen stillen Abgang machen. Mein leeres Glas tausche ich ein letztes Mal gegen ein volles. Ein Lächeln, ein Schluck, ein Meter. So komme ich schleppend, aber dennoch stetig, in Richtung des rettenden Fahrstuhls voran.
In dem Moment geht die Türe des Lifts auf und zwei Typen wie aus ›Men in Black‹ steigen aus: Schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Sonnenbrille. Headset. Sie stellen sich wie Säulen rechts und links vom Aufzug auf. Ich bin noch rund vier Meter von ihnen entfernt und überlege gerade, was sie damit bezwecken.
ARRRGGGHHHH!!!
Aus dem Lift schreiten Hand in Hand: Tom und Blondchen!
Schreien wäre jetzt fehl am Platz. Daher kippe ich den Rest des Champagners auf einen Sitz hinunter. Gleichzeitig verstecke ich mich - so gut ich kann - hinter einem breitschultrigen Mann. Jubel bricht aus, die gesamte Belegschaft applaudiert und pfeift anerkennend. Stanton drängt sich an mir vorbei und fällt Tom um den Hals.
Ich bin gefangen! Die beiden Liftsäulen stehen nämlich immer noch wie angewurzelt vor meinem einzigen Fluchtweg. Gott, was mache ich nur?
Stanton zerrt an Toms Oberarm und schleift ihn mitsamt der Blondine mit. Direkt an mir vorbei. Bravo.
Toms fragender Blick streift meinen. Mit einem lächerlichen Achselzucken - soll das eine ›Entschuldigung‹ sein? - lässt er sich von Stanton fortziehen. Blödmann.
Die zwei Men in Black bewachen nach wie vor den Fahrstuhl. Mir egal. Trotz Schnappatmung und eventuell auch roter Flecken im Gesicht stürze ich an ihnen vorbei in die Kabine. Türe zu. Mir reicht es.
***
I ch mustere die weiße Wand in meinem Zimmer. Stiere Löcher in sie hinein.
Nein, ich bin nicht einmal traurig. Oh nein. Ich bin noch wütender als stinkwütend. Wäre ich jetzt zuhause, hätte mindestens eine Vase daran glauben müssen. Meine tadellose Erziehung bewahrt jedoch die Hoteleinrichtung vor der Zertrümmerung.
Fest steht, schlafen kann ich jetzt nicht. Facebooken mag ich nicht, SMS oder E-mails verschicken auch nicht.
Also mache ich auf dem Absatz kehrt und fahre in den Empfangsbereich hinunter. Meine Mission: Ich suche mir ein nettes Lokal. Dort küble ich mich nieder und kotze mir anschließend ›Tom‹ aus dem Leib, aus der Seele und ... was weiß ich, woraus noch?
Fantastischer Einfall! Ja, go for it Mara, feuere ich mich selbst an. Ich bin erwachsen, ich darf das. Herrgott, ich erlaube niemandem auf der Welt, so mit mir umzugehen! Auch nicht Tom. Genau.
***
K eine zehn Minuten später sitze ich in einem gemütlichen Sofa am Strand und habe einen Cocktail in der Hand. Zwei Minuten darauf ist er leer. Also tätige ich die nächste Bestellung und schaue aufs dunkle Wasser hinaus.
Kann das sein, dass der echt mit seiner Hollywood-Freundin hier ist und kein Wort darüber verloren hat? Ist Tom wirklich so ein Schwein? Aber klar ist er das. Warum zweifle ich überhaupt daran? Sie hat doch liebevoll ihren Arm um seine Taille gelegt gehabt. Und er hat ihre Schultern umarmt. An dieser Körpersprache gibt es weder etwas zu deuteln, noch etwas zu rütteln.
Also die Fakten lauten: Tom ist Aiden. Aiden hat Hollywood-Blondie zur Freundin. Ich war nur eine Lachnummer. Und aus.
Gehirn ans Herz: Glaub‘s endlich, der hat dich verarscht!
Den dritten Cocktail schütte ich wie Wasser in mich hinein. Ja, ich kann auch richtig schnell trinken, wenn ich will. Die Kellnerin grinst, deutet auf das leere Glas, ich nicke, sie bringt den nächsten Cocktail. - Das nenne ich perfekte Kommunikation. Ist es nicht himmlisch, wenn wir Menschen uns selbst ohne Worte verstehen? Sie weiß, dass das heute nicht einer meiner besten Tage ist. Und ich weiß, dass sie es weiß. Das sehe ich ihrer verständnisvollen Miene an.
Wo sind eigentlich diese Außerirdischen um einen zu entführen, wenn man dringend darauf wartet? Mein Blick sucht den wolkenlosen Himmel ab. Zu meinem Leidwesen macht es der Abschein der Großstadt fast unmöglich, Sterne und Planeten von UFOs auseinanderzuhalten. Ist zwar nicht so, dass ich in meinem Leben viele unidentifizierbare Flugobjekte gesehen
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