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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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mehr Wahrheit in sich als wir«, sagtest du sanft. Du hast ihn fallenlassen und dir die Hände aneinandergerieben. Dann drücktest du die Handflächen in den Boden und standst auf. »Komm schon«, wiederholtest du. »Lass uns ein Kamel suchen.« Du zogst dein T-Shirt hoch und wischtest dir den Staub aus der Stirn. Sofort war es rot verfärbt.
    »Kommst du in der Nähe einer Stadt vorbei?«
    »Nicht näher, als wir’s jetzt sind.«
    Ich schlug nach einer Fliege, die mir ums Gesicht schwirrte.
    »Aber ich komm woanders vorbei.« Du lehntest dich wieder gegen den Wagen. »An was Besserem.«
    Auch auf meinem Knie krabbelte eine Fliege herum, ihre Beine kitzelten auf meiner Haut. »Du wirst mir nichts antun«, sagte ich leise.
    »Entspann dich. Ich habe es dir versprochen.«
    Du hieltst mir die Wagentür auf. Als ich einstieg, bedanktest du dich mit einem Grinsen. Du warfst die Tür hinter mir zu. Mir wurde schwindlig. Ich kurbelte das Fenster herunter und eine Ladung Staub rieselte auf mich herunter. Auch du stiegst ein und machtest das Fenster auf. Ich rückte so weit von dir weg, wie ich konnte.
    »Wahrscheinlich soll ich mich anschnallen? Oder willst du mich lieber am Sitz festbinden?«
    Du zucktest mit den Achseln. »Mir egal. Ich hätte jedenfalls genug Seil im Kofferraum, jede Menge.«
    Und dann lachtest du laut. Das hast du selten gemacht und es passte auch nicht zu dir. Es klang so verloren. Vielleicht warst du selbst darüber erschrocken, wie rau es wirkte, denn du hörtest sofort wieder auf. Hastig klapptest du den Mund zu und starrtest durch die Windschutzscheibe nach draußen.
    Der Motor heulte auf und wir fuhren los, hinterließen im Sand eine deutliche Spur. Ich spürte, wie sich der Schweiß an meinen Handflächen und in meinem Nacken sammelte. Ich legte den Kopf an den Türrahmen und nahm einen tiefen Atemzug von dem trockenen Wind, der vorbeiwirbelte. Mein Mund füllte sich mit Staub.
     
     
    Der Untergrund war holprig und ich wurde heftig durchgerüttelt. Du fuhrst nicht besonders schnell; in dieser buschbestandenen Wüstenlandschaft war das wohl auch gar nicht möglich. Immer wieder drehten die Räder im Sand durch und du musstest den Motor hochjagen, um weiterzukommen. Ein paarmal bliebst du stehen, um büschelweise Gras aus dem Kühlergrill zu ziehen. Bald bekam ich Kopfweh. Ich hatte Sand in den Augen und Ohren. Auch in meinem Mund hatte sich eine kleine Wüste breitgemacht. Ich beugte mich vor, um das Radio anzustellen.
    »Kaputt«, sagtest du gleich.
    Ich schaltete es trotzdem an. Aber es kam nur ein schwaches Surren heraus.
    »Ich hab’s dir doch gesagt. Wir müssen selber singen. Kannst du singen?« Du blicktest mich an, ernsthaft interessiert, was ich antworten würde.
    »In der siebten Klasse war ich mal ein halbes Jahr im Schulchor. Weißt du das nicht sowieso schon?«
    Du zucktest mit den Achseln. »Ich war nicht immer da. Ich musste Geld verdienen. Manchmal war ich auch hier, um alles fertig zu kriegen.«
    Du machtest eine Kopfbewegung in Richtung der Gebäude hinter uns, die von einer Staubwolke verschluckt worden waren.
    »Hast du das wirklich alles selbst gebaut?«, fragte ich.
    »Hab ich«, sagtest du stolz.
    Ich konnte mir einen verächtlichen Blick nicht verkneifen.
    »Na gut, da hat früher mal ein altes Farmhaus gestanden oder so … aber alles andere hab ich gemacht.«
    »Wie hast du das hingekriegt?«
    »Langsam.«
    »Und wie hast du genug Geld für das Baumaterial zusammengekriegt?«
    Du lächeltest geheimnisvoll. »Schnell.«
    »Erzähl’s mir.«
    Wieder zucktest du mit den Achseln. »Ein andermal.«
    Ich blickte wieder nach vorne über das Land.
    »Weißt du, wie lange ich jetzt hier bin?«, fragte ich.
    »So in etwa.«
    Wieder wurde das Auto von einem Sandhaufen gebremst. Ich war plötzlich so frustriert über alles, dass ich meinen Kopf mit einem Ruck in den Sitz rammte. »Ich glaube, es müsste der einundzwanzigste Tag sein, aber ich weiß nicht mal sicher …«
    Als ich dein breites Grinsen sah, unterbrach ich mich rasch und wünschte mir, ich hätte nichts gesagt.
    »Das sollten wir feiern«, riefst du.
    Der Wagen neigte sich und fuhr nun auf eher steinigem Boden. Als du merktest, dass sich der Untergrund veränderte, hast du das Bremspedal durchgetreten und das Lenkrad rumgerissen. Sofort brach das Heck des Wagens aus, der Motor heulte auf und die Reifen verloren den Halt. Du hast gelacht, als ich gegen deine Schulter geschleudert wurde. Sandwolken und

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