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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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Leben vor dir! Wahrscheinlich fängt es jetzt gerade erst an«, sagt sie und wischt sich mit der Hand über den Kaffeefleck.
    »Jetzt klingst du doch wie meine Eltern.«
    »Was soll ich sonst sagen? Ich will dich nicht mit meinem Scheißleben vollquatschen. Warum sollte ich dir davon erzählen? Es würde nichts ändern. Ich finde es schön, dass du hier bist und mit mir Kaffee trinkst. Das ist doch gut, oder?« Sie geht rüber zum Regal und zündet so ein Räucherstäbchen an, wedelt damit ein bisschen in der Luft und stellt es dann in einen Holzhalter ab.
    »Ich sollte eigentlich in der Schule sein.«
    »Schlechtes Gewissen?«
    »Meinen Eltern gegenüber vielleicht.«
    »Ist dir mal aufgefallen, dass du häufig das Wort vielleicht benutzt?«
    »Ach ja?«
    »Ist mein Ernst. Denk mal drüber nach.«
    Dann sagen wir erstmal nichts mehr. Ich blättere noch einmal die Fotos durch. Wir trinken schweigend unseren Kaffee. Ich hätte nicht gedacht, dass Kiki ein Scheißleben hat. Irgendwie geht man immer davon aus, dass andere Leute ein ganz tolles Leben führen, viel besser als das eigene, viel aufregender.
    »Möchtest du eins der Bilder haben?«, fragt sie mich und streicht mir dabei über die Schulter.
    »Das kann ich nicht.«
    »Ich möchte dir eins schenken. Das hier?«
    Sie gibt mir ein Foto, auf dem man Jeffer nur im Profil sieht. Er sieht hinunter auf seine Gitarre und zupft an einer der Saiten. Er sieht konzentriert aus und irgendwie scheint er ganz weit weg. Es ist ein Schwarz-Weiß-Foto und wirklich sehr schön.
    »Danke, aber ich möchte es wirklich nicht. Ich möchte kein Foto von Jeffer im Portemonnaie rumtragen. Ich käme mir blöd vor.«
    »Wie so ein verliebter Teenager?«
    »Genau.«
    »Bist du nicht einer?«, fragt sie und treibt damit doch wieder eine Kluft zwischen uns beide.
    Ich lächle müde. »Nein, ich denke nicht.«
    Es wird Zeit. Ich bedanke mich für den Kaffee und verlasse Kikis Wohnung mit der Ausrede, noch eine Verabredung zu haben. Draußen setze ich mich auf eine Parkbank und atme erstmal tief ein und aus. Dann erst zünde ich mir eine Zigarette an.
    Da kommen wieder diese Gedanken, dieses Gefühl, dass ich mich in einer Blase befinde, in einer Hülle, und dass das hier wirklich nichts mit dem wahren Leben zu tun hat. In etwas mehr als einer Woche kommen meine Eltern wieder. Ich werde dann jeden Morgen am Frühstückstisch sitzen und den frisch zubereiteten Obstsalat meiner Mutter essen. Ich bin kein verliebter Teenager. Überhaupt bin ich kein Teenager. Das ist nur ein Wort, das Erwachsene für junge Menschen benutzen, und das meistens mit einem ironischen Lächeln.
    Ich laufe zurück zum Alexanderplatz und schaue mir nun doch diese romantische Komödie mit Sandra Bullock an. Sie ist gar nicht so übel, jedenfalls nett genug, um sich damit einen Nachmittag zu vertreiben. Nach dem Kino esse ich einen Cheeseburger und Pommes bei McDonalds. Und dann reicht es auch. Was treibe ich hier eigentlich? Ich setze mich in die S-Bahn und fahre zurück zu Jeffer.

    Er sitzt in der Küche, liest in einem Buch und hört Eric Clapton bis zum Anschlag aufgedreht.
    Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter und erschrecke ihn damit.
    »Mein Gott! Soll ich einen Herzinfarkt bekommen?«
    »Tut mir leid!«, schreie ich, um die Musik zu übertönen.
    Er steht auf und dreht die Anlage leiser.
    »Ich dachte, du hättest mich verlassen.«
    »Was redest du. Ich habe dir doch einen Zettel dagelassen.« Ich halte Ausschau nach meinem Zettel und entdecke ihn an die Wand gepinnt, zwischen all den Fotos.
    »Ich dachte, du machst das nur, um dir einen Vorsprung zu verschaffen.«
    »Gute Idee.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich war im Kino.«
    »Ein Date?« Er versucht, möglichst unbeteiligt zu wirken, es gelingt ihm aber nicht.
    »Ich war alleine im Kino. Na ja, mit Sandra Bullock.«
    »Oh. Wie romantisch.«
    »Ja.«
    »Langweilst du dich schon mit mir?«
    »Quatsch. Ich wollte nur raus und du hattest noch geschlafen … also …«
    »Du brauchst das nicht zu erklären. Jeder tut hier, worauf er Lust hat. Das ist eine freie WG . Du weißt schon, wir sind alle Hippies und so!« Er grinst.
    »Meine Eltern kommen bald wieder.« Ich weiß nicht, warum ich schon wieder von meinen Eltern anfange. Das mit der freien WG wäre ein viel interessanteres Thema, aber ich muss immer mal meine Eltern dazwischenwerfen, als wäre das wirklich so interessant. Abnabelungsprobleme nennt man das, glaube ich. Ich muss dringendst damit

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