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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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Schrei im Dunkeln wie der von einer Todesfee.
    »Dingo«, flüstertest du.
    In meinem Kopf waren in diesem Moment so viele Gedanken, so viele Gefühle. Deine Hand war ganz nah, hielt mich am Ellbogen, du führtest mich geradeaus. Einem kleinen Teil von mir gefiel fast, dass sie da war. Ich blinzelte und schüttelte den Kopf, wollte es mir nicht eingestehen. Aber es war tatsächlich so, oder? Ein Teil von mir fing an, dich zu akzeptieren. Ich fragte mich, was dabei herauskäme, wenn ich diesem Teil nachgab und mich dir zuwandte.
    »Hast du Hunger?«, fragtest du.
    Ich schüttelte den Kopf und blieb stehen, um den Himmel anzuschauen. Es war schön, in diese tiefe Schwärze zu schauen. Wohltuend nach all den Farben.
    »Ich will nur eine Weile hier sitzen«, sagte ich. »Hier draußen.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »Ich hol eine Decke.«
    Du stapftest Richtung Haus. Ich sah zu, wie dein Rücken im Dunkeln verschwand, und rieb mir den Ellbogen, der sich plötzlich kalt anfühlte. Ich ging weg von den Gebäuden, weiter hinaus, in den Sand hinein. Ich fand einen ebenen Fleck ohne Pflanzen und Steine und ließ mich nieder. Der Sand war noch warm. Ich grub meine Hände unter die oberste Lage und spürte, wie sich gespeicherte Hitze auf mich übertrug. Ich drückte auch meine Handgelenke in die Wärme. Wieder hallte ein Heulen durch die Landschaft und diesmal kam eine Antwort; noch ein Klagegeist im Dunkeln. Ich sah hoch zu den Sternen. Es wurden jetzt immer mehr; sie bevölkerten den schwarzen Himmel, als wäre dort gerade Rushhour. Wahrscheinlich war es das für die Sterne auch. Es schien, als gäbe es am Himmel so viele Sterne wie um mich herum Sandkörner. Meine Finger gruben sich noch tiefer in den Sand ein, während hinter mir die Grillen ihr Lied zirpten.
    Ich spürte die Vibration deiner Schritte, als du zurückkamst. Du hattest dir eine graue Decke um die Schultern gelegt und über deinem Arm hing noch eine. Den Sand und die Farbe auf deiner Haut hattest du nicht weggewaschen. Trotzdem war um Mund und Augen und auch von deinen Armen schon ein bisschen was abgegangen …
    Du hülltest mich in eine der Decken ein und reichtest mir eine Tasse.
    »Was ist das?«
    »Nur Kräuter und Wasser. Zum Aufwärmen.«
    »Mir ist nicht kalt.«
    »Wird’s dir aber werden.«
    Mit dem Dampf stieg der saubere, frische Geruch nach Teebaum auf. Das Zeug war zu heiß, um es sofort zu trinken, aber es war angenehm, die warme Tasse zu halten. Ich beugte den Kopf vor und inhalierte. Den Geruch nahm ich mit, als ich wieder hoch zu den Sternen sah. Du schautest auch nach oben, schienst den Himmel zu lesen wie eine Landkarte. Du nicktest ein bisschen, aber ich wusste nicht, worauf sich dieses Nicken bezog.
    »Hast du alles, was du brauchst?«, fragtest du.
    Du drehtest dich Richtung Haus, zögertest aber. Du schienst darauf zu warten, dass ich etwas sage … schienst dir zu wünschen, dass ich das täte. Du hast die Finger ineinander verschränkt und nervös deine Daumen gedreht. Ich gab nach.
    »Was siehst du da oben?«, fragte ich. Ich schleuderte die Hände Richtung Himmel.
    Dankbar hast du gelächelt du. »Alles, was ich will.«
    »Kennst du dich da oben aus?«
    »Du meinst, ob ich die Sternbilder kenne?« Du zucktest mit den Achseln. » Meine Bilder kenne ich jedenfalls.«
    »Wie meinst du das?«
    Schnell gingst du neben mir in die Hocke. »Ich kenne die Bilder, die ich in den Sternen sehe. Ich kann die Gesichter von Leuten nachzeichnen oder Landschaften wiedererkennen … eigentlich alles. Wenn du nur lange genug hinschaust, verraten dir diese Sterne, was auch immer du wissen willst; sie zeigen dir den Weg, sagen dir was übers Wetter und die Zeit, erzählen dir Geschichten …«
    Du gingst nicht zurück ins Haus, sondern setztest dich neben mich und vergrubst deine Hände im Sand. Du musstest grinsen, als du sahst, dass auch meine Stiefel tief im Sand steckten, und vergrubst daraufhin deine Füße. Das erinnerte mich ein bisschen an die Zeiten, als Anna und ich in einem Bett geschlafen hatten, unter der gleichen Decke. Es kam mir vor, als läge es Millionen Jahre zurück.
    Wir waren still wie die Nachtfalter, die um uns herumhuschten. Ich streckte die Hand aus und fing einen; er schwirrte zwischen meinen geschlossenen Fingern herum. Als ich die Hand wieder öffnete, blieb er für einen Moment benommen sitzen. Er hatte die gleiche Farbe wie meine Haut, leicht gebräunt und dabei doch rosig. Das Mondlicht fiel auf die zarte Musterung seiner

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