Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
Spinifexbüschel wirbelten vorbei. Ich tastete nach irgendwas, woran ich mich festhalten konnte.
»Wuahhhh!«, schriest du.
Als die Reifen wieder auf eine sandige Stelle trafen und der Wagen schlingerte, schlugst du das Lenkrad andersrum ein. Diesmal knallte ich gegen die Tür. Ich streckte meinen Arm aus dem offenen Fenster und hielt mich fest. Aufwirbelnde Staubwolken flogen mir ins Gesicht, trotzdem bekam ich mit, wie du laut lachend die Handbremse hochgerissen hast, so dass wir nach kurzem Schlittern abrupt zum Stehen kamen. Deine Augen glänzten, als du dein Gesicht aufs Lenkrad legtest.
»Was machst du da?«, schrie ich.
»Spaß haben vielleicht? Feiern?« Du blicktest grinsend hinaus in die Weite um uns herum. »Hier werden wir dafür schließlich nicht gestoppt, oder?«
Ich blickte nach draußen und bemerkte die gewaltige Schleuderspur, die das unberührte Land hinter uns durchschnitt. »Aber deshalb musst du mich ja nicht gleich umbringen«, sagte ich und bereute diese Formulierung sofort. Als ich dich wieder anschaute, warst du nachdenklich geworden, deine Augen wirkten traurig.
»Ich will doch nur, dass du ein bisschen Spaß hast.«
Ich schnaubte. »Dann hättest du mich in England lassen sollen.«
Als du wieder losfuhrst, diesmal etwas sanfter, schaute ich genau hin. Mit dem linken Fuß tratst du auf das Kupplungspedal und legtest mit dem Schaltknüppel, der dir am nächsten war, den ersten Gang ein. Mit dem zweiten Schaltknüppel machtest du gar nichts. Während du den linken Fuß langsam zurücknahmst, drücktest du rechts das Gaspedal nach unten. Dad hatte mal versucht, mir Autofahren beizubringen, auf einem stillgelegten Eisenbahngelände hinter dem Sainsbury-Supermarkt, aber nachdem ich mit seinem Mercedes an einer Hecke entlanggeschrammt war, ließ er es bleiben. Du hast gemerkt, dass ich dir zusah.
»Willst du’s lernen?«
Du lachtest mit einem kleinen Kopfschütteln und drücktest den Fuß wieder ganz durch. Mein Kopf schlug gegen die Nackenstütze und überall spritzte Sand auf. Teilweise flog er durchs Fenster und blieb in meinem Schoß liegen. Als der Tacho auf vierzig Meilen war, brülltest du mir zu, ich sollte die Handbremse ziehen. Ein irres Grinsen lag in deinem Gesicht, als die Reifen durch den Sand pflügten und der Wagen immer wieder ins Schleudern geriet. Brüllend verlangte ich, dass du sofort anhieltst.
»Dann zieh doch die Handbremse!«
Ich packte die Handbremse und zog sie an. Augenblicklich schlingerte der Wagen wie wild und driftete im Kreis. Ich bin ganz sicher, dass er abhob und ein, zwei Sekunden lang nur noch auf zwei Rädern fuhr. Ich wurde gegen dich geschleudert, und zwar so heftig, dass ich nicht schnell genug von dir wegkommen konnte. Deine warme Schulter schlug hart gegen meine Stirn und dein Körper bebte vor Lachen.
Wir waren inzwischen über zwei Stunden unterwegs. Ich achtete auf Anzeichen einer Stadt oder von irgendwas anderem. Doch während der ganzen Zeit hatte ich weder eine Straße noch eine Piste entdeckt. Es kam mir verrückt vor, dass man so lange fahren konnte und trotzdem nirgendwo hinkam. Okay, die Landschaft hatte sich ein bisschen verändert: Zuerst hatte es viele Büsche und Steine gegeben und überall war es flach; dann wurde es immer sandiger und das Rot intensivierte sich. Statt kniehoher Spinifexbüsche wuchsen hier spindeldürre schwarze Bäume. Ab und zu gab es einen Hauch von Grün in Form eines Eukalyptusbaums und die Gegend war durchlöchert von spitz aufragenden Felsen, die mich an Speere erinnerten. Außerdem gab es da noch diese eigenartigen kleinen Berge, die wie krumme rote Finger nach oben zeigten.
»Termitenhügel«, erklärtest du.
Alles war komplett anders als in England. Als Dad in den letzten Sommerferien zwei Stunden Richtung Westen gefahren war, sind wir in Wales rausgekommen, also praktisch in einem andern Land. In dieser Wüste hier fuhr man nur immer tiefer ins Feuer hinein. Je länger wir unterwegs waren, desto heißer war es, desto leuchtender wurde das Rot und desto mehr Angst bekam ich, dass ich nie wieder hier rauskäme.
Leise hast du neben einer kleinen Baumgruppe angehalten. »Siehst du sie?«, fragtest du.
»Was?«
»Gleich da drüben!« Du zeigtest auf die Bäume. »Guck nach ihren Ohren; wenn die sich bewegen, siehst du sie.«
Ich blickte zu den Bäumen. Auf einmal zuckte etwas. Ein Ohr. Ich sah genauer hin und entdeckte schließlich den Kopf und die lange Nase. Und die großen braunen
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