Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
Plattform wechselte.
Und das war im Grunde der Haken an der Sache, wenn es darum ging, einen Job zu finden. Laney war das Gegenstück zu einem Wassersucher: ein kybernetischer Wünschelrutengänger. Er konnte nicht erklären, wie er seine Arbeit machte. Er wusste es einfach nicht.
Zu Slitscan war er von DatAmerica gekommen, wo er wissenschaftlicher Assistent bei einem Projekt mit dem Codenamen TIDAL gewesen war. Es sagte einiges über die
Unternehmenskultur bei DatAmerica, dass es Laney nie gelungen war, in Erfahrung zu bringen, ob TIDAL nun ein Akronym war oder worum es (auch nur in groben Zügen) bei TIDAL ging. Er hatte seine Zeit damit verbracht, gewaltige Ströme undifferenzierter Daten zu überfliegen und »Knotenpunkte« zu suchen. Ein französisches Wissenschaftlerteam hatte ihn darin ausgebildet, sie zu erkennen. Sie waren alle eifrige Tennisspieler gewesen, aber keiner von ihnen hatte auch nur die geringste Lust gehabt, Laney diese Knotenpunkte zu erklären, so dass ihn allmählich das Gefühl beschlich, dass er als eine Art einheimischer Führer fungierte. Worauf sich das Interesse der Franzosen auch richtete, er war dazu da, es für sie aufzutreiben. Und es schlug Gainesville um Längen. Bis TIDAL, was immer es war, eingestellt wurde, und es für Laney bei DatAmerica offenbar nichts mehr zu tun gab. Die Franzosen waren weg, und als Laney mit anderen Forschern darüber zu sprechen versuchte, was sie machten, sahen sie ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.
Als er zu dem Vorstellungsgespräch bei Slitscan gegangen war, hatte Kathy Torrance dieses Gespräch mit ihm geführt. Er hatte nicht wissen können, dass sie Abteilungsleiterin war oder dass sie bald seine Vorgesetzte sein würde. Er sagte ihr die Wahrheit über sich. Jedenfalls weitgehend.
Sie war die blasseste Frau, die Laney je gesehen hatte. Blass bis zur Durchsichtigkeit. (Später erfuhr er, dass es viel mit Kosmetik zu tun hatte, insbesondere mit einer britischen Produktpalette, die sich spezieller, das Licht beugender Eigenschaften rühmte.)
»Tragen Sie immer malaysische Imitationen blauer Buttondown-Oxfordhemden von Brooks Brothers, Mr Laney?«
Laney hatte auf sein Hemd hinuntergeschaut oder es zumindest versucht. »Malaysisch?«
»Die Stichlänge stimmt haargenau, aber das mit der Fadenspannung haben sie noch nicht raus.«
»Oh.«
»Schon gut. Ein bisschen prototypischer Spießer-Schick könnte bei uns hier doch für eine gewisse Reibung sorgen. Die Krawatte könnten Sie aber weglassen. Ja, unbedingt. Und stecken Sie sich einen Packen Filzstifte in die Tasche. Unzerkaut, bitte. Dazu einen von diesen dicken, flachen Markern in so einem richtig ekligen fluoreszierenden Farbton. «
»Machen Sie Witze?«
»Wahrscheinlich, Mr Laney. Darf ich Sie Colin nennen?«
»Ja.«
Sie hatte ihn nie »Colin« genannt, weder damals noch später. »Sie werden merken, dass Humor bei Slitscan sehr wichtig ist, Laney. Ein unentbehrliches Hilfsmittel zum Überleben. Und Sie werden feststellen, dass hier am besten zurechtkommt, wer ziemlich indirekt ist.«
»Wie meinen Sie das, Miss Torrance?«
»Kathy. Ich meine, dass man ihn kaum wirkungsvoll in einem Memo zitieren kann. Oder vor Gericht.«
Yamasaki war ein guter Zuhörer. Er zwinkerte, schluckte, nickte oder fummelte am Kragenknopf seines bunt karierten Hemds herum, was auch immer, und vermittelte mit all dem irgendwie, dass er begriff, worauf Laney hinauswollte.
Keith Alan Blackwell war da ganz anders. Er saß so unbeweglich da wie ein Klumpen Rindfleisch, ohne sich auch nur einmal zu rühren, außer wenn er die linke Hand hob und an dem verstümmelten Ohrläppchen herumdrückte und drehte, dem einzigen Überrest seines linken Ohrs. Er tat das, ohne zu zögern oder in Verlegenheit zu geraten, und Laney gewann den Eindruck, dass es ihm eine gewisse Erleichterung verschaffte. Das Narbengewebe rötete sich ein wenig unter Blackwells fürsorglichen Fingern.
Laney saß auf einer Polsterbank, mit dem Rücken an der Wand. Yamasaki und Blackwell saßen ihm an dem schmalen
Tisch gegenüber. Hinter ihnen schwebten die holografischen Züge des Namensgebers der Kette über den einheitlich schwarzhaarigen Köpfen nächtlicher Roppongi-Kaffeetrinker vor einem knalligen Sonnenuntergangspanorama schneebedeckter Andengipfel. Die Lippen des Comic-Amos sahen aus wie aufgeblasene rote Gummiwürstchen, eine Rassenparodie, mit der sich der Laden im gesamten L. A.-Becken einen Brandbombenanschlag
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