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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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heimgerufen wurde, unser irdisches Jammertal verlassen hat und folglich nicht mehr imstande ist, Zuwiderhandlungen zu bestrafen.
     Zweitens, weil niemand präjudizieren darf, was der künftige Papst in dieser Angelegenheit befinden wird; Wunsch und Willen
     seines Vorgängers können für ihn nicht bindend sein, und er wird in voller Souveränität seine eigenen Entscheidungen treffen.
     
    Nachdem mir Vittoria dieses Gutachten übersetzt hatte, begab ich mich zu den Theologen und sagte:
    »Ehrwürdige Patres, Euer Gutachten ist ein Meisterwerk an Weisheit, Umsicht und Mäßigung. Es erfüllt mich mit großer Genugtuung.
     Meine unendliche Verbundenheit ist Euch auf immer gewiß. Dank Euch werden die Signora und ich wieder als christliche Eheleute
     in Würde und Treue zusammenleben können. Wollet noch einen Moment verweilen, bis mein Majordomus jedem von Euch ein materielles
     Unterpfand meiner Dankbarkeit überreicht hat. Ehrwürden, ich bitte Euch um Euer aller Gebet, damit das von Euch gerettete
     Band niemals wieder aufgelöst werden möge.«
    Daraufhin verneigten sich die Theologen und ließen ein freundliches Gemurmel hören. Ich begab mich aus dem Saal, und mein
     Majordomus rief als ersten Pater Luigi Palestrino auf. Doch ehe er aus Montegiordano schied, wollte ich ihn |377| noch einmal sehen, ging ihm entgegen und schloß ihn bewegt in die Arme, erstaunt darüber, nur ein Skelett an mich zu drücken.
    »Durchlaucht, Ihr erdrückt mich«, sagte der Pater, und seine Wangen röteten sich ein wenig. (Doch kann man von Wangen sprechen,
     wo nur pergamentene Haut die völlig fleischlosen Backenknochen überspannte?)
    »Verzeiht, Pater!« bat ich. »Aber Euch habe ich alles zu verdanken.«
    »In Wahrheit haben weder ich noch die anderen Patres viel geleistet. Ich weiß nicht einmal, ob wir berechtigt waren, das wenige,
     das wir getan haben, auch wirklich zu tun. Es genügt zwar, Euch die Wiederheirat zu erlauben. Doch Eure neuerliche Verbindung
     bleibt gefährdet, solange der künftige Papst sie nicht gebilligt hat.«
    Darüber täuschte ich mich nicht: er sagte die Wahrheit. Unser Warten und Bangen waren noch nicht vorbei. Wir hatten erst eine
     Etappe zurückgelegt.
    Am folgenden Tag, dem 24. April 1585, heiratete ich Vittoria in der Kapelle von Grottapinta zum zweiten Mal.

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    |378| KAPITEL XIII
    Seine Eminenz Kardinal di Medici:
     
    D’Este, Alessandrino, Santa Severina, Cherubi, Rusticucci und ich hatten uns als erste darauf verständigt, Montalto zum Papst
     zu wählen – ein illustrer, aber kleiner Kreis. Wir würden mindestens sechsmal so viele Verbündete brauchen, um Montalto durch
     Akklamation zur Wahl zu verhelfen. Wir sechs bemühten uns daher, unsere kleine Schar durch Flüsterpropaganda und mit allen
     bei solchen Gelegenheiten üblichen Tricks zu vergrößern.
    Allerdings wußte sich unser Kandidat, dem wir helfen wollten, auch selbst sehr gut zu helfen, denn er hatte von Beginn des
     Konklaves an große Vorsicht und außerordentliches Geschick bewiesen. Gleich am ersten Tag hatte er begonnen, alle Kardinäle
     in ihren Zellen zu besuchen. Er stellte sich ihnen mit lobenswerter Bescheidenheit vor, und ohne seine eigenen Ambitionen
     durchblicken zu lassen, versprach er ihnen, gegebenenfalls alles in seiner Macht Stehende für sie zu tun. Da er im Laufe der
     Jahre seine Confratres genau beobachtet und viele Informationen über sie eingeholt hatte, wußte er, wie man jeden einzelnen
     zu nehmen hatte.
    Er versöhnte sich mit Cherubi, dem er früher hart zugesetzt hatte, entschuldigte sich dafür, daß er ihn »zu seinen Gondeln
     zurückgeschickt« hatte, und fügte beziehungsvoll hinzu, letzteres könne sich vielleicht als kluge Voraussicht erweisen, wenn
     sein Gesprächspartner, wie er hoffe, eines Tages die Geschicke der Kirche von Venedig leiten werde …
    Montalto besaß einen Scharfblick, der an Prophetie grenzte. Während die meisten Kardinäle fälschlich annahmen, ich hegte die
     Hoffnung, unter dem künftigen Papst erneut Staatssekretär zu werden, hatte Montalto begriffen, daß ich dieses Amtes müde war.
     Als ich ihn in seiner Zelle besuchte, sprach er davon überhaupt nicht, sondern nur von seiner Sympathie für das Großherzogtum
     Toskana und von seinem lebhaften Wunsch, es seine Unabhängigkeit »allen Widersachern zum Trotz« (zwei fellos |379| eine Anspielung auf Philipp II.) bewahren zu sehen. Ihm war natürlich bekannt, daß mein älterer Bruder, der Großherzog,

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