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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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der Bargello, scheint mir, einen großen Köder hin, und ich frage mich, ob es im Interesse der Signora ist oder
     nicht, anzubeißen. Ich glaube eher: ja. Es ist ihm vermutlich berichtet worden, daß ich in der besagten Nacht keinen Schritt
     von der Signora gewichen bin und wahrscheinlich alles gehört habe, was zwischen ihr und Signor Peretti gesprochen wurde. Diesen
     Punkt habe ich übrigens schon mit ihr erörtert, als sie die Briefe verbrannte, und wir haben uns auf eine Version geeinigt,
     die von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt ist, ihr allerdings auch nicht so nahe kommt, daß die Signora dadurch kompromittiert
     werden könnte. Während ich mir das alles in Windeseile durch den Kopf gehen lasse, spiele ich vor dem |251| Bargello die Kokette, um seinen durchdringenden Blick von meinem Gesicht abzulenken. Ich weiß nicht, ob mir das wirklich gelingt.
     Sobald der Blick seiner dunklen Augen sich weglocken läßt und sich ein bißchen weiter nach unten verirrt, wendet der Bargello
     ihn schnell wieder ab und sieht mir durchdringend in die Augen.
    »Ich bin mir nicht sicher«, sage ich mit gespieltem Zögern, »ob die Signora mag, daß ich Euch das erzähle …«
    »Zier dich nicht so, meine Schöne, sprich! Ich werde dir Dank dafür wissen.«
    »Also gut. An jenem Donnerstag hat es eine kleine Auseinandersetzung zwischen der Signora und Signor Peretti gegeben. Die
     Signora hatte den ganzen Tag heftige Kopfschmerzen gehabt, und als der Signore am Abend kam und die Nacht in ihrem Schlafzimmer
     verbringen wollte, verhielt sie sich ablehnend und ein bißchen …«
    »… ein bißchen unfreundlich, wie?«
    Nun, sagen wir, sie war nicht sehr nett. Signor Peretti wurde ärgerlich, und dann … Ihr wißt ja, wie das in solchen Fällen
     geht!«
    »Nein, das weiß ich nicht, ich bin nicht verheiratet.«
    »Es wurden die alten Kamellen aufgewärmt. Und vor allem die Sache in Santa Maria.«
    »Daß Signor Peretti plötzlich mit blankgezogenem Degen vor dem Haus auftauchte?«
    »Ja, unter anderem auch diese Geschichte.«
    »Gab es denn noch andere?«
    »Ja. Ziemlich belanglose.«
    »Erzähle.«
    »Am Abend vor diesem Streit in Santa Maria war ein schreckliches Gewitter. Signor Peretti ließ der Signora durch den Majordomus
     ausrichten, er fürchte für ihre Sicherheit und bitte sie, aus dem Häuschen in den Palazzo zurückzukehren.«
    »Und das warf sie ihm vor? Das war doch sehr aufmerksam?«
    »Sie warf ihm vor, den Majordomus geschickt zu haben und nicht selbst gekommen zu sein. Er habe sich vor dem Gewitter und
     den Blitzen gefürchtet, behauptete sie.«
    »Typisch Frau! Und wie nahm Signor Peretti das auf?«
    »Sehr schlecht. ›Ihr wagt es‹, sagte er, ›mir Feigheit vorzuwerfen?‹ Er war bleich wie der Tod, biß die Zähne zusammen |252| und konnte kaum sprechen. Und als er es endlich wieder vermochte, warf er seiner Frau zum ersten Mal recht harte Dinge an
     den Kopf.«
    »Zum Beispiel?«
    »›Ihr seid verrückt, richtig verrückt. Ihr lest zuviel! In Eurem Kopf spuken ja nur Eure Helden herum!‹ Und beim Hinausgehen
     schlug er die Tür heftig hinter sich zu.«
    »Um wieviel Uhr geschah das?«
    »Kurz vor elf, glaube ich. Denn gleich danach erschien mein Bruder mit dem bekannten Billett. Er kann leider nicht lesen,
     sonst hätte er es Signor Peretti niemals übergeben.«
    »Nicht einmal für zwanzig Piaster?«
    »Mein Bruder ist Signor Peretti sehr verpflichtet. Dank ihm ist seine Verbannung aus Rom aufgehoben.«
    »Dank ihm und dank meiner. Man hat mir berichtet, die ganze Familie sei in jenem Moment um den Signore versammelt gewesen
     und habe ihn mit Tränen und Jammern beschworen, nicht auf die Straße zu gehen.«
    »Das stimmt.«
    »Doch die Signora hielt sich abseits.«
    »Auch das ist richtig. Es ist nicht ihre Art, sich jemandem an den Hals oder zu Füßen zu werfen. Aber als sich Signor Peretti
     von den anderen frei gemacht hatte, wollte sie ihn überreden.«
    »Was hat sie ihm gesagt?«
    »Daß das Billett gefälscht und dieser Hilferuf eine Falle sei, vor der er sich hüten solle. Doch er hörte gar nicht zu. Er
     war immer noch wütend wegen ihrer Auseinandersetzung. Und auf alle Argumente der Signora erwiderte er nur immer wieder: ›Ich
     werde Euch beweisen, daß ich kein Feigling bin!‹«
    »Und was sagte die Signora darauf?«
    »Daß sie nicht habe sagen wollen, er sei ein Feigling. Dies sei ein Mißverständnis, und sie bitte ihn um Verzeihung. Doch
     er wollte nichts hören

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