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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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waterline«.
    »Und was machen wir heute, zur Feier unserer Gefangenschaft?«, frage ich erwartungsvoll.
    »Ich koche uns etwas, und dann dachte ich, könnten wir uns einfach betrinken. Ich habe Whiskey gekauft.« Er deutet auf die Flasche Red Label, die auf dem Tisch steht.
    »Ehrlich? Ich habe noch nie Whiskey getrunken.«
    »Dann feiern wir heute Whiskeypremiere.«
    Die Aussicht, sich sinnlos zu betrinken, finde ich nicht besonders verlockend. Die Aussicht, sich mit Whiskey und Zigaretten, guter Musik und Jeffer den Abend zu vertreiben, scheint vielversprechend.
    Ich gehe in mein Zimmer und ziehe mich um, Schlagjeans und ein bequemes Shirt aus Jeffers Schrank. Dann schicke ich an Maja noch eine SMS , dass es mir gut geht, und dass ich bald wieder zu Hause bin, und dass ich mich freue, sie wiederzusehen, dass ich jetzt aber möglicherweise nicht mehr so gut auf dem Handy zu erreichen sein werde. Sie soll sich noch eine schöne Zeit in meiner Wohnung machen. Kuss, kuss. Smiley.
    »Wow. Frauen in Männerklamotten sind unglaublich sexy«, sagt Jeffer als ich wieder in die Küche komme.
    Wir essen Reis mit Gemüse, getrocknete Tomaten, Weißbrot, Käse und Milkaschokolade zum Nachtisch. Ich trinke mein erstes Glas Whiskey zu Deep Purple. Er schmeckt scharf. Nicht unbedingt gut. Trotzdem lasse ich mir ein zweites Glas eingießen.
    Dann hole ich meine Kamera aus dem Zimmer, drücke auf Play und richte sie auf Jeffer, auf den Plattenspieler, auf die heruntergebrannte Zigarette im Ascher, auf die herausgezogene Telefonschnur, auf den Abwasch in der Spüle.
    »Tag eins. Samstagabend. Die Stadt bereitet sich auf eine einzige, große Party vor. Die Menschen gehen aus den Häusern, auf die Straße. Die Jungs suchen Mädchen zum Anmachen. Die Mädchen suchen Jungs zum Bewundern. Wir haben den Teil hinter uns gelassen. Jeffer und Frieda haben sich eingesperrt und die Welt da draußen ausgesperrt.«
    Ich halte die Kamera wieder auf Jeffer. Er grinst unverschämt in die Linse. Ich halte drauf. Er zündet sich eine Zigarette an und kippt den Whiskey in einem Zug runter.
    »Jeffer glaubt, er wäre Jim Morisson. Unverstanden, unwiderstehlich. Dabei ist er hier nur der DJ .«
    Er grinst weiter und fährt sich mit der Hand durch die Haare. Ich lege die Kamera kurz auf den Tisch, um mein Glas auszutrinken. Mir wird warm. Jeffer gießt gleich wieder nach. Dann legt er die Doors auf.
    Ich richte die Kamera wieder auf ihn. Er scheint nicht verlegen, wie es sonst üblich ist bei den Leuten. Im Gegenteil, es gefällt ihm. Er mag es, beobachtet zu werden. Dafür werde ich rot für ihn. Sein Blick in die Linse trifft direkt mich. Es kribbelt in meinem Bauch, und ich kann nur hoffen, dass es der Whiskey ist. Ich würde die Kamera gerne ausschalten, aber irgendwie ist es jetzt zu spät. Das Spiel hat begonnen, ich darf keinen Rückzieher mehr machen. Diesmal nicht.
    Jeffer senkt den Blick, er trommelt leise mit den Fingern auf den Tisch, dann schaut er wieder in die Kamera, verführerisch.
    Ich werde nervös und bin froh über die Kamera, die mich vor einer direkten Konfrontation schützt. Jeffer summt ein paar Zeilen des Songs mit, »… you know that I would be a liar, if I was to say to you, girl, we couldn’t get much higher …«
    Ein weiteres Glas Whiskey macht ihn mutiger, er steht auf und kommt direkt auf mich zu. Er nimmt behutsam die Kamera aus meiner Hand. Dann richtet er sie auf mich. Ich grinse verschämt, kurz, blicke scheu in die Linse und dann auf den Boden, zur Decke, auf meine Hände. Jeffer nimmt meine Hand und streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken, langsam und vorsichtig. Mein Atem geht schneller, ich möchte gerne den Pausenknopf drücken, um mich zu beruhigen.
    Ich nehme noch einen Schluck von dem Whiskey.
    Ich schließe meine Augen. Jeffer lässt meine Hand wieder los. Er dreht die Musik lauter. Ich höre, wie er die Kamera auf den Tisch legt. Dann ist er wieder da, ganz nah bei mir. Ich traue mich nicht, die Augen wieder zu öffnen. Seine Hände berühren mein Gesicht. Die Finger gleiten über meine Augenbrauen, die Wangen, die Lippen. Das Kribbeln wird stärker, und ich weiß jetzt, es kommt nicht von dem Whiskey.
    Und plötzlich sind Jeffers Lippen da, auf meinen. Weiche Lippen, die sich öffnen und nach Whiskey schmecken. Seine Zungenspitze, die über meine Oberlippe fährt, vorsichtig, zaghaft und dann immer bestimmter. Wir küssen uns, tatsächlich, lange. Vielleicht zehn Minuten, vielleicht auch länger.

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