Ich würde dich so gerne kuessen
eher überrascht darüber, dass man ohne sein Zutun Aggressionen auf sich ziehen kann. Aber vielleicht ist es auch hier so, dass es reicht, an Jeffers Seite aufzutauchen, um alleine deswegen schon zum roten Tuch zu werden. Langsam fängt es an, mich zu nerven.
Dann brechen wir auf und machen uns auf den Weg zur Turnhalle, die heute zwei Stunden für die Lichtblick Tagesstätte reserviert ist. Jeffer hat den Arm um mich gelegt, um den anderen baumelt die Tasche mit den Badmintonschlägern.
»Der Typ, der neben mir saß …«, setze ich an.
»Bob.«
»Bob? Irgendwie haben hier alle komische Namen«, stelle ich fest.
»Ich glaube, er heißt Dieter, aber er möchte Bob genannt werden.«
»Warum?«
»Weil er denkt, dass er ’ne Harley fährt, und da passt Bob einfach besser.«
»Was heißt denn, dass er es denkt?«
»Na, er glaubt, dass er ’ne Harley fährt. Tut er aber nicht.«
»So wie ein imaginärer Freund?«
»Exakt.«
»Oh Mann«, seufze ich.
»Bob parkt seine Harley immer direkt vor der Tagesstätte. Vom Küchenfenster hat er sie so ständig im Blick. Einmal hatte da so ein Mercedesfahrer geparkt. Na, kannst dir ja vorstellen, was da los war.«
»Du verarschst mich.«
»Nein. Der Bob ist losgerannt, wie vom Blitz getroffen, und keiner von uns konnte so schnell reagieren. Als wir schließlich auf der Straße ankamen, hatte der Mercedesfahrer schon ’ne blutige Nase, und Bob heulte wegen seiner Harley.«
»Und dann?«
»Dann hab ich den ganzen Nachmittag lang mit Bob die Harley repariert.«
»Du hast ihn verarscht?«
»Er war glücklich. Hey, Bob!«
»Hm?« Bob dreht sich zu uns um.
»Zeigst du Frieda später deine Harley?«
»Na gut. Hm«, murmelt Bob.
»Siehst du!« Jeffer ist stolz, als hätte er einen Preis gewonnen oder so was.
»Das ist fies. Ich kann nicht so tun, als wäre da was.«
»Das schaffst du schon. Wenn Bob dann strahlend vor dir steht, kannst du gar nicht anders, als seine Harley zu bewundern.«
»Vielleicht verarscht er aber auch euch alle und will euch testen.«
»So oder so. Spaß macht es trotzdem.«
»Die können dich gut leiden hier«, stelle ich fest.
»Na ja, ich kann sie ja auch gut leiden.«
So einfach kann das Leben sein.
In der Turnhalle ziehen alle ihre provisorischen Sportoutfits an. Bob verteilt die Badmintonschläger. Begeisterung steht niemandem ins Gesicht geschrieben. Halbherzig wird sich in Zweiergruppen eingespielt. Ich habe einen der rauchenden Männer als Spielpartner abbekommen, dessen Lieblingssportart bestimmt nicht Badminton ist. Maggie und Sandy haben sich fast darum geprügelt, welche von beiden mit Jeffer spielen darf. Schließlich hat Jeffer sich für Maggie entschieden und Sandy Bob überlassen.
Nach einer kurzen Aufwärmung teilt Jeffer die Teams ein. Es wird ein Turnier geben. Der Sieger bekommt einen Massage-Gutschein.
»Was soll ich denn damit? Ich kann es nicht leiden, wenn mich fremde Menschen anfassen!«, motzt Sandy.
»Ich werde massieren!«, sagt Jeffer.
Maggie und Sandy tauschen einen aufgeregten Blick und auch zwei von den rauchenden Männern sind plötzlich ganz aus dem Häuschen.
»Also los! Erstes Team. Kein Aus, keine Tricks! Wir spielen bis Elf!« Jeffer spielt den Animateur und auch das kann er hervorragend.
Plötzlich lässt sich im Raum so etwas wie Ehrgeiz erahnen. Einige haben sogar ihre eisigen Mienen gegen ein aufgeregtes Lächeln getauscht.
Im vierten Durchgang muss ich gegen Sandy antreten. Sie spielt, als würde sie um ihr Leben kämpfen, und ich beschließe, nicht jedem Ball hinterherzurennen, weil ich ihr wirklich eine Massagestunde mit Jeffer gönne. Die Zuschauer applaudieren. Langsam kommt Stimmung auf, nur Bob sitzt grummelnd auf der Bank und sieht zu Boden, als gäbe es da etwas zu entdecken.
Und tatsächlich, nach der elften Runde und vollkommen zu Recht gewinnt Sandy das Turnier.
Sie wirft den Schläger gegen die Schaumstoffmatten und springt in die Höhe, reißt die Arme nach oben. Von der anderen Seite der Halle zeigt ihr Jeffer die Daumen hoch.
Einige kommen heran und beglückwünschen sie, klopfen ihr auf die Schulter, andere wenden sich beleidigt ab. Maggie lächelt gezwungen, man sieht ihr an, dass es ihr schwerfällt, sich für ihre Freundin zu freuen, schließlich ging es um eine Massage von Jeffer.
Auf dem Rückweg wirken viele erschöpft und auch ich freue mich auf Kaffee, Kuchen und Sitzgelegenheiten.
Vor der Tür streift mich Bob an der Hand.
»Möchtest du jetzt wirklich
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