Ida B ... und ihre Pläne, so viel Spaß wie möglich zu haben, Unheil zu vermeiden und (eventuell) die Welt zu retten
schon gar nicht über meine bahnbrechende, die Welt erschütternde Erfindung.
Also, bei der Ärztin kamen wir jedenfalls echt schnell dran. Sie untersuchte so ziemlich alles an mir und fragte mich dann: »Hast du irgendetwas mit deinem Gesicht gemacht, Ida B?« Da erzählte ich ihr von der »Seifenmaske«.
Sie hörte ganz genau zu und meinte dann: »Ida B, dein Gesicht ist deshalb so rot, und du fühlst dich, als ob es wie Feuer brennt, weil die Haut von dem Spülmittel ganz gereizt ist. Ich gebe dir jetzt eine Lösung, die sie beruhigt, dann wird dein Gesicht bestimmt bald wieder in Ordnung sein.« Danach warf sie mir noch ein Lächeln zu und sagte: »Aber von jetzt an keine Spülmittel-Masken mehr, einverstanden?«
Obwohl sie ja vielleicht nicht so gut gewirkt hatte wie geplant, glaubte ich doch, die Ärztin hätte gemeint, eine »Seifenmaske« ohne Spülmittel sei durchaus eine
hervorragende Idee, die ich unbedingt weiterverfolgen sollte. Also fühlte ich mich ermutigt. Und sie hatte zudem gesagt, dass die blitzenden Flammen, die mein Gesicht leider noch immer von innen nach außen verschlangen, mit einer ganz einfachen Lösung bald schon gelöscht wären.
»Gut«, sagte ich und schaute mit einem Lächeln zu Mama und Daddy.
Bis zu diesem Punkt hatten sie sehr nervös dreingeschaut. Sie hielten sich an den Händen und starrten erst mich, dann die Ärztin an.
Aber während die Ärztin mit mir sprach, verwandelten sie sich plötzlich. Zuerst stieß Mama einen tiefen Seufzer aus und Daddy lächelte und schüttelte nur den Kopf. Dann nahm er mich hoch und sagte: »Oh, Ida B.« Und Mama umarmte uns beide. Auf der Stelle feierten wir eine Gott-sei-Dank-Ida-B-ist-gesund-Party, und das Einzige, was fehlte, waren Kuchen und Geschenke.
Nachdem wir uns und die Ärztin genug in die Arme geschlossen und der Sprechstundenhilfe die Hand gedrückt hatten, stiegen wir wieder in den Truck und fuhren nach Hause.
Aber ehe Daddy den Motor anließ, drehte sich Mama noch mal zu mir um und sagte ganz ernst: »Ida B, so eine Fahrt zur Ärztin kostet viel Geld, deshalb musst du uns immer sagen, ob irgendwas nicht in Ordnung ist, einverstanden?«
Ich zog die Augenbrauen hoch und machte die Augen so groß wie ihre, damit sie merkte, auch ich meinte es ernst. »Einverstanden, Mama«, sagte ich.
Doch in meinem Hinterkopf dachte ich: Wenn ein Kind so lange warten würde, etwas auszusprechen, bis sich alle Erwachsenen beruhigen und ihm ein bisschen Raum geben, seinen Teil zu sagen, blieben die meisten wichtigen Dinge immer unausgesprochen.
4. KAPITEL
Abends, wenn er mit der Arbeit fertig war und wir puffsatt vom Essen waren, Rufus winselnd herumlief in der Hoffnung, jemand würde sich um ihn kümmern und mit ihm eine Runde drehen, und draußen leuchteten die Sterne und kamen einem so nah vor, als ob man sie pflücken könnte, sagte Daddy manchmal: »Komm, Ida B, lass uns mit Rufus hinausgehen und die Welt anschauen, während sie schläft.«
»Einverstanden, Daddy«, antwortete ich. Und wir machten uns auf den Weg durch die Felder, die Obstplantage und um den Fuß des Berges herum. Rufus lief voraus und versuchte herauszufinden, in wie viele Dinge er seine Nase an einem Abend stecken konnte, ohne zurückgestoßen, gestochen oder angesprüht zu werden.
Und Daddy erzählte mir unterwegs tiefsinnige und bleibende Wahrheiten. Deshalb versuchte ich, mich so still zu verhalten, wie es nur geht, wenn man so ist wie ich, und einfach bloß zuzuhören.
Eines Abends, als wir wieder spazieren gingen, atmete Daddy tief durch, und es klang so, als wenn man etwas riecht und die Luft einsaugt, und dann stößt man sie mit einem Seufzer wieder aus. Bei ihm bedeutet das immer: Gleich kommt etwas sehr Wichtiges.
»Ida B«, sagte er, um sicher zu sein, dass ich auch zuhörte.
»Ja, Daddy«, antwortete ich zur Bestätigung.
»Ich will, dass du über etwas nachdenkst.«
»Einverstanden.«
Daddy blieb stehen, da blieb ich auch stehen. Denn manchmal, wenn du etwas Tiefsinniges und Bleibendes sagst, möchtest du, dass es das Einzige ist, was du tust, und dass für die andere Person Zuhören das Einzige ist, was sie tut. Wir schauten beide geradeaus auf die Felder, den Berg und den Himmel vor uns. Und dann fing er an.
»Ida B, eines Tages wird dieses Land dir gehören.«
»Ja, Daddy.«
»Und das Gesetz wird sagen, dass du dieses Land besitzt und damit weitgehend machen kannst, was du willst.«
»Ja, Daddy«, sagte ich wieder, weil ich wusste,
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