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Ich zog mit Hannibal

Ich zog mit Hannibal

Titel: Ich zog mit Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Baumann
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mir.
    »Wir verstehen uns, du Racker!« Hannibal nahm den Rüssel und rieb an ihm sein Gesicht. Dann sah er zu Karthalo und mir herauf. »Was soll das!«, rief er gut gelaunt. »Hast du einen Sohn?«
    »Man kann es so sagen«, prahlte Karthalo, »der Junge verdankt mir sein Leben.«
    »Nun, du kleiner Karthalo, wie kommst du mit Suru aus?«, fragte mich Hannibal.
    »Es könnte nicht besser sein«, sagte ich mit karthagischen Worten.
    »Du bist kein Karthager?«, fragte Hannibal überrascht.
    »Er ist eben dabei, einer zu werden«, versicherte Karthalo.
    Hannibal lachte. »Du und Suru   – ihr passt gutzusammen.« Dabei sah er mich an, nicht Karthalo. Noch niemals hatte ich solche Augen gesehen.
    »Auf dich baue ich, du kleiner Karthager«, sagte er zu mir. »Solche wie dich kann ich brauchen.«
    Mein Gesicht fing an zu brennen. Ich spürte Hannibals Blick noch, als er bereits auf sein Pferd gestiegen war, um weiterzureiten.
    »Mit ihm wirst du ziehen«, flüsterte Karthalo hinter mir. »Möchtest du noch mit einem tauschen, der nicht zu uns gehört?«
    Ich sagte nein, aber das Nein blieb in der Kehle stecken.
    »Vergiss nicht, dass du geschworen hast, wie er die Römer zu hassen!«
    Mein Blick hing an Hannibal, der davonritt. Ich war nicht im Stande einzugestehen, dass ich nicht geschworen hatte, nicht einmal mir selbst.

9
    Ich sah ihn nun oft, beinahe jeden Tag, und er übersah mich nie, wenn ich in seiner Nähe auftauchte. »Mein kleiner Karthager!«, rief er mir von weitem zu. Alle im Lager schien er zu kennen, obgleich es viele Tausende waren, gut vierzigtausend. Er brachte es fertig, dass jeder glaubte, Hannibal kenne ihn. Und vielleicht wusste er auch wirklich bei jedem, wen er vor sich hatte. Sie alle hatten ihn auf einer Reihe von Feldzügen begleitet, hatten sich mit ihmdie Beute geteilt und waren dabei nie zu kurz gekommen. Sie hatten mit ihm gehungert, sich unter seinen Augen ausgezeichnet oder Wunden empfangen. Die meisten hatten schon unter seinem Vater gedient und hatten nie auf Sold warten müssen. Manch einen hatte Hannibal aus einem Getümmel gehauen. Auf blutigen Feldern waren sie mit ihm wie Tote gelegen, wenn ihnen nach getaner schrecklicher Arbeit die Waffen aus den Händen gefallen waren.
    Das alles wusste ich von Karthalo, der kein Ende fand, wenn er davon anfing. Seit Hannibal im Lager war, erzählte er nicht mehr von Elefanten, sondern fast nur von ihm. »In ihm hat jeder von uns einen Bruder«, beteuerte er, »wie Barkas, sein Vater, ein Vater für jeden von uns war. Ganz gleich, woher einer kommt   – in Hannibals Lager vergisst er es und wird zum Karthager.«
    Nicht nur von Hannibal, auch von Barkas wusste Karthalo Geschichten. »Selbst wenn sie ihn in die Enge getrieben hatten, ließ er den Feinden das Nachsehen«, sagte er. »Einmal, als römische Galeeren das Schiff mit den Purpursegeln, auf dem sich Barkas befand, umstellt hatten, verteidigte er sich, nachdem die letzten Lanzen geschleudert waren, mit tönernen Töpfen. Er ließ sie auf die Verfolgerschiffe hinüberwerfen. Die Römer lachten über die seltsamen Wurfgeschosse, aber als die Töpfe zerbrachen, lachten sie nicht mehr: Plötzlich wimmelten ihre Schiffe von Nattern, die wütend auf sie losgingen. Barkas entkam. Er entkam auch aus den Felsennestern von Erys und Eirkte, in denen er sich mit seinen Getreuen imersten Krieg gegen die Römer gehalten hatte. Er zahlte, was Rom für den freien Abzug verlangte: achtzehn Denare für jeden Mann   – und Rom, nicht er zahlte drauf; denn mit diesen Losgekauften eroberte Barkas Iberien und mit ihnen wird Hannibal in Rom einrücken, das hat er in Gades versprochen.«
    Nun wusste ich, warum Hannibal in Gades gewesen war   – an der Stelle, an der Afrika und Iberien einander am nächsten kommen, an den Säulen des Herkules. Diesem Helden, aus dem ein Gott geworden war, hatte Hannibal auf Drängen Bogus, des Oberpriesters, ein Opfer gebracht.
    »Bogu ist sehr dafür, die Götter von Zeit zu Zeit freundlich zu stimmen«, sagte Karthalo. »Ich finde, ein Hannibal hat das nicht nötig. Hat er nicht uns? Im Lager ist keiner, der sich nicht für ihn in Stücke reißen ließe   – bis auf die zwei Aufpasser«, verbesserte er sich.
    Fünf Tage später waren deren Namen in aller Munde.
    Myrkan, Barmokar! Handlanger Roms! So wurde in den Lagergassen geschrien. Das ganze Lager befand sich in Aufruhr. Karthalo zog mich mit. Wieder funkelten seine Augen bedrohlich.
    Sie stehen am Pranger!,

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