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Identität (German Edition)

Identität (German Edition)

Titel: Identität (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Chaon
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vielleicht selbstsicher, beruhigend zuzwinkert – ein leises tschk, tschk aus dem Mundwinkel –, unvermittelt seine Fesseln sprengt und eine Pistole zückt, die er in seinem Wadenhalfter versteckt hatte, und die Kugeln schlagen in den Hinterkopf des Folterers ein, der daraufhin mitten in der Bewegung erstarrt und vornüberfällt, und dein Dad grinst dich verlegen an, während er sich das Klebeband von den Beinen reißt und herumwirbelt, die Waffe im Anschlag, und auf die Spießgesellen anlegt –
    Und dann gibt es den Vater von stählerner Entschlossenheit. Den Vater, der dir seine knirschenden Zähne zeigt: Lass dich nicht kleinkriegen! Wir stehen das gemeinsam durch! Es wird alles gut!
    Oder den betroffenen Vater – mit Augen, die von Zärtlichkeit und Kummer schwimmen, Augen, die dir sagen: Ich bin bei dir. Wenn du leidest, werde ich zehnfach leiden. Ich schicke dir all meine Liebe und Kraft …
    Und dann gab es Jay. Blut war ihm aus dem Haar ins Gesicht geflossen, Tränen hatten sich hier und da Pfade durch das angetrocknete Blut gebahnt, und als sich ihre Augen begegneten, war es schon viel, dass sie sich gegenseitig erkannten.
    Zum ersten Mal seit langem dachte Ryan an Owen. Seinen anderen Vater. Seinen einstigen Vater – den Vater, den er sein Leben lang gekannt, der ihn aufgezogen hatte, der ihn nun für tot hielt. Gut möglich, dass Owen genau in diesem Augenblick in Iowa aufwachte, um die Hündin rauszulassen. Er würde im Pyjama auf dem Rasen stehen und ihr zuschauen, wie sie schnüffelte und im Kreis herumtrottete, zu den Straßenlaternen hinübersehen, die mit der aufgehenden Sonne immer matter leuchteten, sich bücken, um die Zeitung vom Rasen aufzuheben.
    Einen Moment lang war Ryan fast dort. Er hätte wie ein Vogel in der alten Eiche vor dem Haus sitzen und zärtlich von oben hinunterschauen können, während Owen den Daily Nonpareil auspackte, um die Schlagzeilen zu überfliegen; während Owen mit den Fingern schnippte und pfiff und die Hündin, mit sich zufrieden, angerannt kam; während Owen einen Blick nach oben warf, als könnte er irgendwo über sich Ryan spüren, der sich hinunterbeugte, eine Lufthand, die zausend über Owens ungekämmten, verschlafenen Kopf strich.
     
    «Dad», sagte Ryan. «Dad, bitte, Dad.»
    Und er sah Jay zusammenzucken. Jay sah ihn nicht an, er hob den Kopf nicht, aber ein Schauder durchfuhr ihn, und der Mann im Anzug richtete sich interessiert auf.
    «Ach du liebe Güte», sagte er. «Das ist eine unerwartete Entwicklung.»
    Ryan senkte den Kopf.
    «Ryan», sagte der Mann, «ist das dein Vater?»
    «Nein», flüsterte Ryan.
    Er ließ die Augen wieder auf den wolkenförmigen Wasserfleck auf dem Tisch fallen. Ein Kontinent, dachte er wieder. Eine Insel, wie Grönland, ein imaginäres Land, und er ließ seine Augen dem Verlauf der Küste folgen, den Buchten und Archipelen, und konnte beinah die Stimme der Meditations-CD hören.
    Stell dir einen Ort vor , sagte die Stimme. Achte als Erstes auf das Licht. Ist es grell, natürlich oder matt? Achte außerdem auf die Temperatur. Heiß, warm oder kühl? Werde dir der Farben bewusst, die dich umgeben. Gestatte dir, einfach nur da zu sein …
    Ein Versteck, dachte er, und eine Sekunde lang konnte er sich die Zelte vorstellen, die er als Kind immer aufgebaut hatte, darin Küchenstühle, mit einem großen Quilt verhängt, den dunklen Raum in der Mitte, wo er Kissen und Stofftiere aufhäufte, sein ganz persönliches unterirdisches Nest, das sich, wie er sich vorstellte, auswärts in weiche, halbdunkle, sich schlängelnde Gänge ausdehnte, die aus Federn und Decken bestanden.
     
    «Ich werde mit der linken Hand anfangen», sagte der Mann. «Dann ist der linke Fuß dran. Und dann die rechte Hand und so weiter.»
    Der Mann streckte die Hand aus und berührte, ganz leicht, die sommersprossige Haut von Ryans Unterarm.
    «Wir werden hier eine Aderpresse anbringen», murmelte er. «Was ziemlich kneifen wird. Aber auf die Art wirst du nicht ganz so schnell verbluten, wenn ich dir die Hand abschneide.»
    Aus welchem Grund auch immer war Ryan nicht ganz bei der Sache. Er dachte an Owen. Er dachte an diese Geisterhand, die damals, als er ein Student in einem Wohnheimzimmer gewesen war, von unten aufgetaucht war und ihn am Handgelenk gepackt hatte. Er dachte an seine Höhle unter der Steppdecke.
    Der Mann sagte: «Oberhalb des Handgelenks? Oder unterhalb des Handgelenks?»
    Und Ryan wusste kaum, was da gefragt wurde, bis er spürte, wie

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