Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
Glasschale heraus und balancierte sie auf dem Knie. »Ich find Läden wie den hier zum Kotzen«, sagte sie. »Es gibt viele Möglichkeiten, Sex als hässlich hinzustellen, aber es ist schon schwer, ihn so lächerlich erscheinen zu lassen.« Sie klopfte das graue Ende ihrer Zigarette in die blaue Untertasse. »Wie alt bist du eigentlich?«
»Vierzehn«, sagte Chia.
»So ziemlich, was ich ihnen gesagt hab. Du bist wirklich vierzehn, fünfzehn, und du hast es nie im Leben auf mich abgesehen gehabt. Ich hatte’s auf dich abgesehen, stimmt’s? Ich hab das eingefädelt. Ich hab dir was untergejubelt. Aber sie glauben mir nicht. Sie sagen, du bist eine ausgebuhte Kleine und ich bin einfach blöd, und dass dich dieser Rez nach SeaTac geschickt hat, um an das Zeug ranzukommen. Sie sagen, das mit dir ist ’ne abgekartete Sache, und ich bin verrückt, wenn ich glaube, dass ein Kind so was nicht draufhätte.« Sie sog mit zusammengekniffenen Augen an der Zigarette. »Wo ist es?« Sie schaute auf Chias Tasche hinunter, die offen auf dem weißen Teppich stand. »Da drin?«
»Ich wollte es nicht stehlen. Ich wusste nicht, dass es drin war.«
»Das weiß ich«, sagte Maryalice. »Was ich ihnen gesagt hab. Ich wollte es mir im Club von dir zurückholen.«
»Ich versteh das alles nicht«, sagte Chia, »es macht mir einfach nur Angst.«
»Manchmal bring ich Eddie was mit. Was für die Partys im Club. Es ist illegal, aber so illegal nun auch wieder nicht, weißt du? Eigentlich keine harten Sachen. Aber diesmal hat er noch was nebenbei laufen gehabt, mit den Russen, und das hat mir nicht gefallen. Das macht mir nämlich Angst, dieses Zeug. Als ob’s lebendig wäre.«
»Was für ein Zeug?«
»Diese Nanotechnik. Assembler, so heißen die.«
Chia schaute in ihre Tasche. »Das Ding in meiner Tasche ist ein Nanotech-Assembler?«
»Eher so ’ne Art Vorstufe. So was wie ’n Ei, oder ’ne kleine Fabrik. Man steckt das Ding in ’ne andere Maschine, die sie programmiert, und sie fangen an, sich selber aus allem herzustellen, was gerade zur Hand ist. Und wenn genug davon da sind, fangen sie an, alles zu bauen, was sie eben bauen sollen. Es gibt so ’ne Art Gesetz dagegen, dieses Zeug ans Kombinat zu verkaufen, also wollen sie’s unbedingt haben. Und Eddie hat ’ne Möglichkeit ausbaldowert, wie man’s hinkriegen kann. Ich hab mich im SeaTac-Hyatt mit zwei so unheimlichen Deutschen getroffen. Die waren von irgendwo eingeflogen, vielleicht aus Afrika, hab ich mir gedacht. « Sie zerdrückte das brennende Ende der Zigarette in der kleinen blauen Schale, wodurch der Gestank noch schlimmer wurde. »Sie wollten es mir nicht geben, weil sie Eddie erwartet hatten. ’ne Menge Hin und Her am Telefon. Schließlich haben sie’s doch getan. Ich sollte es zu dem andern Zeug in den Koffer tun, aber es hat mich nervös gemacht. Ich hätte am liebsten was dagegen eingenommen. « Sie sah sich in dem Zimmer um und stellte die blaue Schale mit der zerdrückten Zigarette auf einen viereckigen schwarzen Beistelltisch. Irgendein Handgriff, und die Vorderseite ging auf. Es war ein Kühlschrank voller kleiner Flaschen. Maryalice bückte sich und spähte hinein. Das pistolenförmige
Feuerzeug rutschte von dem rosafarbenen Bett. »Kein Tequila«, sagte sie. »Jetzt sag mir mal, warum jemand einen Wodka ›Komm zurück Lachs‹ nennt …« Sie nahm ein quadratisches Fläschchen mit einem Fisch an der Seite heraus. »Aber die Japaner, die tun’s.« Sie schaute auf das Feuerzeug hinunter. »So wie ein Russe ’nen Zigarettenanzünder macht, der wie ’ne Pistole aussieht.«
Chia sah, dass Maryalice ihre Haarteile nicht mehr drinhatte. »Als sie auf SeaTac die DNA-Proben genommen haben«, sagte Chia, »da haben Sie die Spitze Ihrer Haarteile reingesteckt …«
Maryalice zerbrach das Siegel der kleinen Flasche, öffnete sie, leerte sie mit einem Schluck und schüttelte sich. »Die sind alle aus meinen eigenen Haaren«, sagte sie. »Hab sie mir rauswachsen lassen, als ich so ’ne Art Gesundheitsdiät gemacht habe, verstehst du? Mit diesen Haarproben schnappen sie Leute, die sich ’n bisschen was Gutes getan haben. Manchmal hält sich das Zeug lange in den Haaren.« Maryalice stellte die leere Flasche neben die blaue Schale. »Was macht er?« Sie zeigte auf Masahiko.
»Er portet«, sagte Chia, weil ihr keine Möglichkeit einfiel, auf die Schnelle die Ummauerte Stadt zu erklären.
»Das seh ich. Ihr seid hergekommen, weil man sich in so ’nem Laden
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