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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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die den anderen streifen, Arme um die Schulter gelegt, Lippen, die Haare berühren oder Haut. Alles unschuldig, alles im Sinne der Kunst. Natürlich!
    Die Polaroids kleben wir an die grüne Wand, gleich neben die ganzen Rockstars. Jeffer tanzt zu Jefferson Airplane.
    »Hey Jeffer!« Es fällt mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. »Jefferson Airplane! Das sind doch deine Namensgeber!«
    »Glaubst du etwa, meine Mutter war ein Hippie?«, lacht er und macht ein paar schamanische Sprünge.
    »Mein Vater hat sich schon gefragt, was du für einen komischen Namen hast, aber jetzt ist doch alles klar!« Wie konnte mir das bloß so lange nicht auffallen?
    »Was hast du ihm von mir erzählt?«, fragt Jeffer und setzt sich außer Atem zu mir. Schulter an Schulter.
    »Gar nichts.« Ich rücke ein Stück weg, nicht absichtlich.
    »Oh. Gut.« Jeffer rückt wieder ran.
    »Mein Vater will nichts von Jungs hören, mit denen ich mich treffe. Er will überhaupt nicht, DASS ich mich mit Jungs treffe. Was für ein Klischee, was?«
    »Ja. Ein bisschen.«
    »Väter können schon ganz schön komisch sein. Süß irgendwie, aber eben komisch.«
    »Na ja, davon weiß ich nichts.« Jeffer fährt mit seinem kleinen Finger über meine Jeans, so unauffällig, dass ich es nicht bemerken müsste.
    »Dafür hast du eine Mutter, die so ist.«
    »Eher komisch als süß.«
    »Ich finde, du tust ihr Unrecht.«
    »Das hatten wir schon mal, oder?«
    »Ich wollte das nur noch mal sagen.« Ich drücke vorsichtig meinen Oberschenkel an seinen.
    Manchmal liegen wir einfach vor dem Fernseher und essen Schokolade.
    Obwohl wir die ganze Zeit in der kleinen Wohnung sind, wird es nicht langweilig.
    Am dritten Tag sitzen wir mit Keksen auf dem Flurboden und raten, wer gerade an die Tür klopft. Die Klopferei hat seit gestern stetig zugenommen. Es vergeht keine Stunde, in der nicht jemand vor der Tür auftaucht und mal mehr und mal weniger vehement gegen diese donnert.
    Jeffer ist davon amüsiert und ich nicht weiter verwundert. Dass er begehrt ist, wusste ich schließlich schon die ganze Zeit.
    Wir verhalten uns ganz still und flüstern uns die Namen derer zu, von denen wir glauben, dass sie vor der Tür stehen. Der Einsatz beträgt einen Euro. Ich habe bisher fünf und Jeffer zwölf.
    »Na ja, du bist ja auch im Vorteil. Ich kenne nur etwa die Hälfte der Leute, die hier so klopfen.«
    »Sei kein schlechter Verlierer.« Er knufft mich freundschaftlich in die Schulter. Irgendwie scheint mir diese Geste mittlerweile seltsam.
    Edgar war schon sieben Mal da gewesen. Wir haben ihn abwechselnd durch den Spion beobachtet. Er sah niedergeschlagen aus. Einmal hat er uns mit den Füßen am Boden scharren gehört. Er legte sein Ohr an die Tür und lauschte. Ich musste schwer an mich halten, um nicht loszuprusten, zumal Jeffer mir Grimassen geschnitten hat. Ein bisschen fies fand ich das schon und es tat mir leid. Eigentlich sollte man Freunde nicht so verarschen. Aber jetzt sind wir schon mittendrin.
    Es klopft wieder.
    »Irgendeine Tussi«, flüstere ich.
    »Nein, zwei«, flüstert Jeffer zurück.
    Wir legen unseren Einsatz auf den Boden und ich schleiche mich langsam zum Spion.
    »Ach du Scheiße. Das ist deine Mutter.«
    »Psst!« Jeffer legt seinen Finger auf die Lippen.
    »Aber es ist deine Mutter!«
    »Ganz oder gar nicht.« Er sieht mich herausfordernd an.
    Wir verharren in unseren Positionen, mein Herz schlägt aber schneller. Sie klopft noch drei Mal, dann geht sie davon. Leise verklingen ihre Schritte im Treppenhaus.
    Ich setze mich wieder zu Jeffer auf den Boden.
    »Das war jetzt nicht richtig.«
    »Komm schon, Frieda.«
    »Vielleicht war das wichtig.«
    »Ich werde mich schon noch bei ihr melden. Keine Sorge. Jetzt passt es einfach nicht.«
    »Das könnte ich nicht.«
    »Weil sie nicht deine Mutter ist.«
    »Ich könnte das bei meinen Eltern nicht.«
    »Schätz dich glücklich.«
    »Ist dir das wirklich egal?«
    »Das hat damit nichts zu tun. Wir spielen ein Spiel.«
    »Du spielst gerne Spiele, oder?«
    »Willst du mich jetzt kritisieren? Kein Bock drauf. Ich koche uns lieber noch einen Tee.«
    Er steht auf und geht in die Küche. Dann dreht er den Plattenspieler auf volle Lautstärke. Yardbirds.
    Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn ich vor der Tür gestanden hätte. Den langen Weg hergekommen. Sie ist seine Mutter. Man behandelt seine Eltern nicht so, das haben mir meine zumindest beigebracht. Jeffer ist voller Sarkasmus für seine Mutter. Das ist

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