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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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halbherzig an den dürren braunen Stielen. Ein Blatt löste sich und fiel dir in die Hände. Du warfst einen Blick zu den Felsen hinter dem Haus. »Der Garten in den Separates ist besser.«
    Auch ich schaute jetzt rüber zu den Felsen. Die Sonne malte Schatten auf sie.
    »Was gibt’s da denn noch?«, fragte ich.
    »Ein Gemüsebeet, mehr Kräuter, überhaupt viele Sachen zum Essen … Turtujarti-Bäume, Minyirli, Yupuna, Buschtomaten … alles, was man sich wünschen kann. Ab und zu kommen ein paar Schwarzbrustwachteln vorbei und verschwinden wieder. Es gibt auch Eidechsen da … und natürlich Hühner.«
    »Hühner?«
    »Irgendeiner hat sie in ihrem Käfig am Straßenrand stehenlassen, also hab ich sie mitgenommen. War auf dem Weg hierher. Weißt du nicht mehr, dass sie hinten im Auto waren?« Deine Augen flackerten kurz. »Tja, wohl eher nicht, was? Die waren halb tot und dir ging’s nicht viel besser.« Du zogst einen Flachmann aus deiner Hosentasche und kipptest ein dünnes Rinnsal Wasser auf die vertrockneten Kräuter. Ich hätte dir die Flasche am liebsten abgenommen und ihnen viel mehr Wasser gegeben.
    »Das reicht nicht«, sagte ich.
    Du warfst mir einen scharfen Blick zu, gabst den Pflanzen aber noch ein paar Tropfen mehr. Dann hast du dich wieder aufgerichtet. »Der Garten in den Separates ist besser«, wiederholtest du. »Da gibt’s Schatten, weißt du? Und Wasser.«
    Ich erinnerte mich an den Pfad, den ich zwischen den Felsen entdeckt hatte, und überlegte, was wohl auf der andern Seite sein mochte.
    »Können wir dort hingehen?«, fragte ich.
    Du warfst mir einen kurzen, kritischen Blick zu, wolltest wohl herausfinden, was ich im Sinn hatte. »Vielleicht morgen.«
    Du wandtest dich von den Kräutern ab, gingst ein paar Schritte durch den Sand und schautest in die Ferne – nicht rüber zu den Felsen, sondern auf das endlose rostrote Land. Es lag in Wellen vor uns: eine wogende See von Erde, mit kleinen grünen Sträuchern, die auf der Oberfläche tanzten.
    »Es gibt hier niemanden, über Hunderte von Kilometern weit«, sagtest du. »So gut wie keine Menschen. Macht nicht das allein schon alles viel besser?«
    Ich schaute dich kurz an. Es hätte ja sein können, dass du bloß einen Witz machen oder mir Angst einjagen wolltest. Aber so war es nicht. Du hattest einen total abwesenden Gesichtsausdruck, dein Blick wirkte verschleiert, als schautest du über den Horizont hinaus in eine noch viel entlegenere Ferne. In diesem Moment hatte ich keine Angst vor dir. Du sahst jetzt aus wie ein Entdecker, der die Landschaft in sich aufnimmt, um seine Route zu planen.
    »Wie heißt das hier?«, fragte ich. »Diese Wüste? Hat sie einen Namen?«
    Du blinzeltest und deine Mundwinkel zuckten. »Sandy.«
    »Was?«
    Du drücktest die Lippen aufeinander, um nicht laut loszulachen. Aber du schafftest es nicht. Deine Schultern bebten und du senktest den Kopf Richtung Boden. Dein Lachen war derart laut und tief, dass ich zusammenzuckte. Es rüttelte deinen ganzen Körper durch, bis du dich am Ende in den Sand fallen ließest. Du hast eine Handvoll Sandkörner genommen und sie langsam zwischen den Fingern durchrieseln lassen.
    »Ziemlich guter Name, was?«, sagtest du, nachdem du dich wieder beruhigt hattest. »Diese Wüste heißt Sandy Desert, die Große Sandwüste, und genau so ist sie auch: sandig.« Du spreiztest die Finger und der Sand strömte zu Boden wie ein orangefarbener Wasserfall. »Nur ein Haufen von Sandhügeln. Komm und schau’s dir an.«
    Ich machte einen Schritt auf dich zu, nur einen. Du nahmst noch eine Handvoll Sand und hieltst sie mir hin, die Körner rieselten dir durch die Finger.
    »Dieser Sand hier ist der älteste Sand auf der Welt«, sagtest du. »Der Boden, auf dem ich jetzt sitze, hat Milliarden von Jahren gebraucht, um zu entstehen. Erst mussten die Berge verwittern.«
    »Berge?«
    »Es gab hier mal einen Gebirgszug, der höher war als die Anden. Das hier ist uraltes Land, heiliges Land, es hat alles gesehen, was es gibt.« Du schobst den Sand zu mir hin. »Spür die Hitze«, sagtest du. »Dieser Sand ist lebendig.«
    Ich nahm den Sand. Die Körner brannten auf meiner Haut und ich ließ sie hastig wieder fallen. Schon zum zweiten Mal an diesem Morgen hatte ich mich deinetwegen verbrannt. Du strichst mit den Fingern über die Stelle, wo der Sand hingefallen war, und vergrubst deine ganze Hand darin. Dann machtest du die Augen zu als Schutz vor der Sonne.
    »Dieser Sand ist wie ein Schoß«,

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