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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Ich machte die Augen auf. Das hier passte nicht zu dir. Normalerweise bewegtest du dich lautlos wie eine Katze.
    »Immerhin gibt es keine Städte«, sagtest du nach einer Weile. »Hier draußen … Keinen Beton.«
    »Ich finde Städte gut.«
    Deine Finger krampften sich um das Geländer. »In der Stadt ist keiner echt«, schnapptest du. »Gar nichts ist echt.«
    Ich schrak zusammen, überrascht von deiner plötzlich aufflammenden Wut. »Ich vermisse es«, flüsterte ich. Ich vergrub meinen Kopf zwischen den Knien, als ich merkte, wie die Sehnsucht mich packte.
    Du kamst einen Schritt auf mich zu. »Das mit deinen Eltern tut mir leid«, sagtest du.
    »Was tut dir da leid?«
    »Sie dort zurückzulassen natürlich.« Du setztest dich ans andere Ende vom Sofa und durchbohrtest mich mit deinem Blick. »Ich hätte sie mit hierherbringen können … wenn ich gewusst hätte, dass du dann glücklicher wärst.«
    Ich rückte von dir weg, rutschte so weit an mein Sofaende wie nur möglich.
    Du schabtest an dem Rattangeflecht herum. »Aber es ist besser so, wie’s ist, nur du und ich. Nur dann kann es klappen.«
    Wieder suchte ich den Himmel ab und bemühte mich, meine Gedanken zu sortieren. Schließlich schluckte ich meine Angst einfach runter.
    »Wann hast du angefangen, das alles zu planen?«
    Du zucktest mit den Achseln. »Vor einer ganzen Weile, zwei, drei Jahre her oder so. Aber ich hatte dich schon viel länger im Auge.«
    »Wie lange?«
    »Ungefähr sechs Jahre.«
    »Aber da war ich erst zehn. Seitdem hast du mich beobachtet?«
    Du nicktest. »Mehr oder weniger.«
    »Das glaub ich dir nicht«, sagte ich. Aber tief drinnen hatte ich das Gefühl, es wäre gut, genauer nachzudenken. Irgendwo in den Windungen meines Gehirns war etwas. Etwas, das vielleicht Licht in diese Sache bringen würde.
    Ich pflügte meine Erinnerungen durch und versuchte, dein Gesicht darin aufzuspüren. Da war nichts wirklich Klares, aber es gab ein paar vage, halb erinnerte Dinge – der Mann, den meine Freunde irgendwann am Schultor gesehen hatten; das eine Mal im Park, als ich mir einbildete, jemanden im Gebüsch sitzen zu sehen, der mich beobachtete … und dann war Mum einmal total außer sich gewesen, weil sie das Gefühl gehabt hatte, jemand hätte sie auf dem Heimweg verfolgt. Ich fragte mich, ob du das gewesen sein konntest. Hattest du mir wirklich schon so lange hinterherspioniert? Bestimmt nicht. Aber da war noch etwas, etwas, an das ich mich nicht ganz erinnern konnte.
    »Warum ich?«, wisperte ich. »Warum nicht irgendein anderes armes Mädchen?«
    »Du warst es«, sagtest du. »Du hast mich gefunden.«
    Ich hielt deinem Blick stand. »Wie meinst du das?«
    Du sahst mich fragend an. Als ich nicht die Reaktion zeigte, die du erwartet hattest, beugtest du dich zu mir herüber. »Weißt du denn nicht mehr? Erinnerst du dich nicht an unser erstes Treffen?« In ungläubigem Staunen schütteltest du den Kopf.
    »Was meinst du?«
    »Ich erinnere mich an dich.« Deine Unterlippe zitterte leicht, als du die Hand ausstrecktest, wie um mich zu berühren. »Ich erinnere mich gut an dich.«
    Deine Augen waren weit offen. Ich vergrub das Kinn in meiner Brust, um von ihnen wegzukommen.
    »Das ist nie passiert«, sagte ich. Meine Stimme war zittrig und schwach, kaum zu hören. »Das stimmt alles nicht.«
    Du beugtest dich zu mir und packtest mich an der Schulter. Ich spürte, wie sich deine Finger in meine Haut gruben, wie sie mich zwangen, dich anzuschauen.
    »Es ist sehr wohl passiert«, sagtest du. Dein Gesicht war unbewegt, deine Augen ohne jedes Blinzeln. »Es stimmt. Du hast es nur vergessen.« Du starrtest mir mit festem Blick erst ins linke, dann ins rechte Auge. »Aber es wird dir schon noch einfallen«, flüstertest du.
    Kurz darauf hörte ich dich schlucken. Ein Schleier fiel über deine Augen und du hast mich losgelassen. Ich sank zurück ins Sofa. Du standst auf und wandtest dich ab. Während ich dich in der Küche mit den Schranktüren knallen hörte, legte ich meinen Kopf auf die Knie und versuchte mich ganz klein zu machen. Ich zitterte, hatte sogar Gänsehaut an den Beinen, dabei war mir gar nicht kalt.
     
     
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort saß und grübelte. Dabei streifte mein Blick immer wieder über die Landschaft. Ich war auf der Suche nach irgendwas … irgendwas, das mir ermöglichen würde zu entkommen. Orangefarbene Streifen begannen sich in den blauen Himmel zu weben und der Horizont glühte rosarot.
    Du kamst

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