Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten
Haus erledigt, habe gelernt und ein bisschen Spaß gehabt. Ich habe auch eine lange Liste zusammengestellt, was ich unbedingt alles am Nachmittag tun will, mein Kopf ist randvoll mit interessanten Ideen und Plänen. Und genau so soll es auch bitte schön immer bleiben.
»Es gibt viel zu viele Dinge in der Welt, über die ich nachdenken muss, als dass ich Zeit hätte, mir Gedanken zu machen, was ich zu Mittag essen will, Daddy«, antworte ich deshalb, und er schaut mich an, als wäre ich echt ein Rätsel.
Das gibt es bei mir jeden Tag zum Abendbrot: was immer Mama und Daddy zubereiten, und davon möglichst viel. Außer bei Limabohnen oder Rosenkohl.
Mama und Daddy fragen mich: »Willst du noch ein bisschen mehr, Ida B?«
Und fast immer antworte ich: »Ja, BIIT-TE.« Vor allem beim Nachtisch.
Ansonsten reden wir beim Abendbrot einfach über den Tag und darüber, was wir morgen tun wollen, und sie fragen mich zum Beispiel: »Was ist das Verb in dem Satz ›Mama reichte Ida B nur unwillig noch eine Scheibe Brot‹?«, oder: »Ida B, buchstabier mal das Wort ›überschwänglich‹ und gebrauch es in einem vollständigen Satz.«
Und dann antworte ich eben. Außer natürlich, wenn ich den Mund voll habe.
Na ja, solche Dinge beim Abendbrot zu bereden mag ja vielleicht etwas seltsam klingen. Ich meine, ich war auch schon bei anderen Leuten zu Hause zum Essen, und die fragen einander nicht: »Welcher Planet ist der Sonne am nächsten, mein Schatz, und würdest du mir mal bitte die Kartoffeln reichen?« Egal ob mit vollem Mund oder leerem.
Der Grund für unsere seltsamen Gespräche ist, dass ich bis letztes Jahr zu Hause Unterricht hatte. Das bedeutete, ich stand morgens mit Mama und Daddy auf und half ihnen bei den Arbeiten im Haus. Dann lernten Mama und ich Mathe und Naturkunde, zum Beispiel das Einmalacht oder die einzelnen Teile einer Pflanze oder sie sagte: »Ida B, wenn ich dir zwanzig Dollar gebe, um im Supermarkt Mehl zu kaufen...«
Doch weiter kam sie nicht, denn ich fragte: »In welchem Supermarkt?«
»Das spielt keine Rolle.«
»Geh ich denn zu Fuß? Also, ich finde, das ist zu weit für mich, zu Fuß bis zum Supermarkt in der Stadt und dann einen großen Sack Mehl nach Hause schleppen.«
Mama runzelte die Stirn und sagte zu mir: »Oh, Ida B, lass mich doch bitte mal ausreden«, geradeso als würde ich ihre Geduld ernsthaft auf die Probe stellen.
Dabei hatte ich gar nicht die Absicht, ein Grund für Kopfschmerzen zu sein. Mir war nur so, als würde sie mir eine Geschichte über mich erzählen, und da wollte ich natürlich genau wissen, was geschah, damit ich einen
Plan machen konnte. Es gibt nämlich noch etwas, was ich dir über mich erzählen muss. Ich glaube, ein guter Plan ist der beste Weg, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und eventuell die Welt zu retten. Ich verbringe sehr viel Zeit damit, Pläne zu machen.
Schließlich sagte Mama: »Lass uns also noch mal von vorn anfangen. Billy Rivers’ Mutter gab ihrem Sohn zwanzig Dollar, um im Supermarkt...«
»Wer ist Billy Rivers?«, fragte ich.
»Niemand, den es wirklich gibt. Stell ihn dir einfach vor.«
»Könnte er dann auch ein Mädchen sein statt ein Junge? Und könnte sie vielleicht Delilah heißen? Und könnte sie eine grüne Sonnenbrille tragen, die funkelt...«
»Ida B!«
»Also gut, mach weiter.«
Sie gab mir die restlichen Informationen, ich schrieb die Zahlen auf ein Blatt Papier und bekam in neunundneunzig Prozent der Fälle die richtige Lösung heraus. Mama meinte dann: »Sehr gut, Ida B, sobald du erst mal auf den Punkt kommst.«
Später am Nachmittag las Daddy mit mir im großen Sessel oder wir schrieben Geschichten. Die meiste Zeit aber lebten wir einfach wie immer, redeten über Dinge und bauten dann aus Gemüse das Sonnensystem.
Oder Mama ließ mich im Supermarkt ausrechnen, wie viel Wechselgeld wir an der Kasse bekämen, und ich sagte: »Sieben Dollar und sechsundachtzig Cents.«
»Das ist aber eine Kluge«, meinte die Kassiererin dann zu Mama.
Und Mama erwiderte: »Hmmm…«, wobei nur eine Seite ihres Mundes ein Lächeln hervorbrachte.
Zu Hause Unterricht zu haben bedeutete, wir lasen und sprachen über den Berg und die Felsen in unserem Tal und darüber wie lange sie schon existierten und dass sie sich nur ganz allmählich veränderten und schon viel früher hier gewesen waren als wir und auch noch lange nach uns da sein würden. Wenn ich dann meine Wange an den großen Stein legte, der
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