Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
ziehen.
Auf einmal waren sie in einer Einbuchtung oder einer Nische, in der es relativ ruhig war. »Wo sind wir?«, fragte Laney.
»Hier lang …« Etwas schlug Laney gegen die Schienbeine. »Barhocker«, sagte Willy Jude, »’tschuldigung.« Glas barst unter Laneys Schuhen.
Ein Bogen grünlichen Lichts, ein halber kursiver Buchstabe, der in der Dunkelheit hing. Noch ein paar Schritte, dann sah er die Grotte. Willy Jude ließ seinen Gürtel los. »Hier kannste sehen, oder? Dieses biolumineszente Zeugs?«
»Ja«, sagte Laney, »danke.«
»Nimmt meine Brille nicht auf. Ich krieg Infrarot von warmen Körpern, aber die Stufen kann ich nicht sehen. Führ mich runter.« Er nahm Laneys Hand. Sie gingen zusammen
die Treppe hinunter. Ein Trio schwarz gekleideter Japaner schoss an ihnen vorbei, ließ einen hochhackigen Pumps auf der überkrusteten Treppe zurück und verschwand um den Treppenabsatz. Laney stieß den Schuh aus Willy Judes Weg und ging weiter.
Als sie auf dem Absatz um die Ecke bogen, war Arleigh dort, eine grüne Sektflasche über die Schulter erhoben. In ihrem Mundwinkel war ein Blutfleck, dunkler als ihr Lippenstift. Als sie Laney sah, ließ sie die Flasche sinken. »Wo haben Sie denn gesteckt?«, fragte sie.
»Auf dem Lokus«, sagte Laney.
»Sie haben die Show verpasst.«
»Was ist passiert?«
»Verdammt«, sagte sie, »mein Mantel ist noch oben.«
»Los, los, weiter«, drängte Willy Jude.
Weitere Treppen, weitere Absätze, auf die wenigen Wände der Grotte folgte Beton. Immer wieder kamen Menschen heruntergerannt, an ihnen vorbei, einzeln und in Pulks, nahmen die Treppen zu schnell. Laney rieb sich die Rippen an der Stelle, wo er aufs Glas gefallen war. Es tat weh, aber irgendwie hatte er sich nicht geschnitten.
»Die haben wie welche vom Kombinat ausgesehen«, sagte Arleigh. »Große, hässliche Typen, mieses Outfit. Ich konnte nicht erkennen, ob sie’s auf Rez oder auf die Idoru abgesehen hatten. Als hätten sie gedacht, sie könnten einfach so reinmarschieren und das Ding abziehen.«
»Was abziehen?«
»Keine Ahnung«, sagte sie. »Kuwayama hatte mindestens ein Dutzend seiner eigenen Security-Leute an den beiden nächsten Tischen. Und Blackwell betet wahrscheinlich jede Nacht, bevor er ins Bett geht, um so eine Szene. Er hat in sein Jackett gelangt, und das Licht ist ausgegangen.«
»Er hat’s ausgemacht«, sagte Willy Jude. »So ’ne Art Fernbedienung. Er kann im Dunkeln besser sehn als ich mit diesen Infrarotdingern. Keine Ahnung, wieso, aber er kann’s.«
»Wie sind Sie rausgekommen?«, fragte Laney Arleigh.
»Taschenlampe. In meiner Handtasche.«
»Laney-san …«
Laney schaute sich um und sah Yamasaki. Ein Ärmel seines grün karierten Jacketts war an der Schulter abgerissen, und in der Brille fehlte ein Glas. Arleigh hatte ein Telefon aus ihrer Handtasche geholt und versuchte leise fluchend, es in Betrieb zu setzen.
Yamasaki holte sie auf dem nächsten Absatz ein. Zu viert gingen sie weiter hinunter. Laney hielt noch immer die Hand des blinden Drummers.
Als sie auf die Straße hinauskamen, waren die mürrischen Türsteher des Western World nirgends zu sehen. Ein einzelner Polizist mit einem Regenschutz aus Plastik über seiner Mütze sprach leise und hektisch in ein Mikrofon, das vorn an seinen Regenumhang geklemmt war. Dabei marschierte er in engen Kreisen und fuchtelte dramatisch mit einem weißen Stock vor sich hin. Allerlei fremdartige Sirenen näherten sich von allen Seiten dem Western World, und Laney glaubte, einen Hubschrauber zu hören.
Willy Jude ließ Laneys Hand los und justierte seine Videobrille auf den Lichtpegel der Straße. »Wo ’s mein Wagen?«
Arleigh ließ ihr Telefon sinken, das jetzt anscheinend funktionierte. »Komm lieber mit uns, Willy. Irgend so ’n Einsatzkommando ist hierher unterwegs …«
»Geht doch nichts über so was richtig Körperliches«, sagte Rez, und Laney drehte sich um und sah den Sänger aus dem Western World kommen, wobei er sich etwas Weißes von seinem dunklen Jackett wischte. »Zu viel Zeit im Virtuellen, da vergessen wir das, nicht? Du bist Leyner?« Er streckte die Hand aus.
»Laney«, sagte Laney, als Arleighs dunkelgrüner Van neben ihnen hielt.
28 EINE FRAGE DER FINANZIERUNG
Maryalice zog eine gerundete Schublade auf, die ins Kopfteil des pinkfarbenen Bettes eingebaut war. Sie trug ein schwarzes Kostüm mit großen roten Paillettenrosen im Stil von Ashleigh Modine Carter an den Revers. Sie nahm eine kleine blaue
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