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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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dass ich dort draußen bei ihnen in der Dunkelheit wäre … weit weg von dir. Ich schluckte das restliche Karottengemüse runter und nahm meinen Mut zusammen.
    »Was machst du den ganzen Tag?«, fragte ich.
    Deine Augenbrauen schossen überrascht in die Höhe. Beinah hättest du dich an einem Bissen Fleisch verschluckt. Ich wünschte mir, du wärst dran erstickt.
    »Wenn du nach draußen gehst«, fuhr ich fort, »in den Schuppen da drüben – was tust du da?«
    Du legtest den Knochen weg, deine fettverschmierten Wangen glänzten im Kerzenlicht. Mit weit aufgerissenen Augen starrtest du mich an, als hätte dir noch nie im Leben jemand so eine Frage gestellt. Wer weiß, vielleicht war das wirklich noch nie passiert.
    »Na ja, ich …«, begannst du. »Sagen wir mal so, ich … bastle was.«
    »Darf ich mal gucken?«, sagte ich schnell, bevor ich es mir anders überlegte. Ich schaute wieder zum Fenster. Wenn ich doch nur rauskönnte … Alles war besser, als den ganzen Tag über hier drin zu sitzen.
    Du sahst mich lange an. Mit den Fingerspitzen pultest du an den letzten Fleischfasern herum, die noch am Knochen hingen, schobst sie hin und her. Deine Fingerspitzen glänzten fettig.
    »Aber du darfst nicht wieder versuchen abzuhauen, wenn du mitkommst«, sagtest du.
    »Das werd ich nicht tun«, log ich.
    Deine Augenbrauen zogen sich zusammen. »Es ist nur … ich will nicht, dass dir was passiert.«
    »Ich weiß. Mach dir keine Sorgen«, log ich weiter.
    Du warfst einen Blick in die Dunkelheit hinter der Scheibe, sahst die Sterne an, die jetzt langsam sichtbar wurden. »Ich würde dir gern vertrauen«, sagtest du. »Kann ich das?«
    Ich schluckte und überlegte, wie ich dich überzeugen konnte. Das machte mich wütend. Ich hatte absolut keine Lust, mich auf dich einzulassen, egal weswegen, und um etwas bitten wollte ich schon gar nicht.
    »Ich weiß doch, dass ich nirgends hinkann«, sagte ich schließlich. »Mir ist klar, dass weglaufen keinen Sinn hat. Ich werd’s nicht noch mal versuchen, das verspreche ich.« Weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass du darauf hereinfielst, fügte ich hinzu: »Außerdem würde ich gern sehen, was du den ganzen Tag über machst.«
    Ich bekam sogar ein Lächeln hin, als ich das sagte. Keine Ahnung, wie ich das schaffte, ich muss für einen Moment übermenschliche Kräfte gehabt haben. Meine Augen lächelten allerdings nicht, das war mir klar; sie bohrten sich hasserfüllt in deine.
    Trotzdem wurden deine Augen groß wie bei einem Kind. Mit den Fingern pultest du weiter an den Fleischfasern herum. Dann hast du rasch genickt, ein kleines Rucken, das mich an einen Vogel erinnerte. Wahrscheinlich wolltest du mir einfach gern glauben, wolltest denken, dass ich endlich einlenkte. Du drehtest das Gesicht wieder zum Fenster. Ich schluckte meinen Stolz herunter und legte noch mal nach.
    »Mach einfach alles wie sonst«, sagte ich. »Ich möchte es nur gern sehen.«
     
     
    Das Licht war dünn und grau, als du mich wecktest. Ich hörte dich husten, noch bevor ich die Augen aufschlug. Du standest mit einer Tasse in der Hand neben dem Bett. Ich wich vor dir zurück. Es kam mir so vor, als hättest du schon eine Weile lang so dagestanden und gewartet. Als du die Tasse auf den Nachttisch stelltest, machte das ein dumpfes Geräusch.
    »Tee«, sagtest du. »Ich warte in der Küche.«
    Diesmal trank ich ihn. Allerdings hattest du ihn so gemacht, wie du ihn mochtest, mit zwei Zuckerstücken. Zu süß. Ich zog mich an, nahm diesmal die beigen Sachen, die du mir gekauft hattest. Sie rochen sauber, ein bisschen nach Kräutern. Ich schnürte die Stiefel zu; sie passten mir perfekt. Dann folgte ich dem Geruch von Brot bis in die Küche. Du hocktest wartend auf einer Holzkiste, die vor der Tür stand und als Stufe nach draußen diente. Ich rieb mir die Arme, denn der leichte Wind, der hereinwehte, war ziemlich kühl. Aber es tat gut, die Welt durch die offene Tür zu sehen, auch wenn sie von Leere erfüllt war. Die Sonne blinzelte über den Horizont, stieg genau in diesem Moment darüber. Ihr Licht schimmerte auf dem Sand hinter dir und dein Körper schien zu glühen … als hätte er eine Art Aura.
    »Ich habe Buschbrot gebacken«, sagtest du. »Iss.«
    Du zeigtest auf ein paar Brotklumpen, die auf der Arbeitsfläche lagen. Ich nahm einen davon. Er war etwa so groß wie ein Brötchen, aber sonderbar geformt. Und so heiß, dass ich ihn nicht lange in der Hand halten wollte. Stattdessen versuchte

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