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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Sohnes aus guter Familie mit einer kleinen Kammerzofe versetzt
     niemanden in Erregung, viel weniger jedenfalls als ein öffentliches Konkubinat mit einer alten Frau! Und wer sollte es wagen,
     Signora Vittoria meine Entlassung abzutrotzen?
    Sowie Giulietta aus dem Zimmer ist, verschließe ich die Tür des kleinen Vorzimmers und versuche, Signora Vittoria, deren Lider
     schon flattern und deren Gesicht wieder etwas mehr Farbe bekommt, durch leichte Klapse auf die Wangen aus ihrer Ohnmacht zu
     erwecken. Sie tut mir leid, denn mit dem Bewußtsein wird ihr auch die Erinnerung an das Unglück zurückkehren. Doch ich verliere
     den Kopf nicht. Und als ich sehe, daß sie meine Worte verstehen kann, sage ich hastig:
    »Signora, ich habe zugeriegelt. Ich dachte, Ihr würdet jetzt niemanden empfangen wollen.«
    Sie murmelt mit schwacher Stimme:
    »Du hast recht. Niemanden.«
    Und als Giulietta bei ihrer Rückkehr vor verschlossener Tür steht und von der Galerie aus nach mir ruft, finde ich nur mit
     Mühe den richtigen Ton, um ihr zu sagen:
    |245| »Ich bedaure außerordentlich, Signorina. Auf Befehl der Signora habe ich zugeriegelt. Sie möchte niemanden sehen.«
    »Wer sagt das?« fragt Giulietta irritiert.
    »Die Signora natürlich, Signorina.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Signora«, wende ich mich an meine Herrin, »Signorina Giulietta glaubt mir nicht.«
    »Bitte, Giulietta, laß mich in Ruhe«, verlangt die Signora mit schwacher Stimme, aber deutlich genug. »Ich möchte allein sein.«
    »Gut, wie du willst!« entgegnet Giulietta wütend. »Ich wollte dir nur helfen.«
    Schade, daß ich mich nicht zerteilen kann: ich stünde gern hinter der Tür, um ihr den Zutritt zu verwehren, und gleichzeitig
     vor der Tür, um mit anzusehen, wie ihre Nase immer länger wird. Ich stoße einen Seufzer der Erleichterung aus. Madonna mia!
     wir sind noch mal davongekommen. Und weiß Gott! ich hatte zu Recht gezittert, denn kaum habe ich die zweite Tür – die zwischen
     meinem Zimmer und dem der Signora – geschlossen, stößt die Signora wirre Worte hervor, die aber für Giulietta, hätte sie sie
     gehört, nur allzu deutlich gewesen wären.
    »Dieser Elende hat ihn getötet«, sagt die Signora. »Er hat sein Versprechen gebrochen, sein eidliches Versprechen! Francesco
     hatte sich ihm edelmütig gezeigt, und das ist der Lohn! Ein gemeiner Hinterhalt! Ein feiger Totschlag! Bezahlte Mörder! Er
     hat nicht einmal den Mut aufgebracht, ihn eigenhändig zu töten! Oh, wie abscheulich! Das werde ich ihm niemals verzeihen!
     Ein Held? Er? Ein schöner Held! Kein Türke hätte niederträchtiger handeln können! Aber ich werde Francesco rächen! Ich werde
     den Fürsten, diesen Feigling, öffentlich bloßstellen. Ich werde alles gestehen. Ganz Rom soll erfahren, wie er mich gefügig
     gemacht, mit schönen Worten eingelullt und mit seiner schmutzigen Liebe besudelt hat. Alle sollen wissen, wie edelmütig Francesco
     ihm Gnade erwiesen hat und mit welcher Niedrigkeit er dagegen … Oh, ich hasse ihn! Ich hasse ihn!«
    Ich höre der Signora aufmerksam zu und erstarre vor Entsetzen. Kein einziges Wort kann ich einwerfen. Sie hat sich erhoben
     und läuft im Zimmer auf und ab, denn auf die Sprachlosigkeit des ersten Kummers folgt nun ein Strom abgerissener |246| Worte, die sie mit (glücklicherweise) leiser Stimme hervorstößt, während sie sich in die Fäuste beißt, tränenlos, mit blitzenden
     Augen und vor Zorn verzerrtem Mund.
    Als sie endlich wieder zu Atem kommt, sage ich leise, aber in sehr bestimmtem Ton:
    »Alles gestehen, Signora? Das glaubt Ihr doch selbst nicht! Man wird Euch öffentlich den Prozeß wegen Ehebruchs machen. Und
     dann wird man Euch, da Ihr durch Heirat zum Adel gehört, die große Gnade erweisen, Euch mit einer roten Seidenschnur zu erdrosseln.«
    »Na gut!« ruft sie erregt mit weit aufgerissenen Augen und hebt den Kopf. »Dann sterbe ich eben. Ich habe so viel zu büßen!
     Ist nicht Francesco meinetwegen getötet worden?«
    »Ihr habt recht, Signora«, entgegne ich kühl. »Mit einer roten Seidenschnur erdrosselt zu werden ist noch das kleinste Übel.
     Es braucht nur eine Minute zum Sterben. Eine Minute vergeht schnell. Selbst wenn die Sekunden lang sind. Aber wer nicht adlig
     ist, wird gehängt. Und wie
il mancino
sagt, dauert es zwanzig Minuten, bis ein Gehenkter ausgelitten hat.«
    »Warum erzählst du mir das, Caterina?« fragt sie bewegt.
    »Weil ich nicht adlig bin, Signora. Und auf Grund Eures

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