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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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gleich, ich bin in ein paar Minuten wieder da.«
    Dann hört man die Tür ins Schloss fallen. Ich steige schnell aus der Wanne und trockne mich ab. Die schmutzige Wäsche schmeiße ich ins Waschbecken und lasse warmes Wasser drüberlaufen. Wieder klingelt das Telefon. Ich überlege kurz ranzugehen, aber für mich wird es nicht sein, und Jeffer hat unmissverständlich gesagt, dass er keine Lust auf niemanden hat.
    Er hat sogar eine mir unbekannte Frau an der Tür abgefertigt und zieht es vor, mit mir ein Video anzusehen, obwohl heute Freitagabend ist und die Stadt nur darauf wartet, erobert zu werden. Sogar meine Eltern würden am Freitagabend weggehen, wenn sie da wären. Sie gehen immer am Freitag weg, treffen sich mit Freunden oder gehen ins Theater und zum Essen. Ein richtiger Pärchenabend, für den sie sich alle Termine vom Leib halten. Mama hat mal gesagt, dass so etwas dazugehört, wenn man schon so lange zusammen ist, dass man Rituale braucht und Abwechslung, um die Liebe frisch zu halten. Meine Eltern lieben sich wirklich und das ist schön. Es gibt einige in meiner Klasse, deren Eltern sich nicht nur nicht mehr lieben, sondern auch regelrecht bekriegen. Sie tun so, als würden sie es dem Kind zuliebe im Verborgenen tun, aber natürlich kriegen es nicht nur die Kinder mit, sondern auch die halbe Nachbarschaft. Maja betont deshalb immer wieder, wie viel Glück ich mit meinen Eltern habe, und ich schätze mal, sie hat auch recht.
    Das Telefon klingelt schon wieder. Wenn das den ganzen Abend so gehen soll, kriege ich noch einen Knall, und deshalb gehe ich in die Küche und ziehe einfach das Telefonkabel aus der Dose. Der Partymob wird sich ärgern. Man kann nur hoffen, dass sie nicht mit der gesamten Mannschaft hier aufschlagen.
    Jeffer stößt mit dem Fuß die Tür auf und entlädt auf den Küchentisch Popcornberge, die für mindestens zehn Personen reichen, dazu noch Eis, Chips, Schokolade, Bier, Cola und zwei Schachteln Zigaretten.
    »Bis der Erste kotzt«, sagt er ganz selbstzufrieden.
    Er zündet Kerzen an, kocht Tee, räumt ein paar Sachen von einem Platz zum anderen und wirft alle Decken, die er auftreiben kann, auf das Bett, von dem aus der Fernseher am besten zu sehen ist. Ich wasche derweil noch schnell meine Wäsche im Waschbecken und hänge die ausgewrungenen Klamotten über die Heizung. Die müssten noch für die letzten Tage bei Jeffer reichen. Ich bin erstaunt, wie schnell die Zeit hier verflogen ist. Auf einmal kommt auch so etwas wie Wehmut auf, ich fühle mich hier schon wie zu Hause. Chaotisch und unorganisiert, ungesund essend, aber wie zu Hause.
    Wir machen es uns im Bett gemütlich, eingekuschelt in Decken, mit Getränken, eingedeckt mit Aschenbecher und Süßigkeiten. Jeffer startet die DVD . Er hat »Walk the line« ausgeliehen. Die Geschichte über Johnny Cash. Die romantische Liebesverwicklung mit seiner späteren Frau June Carter. Die weniger romantische Verwicklung in Drogen und Alkohol. Die Musik. Die Leidenschaft. Die Rebellion gegen die kalte, berechnende Welt. Die Szenen rund um die Musik gefallen mir am besten. Ich bin nach wie vor fasziniert davon, wie Menschen sich verändern, sobald sie anfangen, ein Instrument zu spielen oder zu singen. Sie können noch so unerträgliche, zornige, selbstverliebte Menschen sein. Sobald sie Musik machen, werden sie versöhnlich, sanft, wunderschön. Es ist eine ganz andere, mir fremde Welt, in die sie abtauchen. Ich bin nicht musikalisch, ich spiele kein Instrument, ich werde niemals in diese Welt eintauchen können – niemals –, und dieser Gedanke verursacht mir Bauchweh und eine Sehnsucht, die nicht greifbar ist. Vielleicht wäre das noch der größere Wunsch, wenn die Wunschfee angeflogen käme. Vielleicht würde ich mir gar nicht wünschen, schön zu sein, sondern noch eher, eine begnadete Musikerin zu sein. Nicht unbedingt berühmt, aber begnadet. Talentiert. Talent ist wahrscheinlich das Größte, was einem im Leben passieren kann.
    »Die Welt ohne Musik wäre gar nichts«, sagt Jeffer.
    »Genau so was Ähnliches habe ich auch gerade gedacht.«
    Als der Film zu Ende ist, legt Jeffer eine Platte von Johnny Cash auf. Wir liegen im Bett und hören diese Musik, die einem durch den Film noch einmal vertrauter ist. Wir rauchen Zigaretten, wir trinken abwechselnd Cola und Bier, wir reden nicht mehr, liegen da und schauen zur Decke, jeder den eigenen Gedanken nachhängend, vielleicht sogar ähnlichen.

    Am nächsten Morgen ist Jeffer vor mir

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