Ich wuensch mir dich
Sie waren noch vor elf gemeinsam ins Bett gegangen. Auf der anderen Seite der Waagschale lag Laras Uhr, die an der Brandstelle gefunden worden war. Und was hatte Lara am Donnerstag noch mal nach dem Kino gesagt? Ich wünsch mir dich so sehr, dass ich einen Pakt mit dem Teufel eingehen würde, bestände die Möglichkeit.
Aber sie würde doch nie einen Brand legen, nur um eine Situation zu schaffen, in der sie ihre Hilfe anbieten konnte, und um so ihre Freundschaft zu festigen. Das wäre doch total hirnverbrannt und passte schon allein deshalb nicht zu Lara.
»Emily?« Lara sah sie fragend an.
Emily seufzte. »Ich weiß nicht, was ich glauben soll.« Ein hilfloser Blick folgte ihren Worten. »Das alles ist plötzlich ein undurchschaubares Geflecht von Ereignissen. Ich weiß nicht, was Zufall und was Absicht ist und wer hinter dem, was Absicht ist, steckt.«
»Das kann ich dir leider auch nicht sagen«, erwiderte Lara. »Nur, dass ich dir nie schaden würde«, beteuerte sie. »Emily, ich bin in dich verliebt. Jeden Morgen wache ich auf und mein erster Gedanke bist du. Ich gebe mich gelassen, wenn ich dich sehe, aber in Wahrheit habe ich vor Aufregung zittrige Knie. Es tut mir weh, mich von dir zu verabschieden und zu wissen, dass du zu einer anderen gehst. Ich kann kaum noch etwas essen. Es geht mir schlecht. Und dennoch wünsche ich dieses Gefühl nicht weg. Es gehört zu den guten Dingen in meinem Leben. Und würde ich dir schaden, würde ich meine Gefühle für dich verraten.«
»Sie will dich nur verunsichern«, kam Nadines Stimme von der Küche her. Sie gab sich keine Mühe zu verbergen, dass sie gelauscht hatte. »Für mich liegt die Sache klar auf der Hand. Sie liebt dich, und weil sie dich nicht haben kann, will sie unser Leben zerstören.«
Lara schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr.«
»Wie kam dann deine Uhr ins Feuer?«, wollte Emily wissen.
»Ich habe schon hin und her überlegt. Wenn ich sie nicht in der Cateringküche vergessen habe, wie ich zuerst dachte, muss sie mir später gestohlen worden sein. Vielleicht im Kino.«
»Klar, und am nächsten Abend dachte sich der Dieb, heute fackele ich mal die Lagerhalle einer Gärtnerei ab«, sagte Nadine ätzend. »Zufällig genau unsere. Was Besseres fällt dir nicht ein?«
»Vielleicht warst du es ja auch, um es mir in die Schuhe zu schieben«, gab Lara zurück.
»Das ist ja wohl die Höhe«, empörte sich Nadine. »Emily! Hör dir das an.« Sie kam wieder zur Tür gelaufen. »Und wie hätte ich das tun sollen? Ich habe geschlafen, neben Emily.«
Emily griff sich verzweifelt an den Kopf, presste die Hände gegen die Schläfen. »Stopp!«, rief sie. »Hört auf. Alle beide! Ich will nichts mehr hören. Lasst mich bitte in Ruhe.« Kraftlos ließ sie die Arme sinken. »Ich kann nicht mehr.« Sie ließ die beiden einfach stehen. Hinter sich hörte sie, wie Nadine Lara ein »Verschwinde!« zuzischte und die Haustür zuschlug.
20.
»Das wäre jetzt der ideale Zeitpunkt, um deine Eltern zu besuchen.« Nadine nippte an ihrem Morgenkaffee, der noch zu heiß war, um ihn zu trinken. »Die Gärtnerei läuft sowieso nur mit halber Kraft, bis die Halle wiederaufgebaut ist. Und überhaupt …« Sie brach ab, stellte die Tasse hin und schmierte schweigend ihr Brötchen.
»Was überhaupt?«, hakte Emily nach. Sie begnügte sich heute mit einem Pfefferminztee zum Frühstück. Essen würde sie später, wenn sie Hunger bekam.
»Vielleicht überlegst du es dir ja noch mal. Kranz´ Angebot meine ich.« Nadine legte das Messer weg. »Sieh mal. Ein Gewächshaus wurde dem Erdboden gleichgemacht, die Lagerhalle ist abgebrannt. Das sind doch eindeutige Zeichen. Ein Wink des Schicksals, dass wir doch verkaufen sollen. Kranz ist sicher noch interessiert. Und wir können was Neues anfangen. Meinetwegen muss es auch nicht unbedingt ein Restaurant sein. Wir machen etwas, das uns beiden liegt. Hauptsache irgendwo im Süden.«
Emily seufzte. »Immer noch das alte Thema?«
»Was hast du nur gegen das Auswandern? Nichts hält dich hier. Deine Eltern sind auf Mallorca. Warum klammerst du dich so an diese blöde Gärtnerei?«
»Weil diese blöde Gärtnerei, wie du sie nennst, nicht nur ein Job für mich ist. Sie ist ein Lebensgefühl. Ich schöpfe daraus meine Energie, Freude, alles Positive.«
»Ach, und ich dachte, dafür wäre ich da«, schmollte Nadine.
»Ja, auch.« Emily suchte nach den richtigen Worten. »Es gibt da einen Ausspruch: Blumen sind die Liebesgedanken
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