Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
hindeutet.«
»Vielleicht haben sie ihr zu viele Drogen gegeben, und sie ist gestorben. Sie haben die Kontrolle verloren und haben sie abgeworfen, in der Hoffnung, noch was rauszuschlagen, bevor die Leiche gefunden wird. Deshalb haben sie sich wahrscheinlich so eine abgelegene Stelle ausgesucht. Es war reine Glückssache, dass sie dort gelandet ist, wo sie gefunden wurde. Andernfalls hätte es Monate oder sogar Jahre dauern können, bevor jemand auf ihre Überreste gestoßen wäre. Wenn überhaupt.« Er hielt einen Moment inne, um seine Gedanken zu sammeln, und sah sie über seinen Schreibtisch hinweg an. »Du weißt, wie solche Sachen ausgehen können, Kate. Entführungen gehen oft schrecklich schief. Die Entführung war geplant, da stimme ich zu, aber ihr Tod könnte reiner Zufall gewesen sein.«
Blödsinn! Bright klammerte sich an Strohhalme. »Sie war am Leben, als sie auf dem Boden aufschlug, Chef. Das war kein Versehen, glaub mir.«
Ihre Worte hingen zwischen ihnen in der Luft.
»Weiß Finch, dass wir eine Leiche gefunden haben?«, fragte Daniels schließlich.
Brights Gesichtsausdruck war düster. »Bald wird er es jedenfalls wissen.«
6
Daniels wurde noch von Gedanken an einen anderen Fall beunruhigt, der mit dem zermürbendsten Mordfall ihrer Polizeikarriere zusammenhing. Aber irgendwie überraschte es sie nicht, dass ihr neuer Fall vielschichtiger war, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. Sie wusste nicht warum, aber ihr Bauchgefühl hatte ihr das von Anfang an gesagt, von dem Augenblick an, in dem sie mit einem unerfahrenen Police Constable im Schlepptau in das Tatortzelt getreten war.
Das Opfer war in Housesteads gestorben, doch die Frage, die sich Daniels stellte, lautete: War der Ort, an dem es abgeworfen worden war, Zufall oder Absicht? Sie musste die Antwort so schnell wie möglich finden. Das Warum des Falls schien inzwischen etwas klarer zu sein. Sich zu bereichern war schon seit Anbeginn der Zeit ein Motiv für sinn- und zweckloses Morden gewesen. Warum kam es ihr also immer noch so vor, als wäre ihre detektivische Spürnase ausgerenkt und würde in die falsche Richtung zeigen?
Drei Uniformierte, die sie flüchtig kannte, gingen auf dem Flur an ihr vorbei. Sie grüßte sie mit einem Lächeln und einem Nicken und ging durch eine Flügeltür hinaus in den Sonnenschein in Richtung des Parkplatzes, wo sie ihr Auto abgestellt hatte. Sie war froh, ihren Toyota wiederzuhaben. Der Dienstwagen, den sie gefahren hatte, war schrecklich gewesen: Von innen stank er, von außen war er vernachlässigt und benötigte, nach dem Motorengeräusch zu urteilen, dringend eine Inspektion.
Sie zog ihr Telefon aus der Tasche und wählte die Nummer des Leichenschauhauses. Der Anruf wurde beinahe sofort von einer jungen Frau mit einem angenehmen, aber unverkennbar walisischen Akzent angenommen.
»Leichenschauhaus, Sam am Apparat.«
Daniels erkannte die Stimme nicht wieder. »Sam, hier spricht Chief Inspector Kate Daniels. Ich bin die Ermittlungsführerin für den Mordfall oben in Housesteads Fort. Ich möchte eine Besichtigung des Opfers zur Identifizierung arrangieren.«
»Kein Problem. Wann passt es Ihnen?«
Daniels sah auf die Uhr. Sie hatte angeboten, nach Yorkshire hinunterzufahren und Adam Finch abzuholen, ihn auf seiner schmerzlichen Reise nach Norden zu begleiten. Aber er hatte ihr den Aufwand erspart und darauf bestanden, selbstständig dorthin zu kommen. Sie rechnete damit, dass er mindestens eineinhalb Stunden brauchen würde. Sie wollte ihn nicht drängen, wollte aber auch nicht, dass er wartend herumstand, wenn er ankam.
»Gegen halb eins?«, schlug Daniels vor. »Tut mir leid, dass ich es nicht genauer sagen kann, Sam. Der Mann, von dem wir annehmen, dass er der Vater des Opfers sein könnte, hat einen weiten Weg. Ich treffe mich mit ihm im Hauptquartier und lasse es Sie wissen, sobald er angekommen ist. Sein Name ist Adam Finch. Ich werde ihn begleiten, genauso wie Detective Chief Superintendent Bright.«
Daniels beendete das Gespräch und legte auf. Sie war am Toyota angekommen. Sie öffnete die Tür, zog ihren Mantel aus und warf ihn auf den Beifahrersitz, bevor sie einstieg. Der Innenraum des Wagens roch frisch und sauber. Sie ließ den Motor an, fuhr aber nicht sofort los. Zuerst rief sie Gormleys Handy an. Der Anrufbeantworter schaltete sich sofort ein, und sie versuchte es stattdessen bei Robson, dieses Mal mit mehr Erfolg. Sie brachte ihn auf den neuesten Stand der Entwicklungen und
Weitere Kostenlose Bücher