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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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über das Papierchen und klebtest es sorgfältig zu. Gleich nach dem Anzünden war wieder dieser Geruch da, schwer und grasig, nach verbrennenden Wüstenblättern; ein Aroma, das an diesem Tag von allem hier im Malschuppen ausging. Du nahmst einen langen, tiefen Zug, dann reichtest du die selbst gedrehte Zigarette an mich weiter.
    Sie brannte zwischen meinen Fingern wie ein winziger rauchender Baum. Ich rollte sie hin und her und betrachtete ihre glühende Spitze. Diesmal versuchte ich es; keine Ahnung, warum. An diesem Tag war ich entspannter als sonst, hatte nun wirklich Hoffnung, dass du mich gehen lassen würdest. Die brennenden Blätter waren nicht so herb wie normaler Tabak und auch nicht so beißend wie ein Joint. Bald füllte ein zarter Kräutergeschmack meinen Mund und ich spürte, dass ich sachter ausatmete als vorher und meine Schultern sich entspannten.
    Du lehntest dich zurück auf die Ellbogen. Als die Sonne tiefer sank, wurden die Farben intensiver. Ein Rotton überflutete alles und hellte die dunkleren Bereiche des Gemäldes auf. Lichtwellen ergossen sich über den Boden und brachten unzählige aufgemalte Punkte und Blütenblätter zum Leuchten. Um uns herum vertieften sich die Rot-, Orange- und Pinktöne, bis es aussah, als säßen wir mitten in einer Feuergrube … oder mitten in der untergehenden Sonne selbst.
    »Als wären wir im Mittelpunkt der Erde, oder?«, hast du geflüstert. »Wir sind genau in der Glut.«
    Ich spürte die Hitze an meinem Rücken, das T-Shirt klebte mir an der Wirbelsäule. Ich blinzelte, damit die Farben nicht verschwammen. Schwarze Linien und Formen tanzten wie Umrisse von Flammen vor meinen Augen. Dann sank die Sonne noch tiefer. Ihr Licht berührte deinen bemalten Körper und tauchte dich in Gold … ließ dich erstrahlen. Die Sandkörner auf deinen Armen funkelten. Ich spürte die Sonne auch auf meiner Haut, die nun einen Pfirsichton annahm und weich wurde. Der ganze Raum war in Licht gebadet.
    Du sahst mich an, deine blauen Augen schwammen in Gold. Mir fielen die schwarzen Zeichen auf deiner linken Wange auf; wie winzige Tierspuren fanden sie den Weg in dein Haar und marschierten einfach so über deine Narbe hinweg. Du strecktest die Hand aus und berührtest mich am Arm; deine sandigen Finger fühlten sich federleicht an. Es war dort, wo auch die Sonne auf mich einströmte, wo meine Haut am wärmsten war. Du strichst mit den Fingerspitzen über diese Stelle.
    »Das Licht kommt auch aus dir«, sagtest du. »Du leuchtest.«
    Ich drehte den Kopf und versuchte, das ganze Gemälde auf einmal zu erfassen. Mir war schwindlig; ich weiß nicht, ob von den Farben und dem Licht oder vom Rauch deiner Zigarette. Dieser Raum war ganz anders als alle Kunstwerke, die ich jemals gesehen hatte, viel realer irgendwie. Und, ja, ich gebe es zu, er war schön. Auf eine wilde Art schön. Deine Finger malten Muster auf meinen Arm, Kringel und Punkte. Die Berührung machte mir keine Angst mehr.
     
     
    Dann sank die Sonne auf einmal unters Fenster und schnell verschwanden die Farben. Du reichtest mir noch mal die Zigarette, während Schatten über die Wände zu kriechen begannen. Wir saßen noch eine Weile da, bis die Farben ganz erloschen waren. Ich blinzelte und gab dir die Zigarette zurück. Im Raum war es dunkel geworden und ich konnte kaum erkennen, was auf dem Boden lag. Ich stand auf und stolperte zur Tür.
    »Warte, ich führ dich«, sagtest du.
    Du nahmst meinen Arm. Du liefst vollkommen sicher, schienst Augen wie ein Nachttier zu haben. Als wir an die Tür kamen, spürte ich, wie mich die kühle Abendluft empfing. Ich schlang mir die Arme um den Leib und du gingst zurück nach drinnen, um deine Kleider zu holen. Mir reichtest du den löchrigen Wollpullover, den du am Morgen angehabt hattest.
    »Zieh den an«, sagtest du. »Dann ist dir wärmer.«
    Dein Geruch nach Schweiß, Eukalyptus und Erde stieg mir in die Nase, als ich den Pullover überstreifte, und die Wolle kratzte mich an den Armen. Als ich mich nach dir umschaute, hattest du deine Shorts angezogen. Wieder nahmst du meinen Arm, packtest mich am Ellbogen und führtest mich bis nach draußen.
    Die Sterne standen schon hell am sich langsam verdunkelnden grauen Himmel. Der Mond schien schief zu lächeln. Ich ließ mich weiter von dir führen. Wir waren beide still. Es gab kein Geräusch außer dem Klang meiner Stiefel und deiner nackten Füße auf dem Sand. Weit weg allerdings erklang ein geisterhaftes Heulen, ein einzelner

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