Ich zog mit Hannibal
habe er Fieber.
7
Nicht nur Karthalo – alle im Lager waren von einem Fieber ergriffen. Fieberhaft wurden Waffen und Kriegsgerät instand gesetzt. Die Söldner hatten rote Gesichter, sie hielten Speerspitzen und Schwertklingen in die Sonne, um sich zu überzeugen, ob siegenügend blitzten. Von Panzern wurden Rostflecken getilgt, die Reiter striegelten ihre Pferde und wischten so lange an Sätteln und Waffen, bis sie vom Helm herab zu den Hufen ein Funkeln durchlief. Die Lagergassen wurden gefegt, vor dem roten Zelt Teppiche aufgerollt und an Stangen breite, purpurfarbene Tücher gehisst. Diese Tücher und alle Zelte gerieten in Aufruhr, als sich vom Meer her ein Wind erhob. Die Luft war voll von Fragen, Rufen, Befehlen; zuweilen auch von Gebrüll, wenn ein Hauptmann fand, sein Pferd blitze weniger als das eines anderen Hauptmanns, oder wenn an einer Wurfmaschine eine Spur Rost entdeckt worden war. Wer eine blinde Stelle an seinem Schild übersah, dem wurden schlimmere Strafen angedroht als einem Mörder und es kam vor, dass Offiziere ganze Hundertschaften mit Knien und Ellbogen den Sand vor dem Lagertor aufpflügen ließen, statt ihnen Zeit zu geben, die Waffen, die ihrer Meinung nach nicht genug funkelten, auf Glanz zu bringen. Je höher einer gestellt war, desto aufgeregter – das war die Regel. Auch bei den Indos war es so, dass mancher nicht wusste, wo ihm der Kopf stand. Karthalo tat mit Überlegung, was getan werden musste, und er griff manchem, der fürchtete, nicht fertig zu werden, unter die Arme. Es war ohnehin unerlässlich, dass einer dem anderen half: Pferde kann einer allein aufzäumen, nicht aber Elefanten.
»Du wirst Suru nicht wieder erkennen!«, kündigte Karthalo noch einmal an, als wir Suru zu den Zelten hinführten, in denen alles Elefantenzeug den Winter über verwahrt worden war.
Nach ein paar Stunden stand vor mir ein Koloss, in dem ich Suru erst entdecken musste. Über die Flanken hing eine Decke von Furcht erregendem Rot, die Brust war von einer Eisenplatte bedeckt, die von Stacheln starrte. Auf den Kopf war ein Busch aus Straußenfedern gepflanzt, rot, als wären die Federn mit Blut besprengt. Aus Suru war eine Festung geworden, die sich in Marsch setzte, wenn Karthalo es befahl.
Er tat es mit einer Stimme, die ich nicht an ihm kannte. Die bewegliche Festung rückte dorthin, wo er sie haben wollte. Er führte Suru anderen Treibern vor und ließ ihn bewundern und er selbst lobte, was die anderen Treiber aus ihren Elefanten gemacht hatten.
So hatte ich die Elefanten von der Mauer aus gesehen, ehe Sagunt zerstört worden war. Nun betrachtete ich sie aus der Nähe – ohne die mindeste Furcht. Suru schien bedrückt. Er starrte vor sich hin ins Leere. Ich fragte Karthalo, ob Suru etwas fehle.
»Was sollte ihm fehlen?«, verwahrte er sich. »Nun ist mehr an ihm, als er von sich aus hat.« Er brach das Gespräch ab, ärgerlich über mich oder Suru, ich war nicht ganz sicher.
»Dass du mir keine Schande machst – morgen!«, ermahnte er Suru. »Keinen wird er so genau ansehen wie dich. Auf dich setzt er, das weißt du!« Suru ließ nicht erkennen, ob er in sich aufnahm, was Karthalo zu ihm sagte. Auch am Abend, als er angepflockt wurde, ohne Purpurdecke und Panzerplatte und Federbusch, stand er verschlossen da. Bei den übrigen Elefanten war es nicht anders. Alle hatten mürrische Mienen. Es war unverkennbar, dass sie nicht gern hatten, was nun mit ihnen getrieben wurde.
Karthalo ließ Suru stehen. Auf dem Wege zum Zelt sagte er nichts, im Zelt aber ließ er seinem Unwillen freien Lauf.
»Was fällt ihm ein, so dreinzusehen, als wäre er noch immer der harmlose Grasfresser, der er einmal war, und nicht ein Koloss, bei dessen Anblick Legionen zittern.«
Karthalo war wütend, er sah aus, als wollte er sich auf jemanden stürzen, aber nun im Ernst, nicht nur so, wie er auf Roccos Treiber losgegangen war. Seine Augen funkelten böse, die Narbe brannte. »Die Wolfsbrut«, sagte er hasserfüllt, »um sie zu zerstampfen, dafür gibt es Elefanten, wozu denn sonst!« Er setzte wieder sein gewohntes Gesicht auf, nur die Augen blieben erbost. »Es ist gar nicht so einfach, sie zu bekommen und so weit zu bringen, dass sie tauglich sind für den Krieg«, erklärte er. »Es gibt in der Berberei Wälder und Schluchten, in denen sie sich besser auskennen als wir. Sogar Posten stellen sie in der Steppe auf, gewitzte Burschen, die verdammt gut aufpassen, ob nichts in der Luft liegt. Oft
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