Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
ein. Drinnen roch es dumpf – nach Dreck und irgendwie abgestanden, es schien schon länger niemand mehr hier drin gewesen zu sein. Feiner roter Staub überdeckte alles. Es sah aus, als wäre das Auto seit fünfzig Jahren nicht mehr in Betrieb gewesen. Das brachte mich komplett aus der Fassung – plötzlich fragte ich mich, ob ich schon viel länger bei dir im Haus war, als ich dachte. Der Staub hatte sich sogar auf dem zerknüllten Schokoladenpapier am Boden niedergelassen. Nachher beim Aussteigen hatte ich ihn garantiert überall auf meinen Klamotten … falls ich ausstieg.
Der Schlüssel steckte nicht im Zündschloss. Ich überlegte, ob er wohl irgendwo im Auto versteckt sein konnte, so dick vom Staub umhüllt, dass man ihn nicht sah. Ich griff ins Wageninnere und tastete darin herum, in der vagen Hoffnung, ihn zu finden. Den Rückspiegel stellte ich so ein, dass ich dich im Blick hatte. Du bewegtest dich zügig, verstautest dies und das im Kofferraum, nahmst Sachen wieder heraus, packtest sie um. Ich hörte, wie du irgendwas vor dich hin summtest. Anscheinend freutest du dich, warst vielleicht sogar ein bisschen aufgeregt.
Als du fertig gepackt hattest, kamst du nach vorne zu mir. Mit einem Lächeln im Gesicht und den Fältchen um die Augen sahst du so ähnlich aus wie am Flughafen vor drei Wochen, fast attraktiv. Ich drehte mich weg und guckte auf den Boden. Zu dieser Zeit wurde mir fast schlecht, wenn ich so über dich dachte.
»Ich will nicht mit«, sagte ich.
»Wieso? Ich dachte, du wolltest gern woanders hin.«
»Nicht mit dir. Und nicht mit dem ganzen Zeug, das du eingepackt hast.«
Du lehntest dich gegen den Wagen. »Tja, wir können auch laufen, wenn dir das lieber ist, aber dann wären wir wochenlang unterwegs. Wir müssten von dem leben, was das Land hergibt – wir würden uns von Eidechsen ernähren und Frösche essen, statt Wasser zu trinken. Packst du das?«
Ich schüttelte den Kopf. Bei so einer Aktion hätte ich nicht die geringste Chance, dir zu entkommen. Außerdem fand ich die Vorstellung, mit dir in der Wildnis herumzuziehen, noch schlimmer, als hier in deinem Haus zu sein. Ich dachte an den Satz, den uns unsere Lehrer im Ferienlager immer eingetrichtert hatten: Wenn ihr euch verirrt, bleibt dort, wo ihr seid, dann wird euch irgendwann jemand finden. Vielleicht hatte ich dort, wo ich war, bessere Aussichten, gerettet zu werden.
»Ich dachte, du wolltest ein Kamel fangen«, sagtest du.
»Nein.«
» Ich will aber.«
»Tja, dann fahr du .«
Du hast gelacht. »Aber ich will auch, dass dein hübsches Gesicht da ist, wo ich es sehen kann. Komm schon.«
Ich blieb, wo ich war. Seufzend trommeltest du aufs Autodach und versuchtest zu ergründen, was in mir vorging.
»Du hast doch nicht etwa immer noch Angst, dass ich dir was antue, oder?«
Ich schwieg und blickte auf den Sand. Du kamst um den Wagen herum und stelltest dich neben mich. »Schau mal, ich hab gedacht, du verstehst das inzwischen … Ich werd dir nichts tun, nichts Böses jedenfalls.« Du gingst in die Hocke und musstest jetzt zu mir hochsehen. »Egal, was du über mich denkst, dein Körper, na ja, der gehört jedenfalls dir … du entscheidest, was passiert.«
»Umbringen durfte ich mich nicht.«
»Das ist was anderes. Da konntest du nicht klar denken.«
»Weil du mich unter Drogen gesetzt hast!«
»Das musste sein.« Dein Gesicht sah ganz zerknittert aus, als du in die Sonne schautest. »Hör zu, es tut mir leid. Ich hab nicht damit gerechnet, dass alles so schwer wird.«
Ich hätte dich gern gefragt, was du mit »alles« meintest. Ich hätte gern gewusst, ob du geglaubt hattest, mich zu entführen wäre ein Kinderspiel. Aber du drehtest dich gleich wieder zu mir und starrtest mich an.
»Ich verspreche, dass ich dir nicht wehtun werde.«
»Woher weiß ich, dass du mich nicht anlügst?«
»Du wirst mir vertrauen müssen.«
Ich wich deinem Blick aus. »Ich muss gar nichts«, flüsterte ich.
»Klar«, sagtest du grob. »Aber irgendwann willst du vielleicht.« Du nahmst eine Handvoll Sand. »Vor allem, wenn es richtig aufregend wird.« Du hast deine Faust geöffnet und mir den Sand darin gezeigt. »Schau, ich schwöre bei diesen Sandkörnern, dass ich dir nichts antun werde. Wie findest du das?«
»Das ist doch totaler Blödsinn, auf einen Haufen Dreck zu schwören.«
»Dieser Sand ist älter und wahrhaftiger als alles andere … er ist das Beste, auf das man schwören kann.«
Ich schnaubte.
»Er trägt
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