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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Augen, die sich in der Hitze gleich wieder schlossen.
    »Kängurus«, sagte ich.
    Du nicktest und musstest kurz grinsen. »Leckere Kerlchen.«
    »Was?«
    Du zieltest mit zwei Fingern nach ihnen wie mit einem Gewehr, legtest den Arm aufs Lenkrad und tatst so, als würde sich tatsächlich ein Schuss lösen.
    »Du willst sie abknallen?«
    »Eins von diesen Mädels würde sich gut in meinem Eintopf machen, findest du nicht?«
    Ich schluckte. Mir war nicht klar gewesen, dass du ein Gewehr dabeihattest. Das machte mir Angst. Du rücktest ein Stück zu mir herüber; anscheinend dachtest du, ich käme nicht klar mit dem, was du über die Kängurus gesagt hattest.
    »Keine Angst«, sagtest du. »Ich tu ihnen nichts. Wir haben genug zu essen.«
    Ich sah wieder zu den drei Tieren. Das Känguru, das am dichtesten bei uns stand, leckte sich gerade die Unterarme.
    »Sie kühlt sich ab«, erklärtest du. »Ihre Blutgefäße liegen dicht unter der Haut, sie leckt daran, um ihre Körpertemperatur zu senken. Schlau, was?«
    Du lecktest an deinem Handrücken, als wolltest du es selbst ausprobieren, verzogst das Gesicht über den Geschmack und lächeltest schief. In diesem Augenblick streckte sich eines der Tiere, um ein niedrig hängendes Blatt abzuknabbern.
    »Haben die keinen Durst?«, wollte ich wissen und spürte dabei, wie trocken meine eigene Kehle war.
    Du schütteltest den Kopf. »Die brauchen kein Wasser, jedenfalls nicht viel. Sie holen sich die Feuchtigkeit aus den Bäumen.«
    Lächelnd sahst du ihnen zu, mit einem Gesichtsausdruck, der mir bekannt vorkam. Es war, als wolltest du etwas von ihnen, als bräuchtest du die Kängurus, auch sie.
    »Tschüss, ihr Hübschen«, sagtest du, als du den Wagen von dort wegsteuertest.
    Schweigend fuhren wir weiter. Ab und zu schaute ich rüber zu dir. Deine Augen streiften die ganze Zeit kreuz und quer über das Land; es reichte dir nicht, nur den Sand vor der Windschutzscheibe herumwirbeln zu sehen.
    »Woher weißt du, wo du hinmusst?«
    »Ich richte mich nach dem Sand, in welche Richtung er geweht worden ist und so. Es gibt auch noch andere Zeichen.«
    »Weißt du denn, wie du zurückkommst?«
    Abwesend nicktest du. »Klar.«
    »Wie denn?«
    »Dieses Land erzählt Geschichten, es singt.«
    »Ich hätte lieber ein Radio.«
    »Echt, Gem, ich erzähl keinen Scheiß. Hier draußen gibt es Lieder; die Oldfellas kennen sie und ich kenn auch ein paar … Diese Lieder sind wie Landkarten, sie helfen dir, den Weg zu finden. Du singst sie und sie zeigen dir markante Punkte. Hier draußen gibt es jede Menge stille Musik. Sandmusik.«
    Ich ignorierte dich und starrte zum Horizont. Du hast geschwiegen. Vielleicht dachtest du über das singende Land nach, aber genauso gut konntest du auch irgendwas richtig Finsteres im Sinn haben. Dein Gesicht verriet nichts. Ich hatte noch nie überlegt, worüber Entführer wohl nachdachten. Wer macht das schon? Dachtest du an deine Familie? An Orte, die du hinter dir zurückgelassen hattest? Und was genau dachtest du über mich?
    Mir drehte sich der Magen um, als ich mir das Schlimmste ausmalte. Je länger wir fuhren und je länger ich überlegte, was du wohl dachtest, desto nervöser wurde ich. Wenn du mich hier in diesem Niemandsland umbrachtest, würde es niemand erfahren. Kein Mensch würde in dieser Unendlichkeit nach meinen sterblichen Überresten graben. Das wäre, als wollte man ein ganz bestimmtes Sandkorn wiederfinden.
    Du hieltst so plötzlich an, dass der Wagen kurz ins Rutschen geriet. »Kamele«, sagtest du. Du zeigtest auf etwas, das für mich mehr nach Dreckflecken auf der Windschutzscheibe aussah als nach einer Schar großer Tiere. Ich legte die Hand über die Augen. Du hast dich rüber zum Handschuhfach gebeugt und ein Fernglas in meinen Schoß fallen lassen. »Damit siehst du sie besser.«
    Ich hob das Fernglas an die Augen. »Ist alles total verschwommen.«
    Du lehntest dich zu mir und drehtest an einem Knöpfchen oben auf dem Fernglas. Du warst zu nah, ich konnte dir nicht ausweichen. Ein leichter Geruch von Schweiß klebte auf deiner Brust.
    »Das mach ich schon selbst.«
    Ich nahm dir das Fernglas weg und drehte, bis das Bild scharf wurde.
    Fünf Kamele, vier große und ein etwas kleineres, trabten langsam den Horizont entlang. Durch den Hitzeschleier im Hintergrund wirkten sie wie bewegter Sand, der vom Wind rumgewirbelt wurde.
    »Ich hab dir nicht geglaubt, als du gesagt hast, es gäbe hier Kamele.«
    »Ursprünglich gab’s die auch

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