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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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– begnügen, die ihr erklärte, Kelsey van Troyer sei im Augenblick nicht zu Hause. Chia ging raus, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Die nächste Adresse, die sie ausprobierte, war die von Zona, aber Zonas Provider war nicht am Netz. Das kam in Mexiko häufig vor, besonders in Mexico City, wo Zona wohnte. Sie beschloss, es an Zonas Geheimort zu versuchen, weil der sich in einem Mainframe in Arizona befand, der nie abgeschaltet war. Sie wusste, dass Zona es nicht mochte, wenn man dort einfach so auftauchte, weil sie nicht wollte, dass die Firma, die die ursprüngliche Website angelegt und sie dann vergessen hatte, entdeckte, dass
Zona reingegangen war und dort ihr eigenes Land aufgebaut hatte.
    Sie fragte den Sandbenders, wo sie jetzt am Port war. In Helsinki, lautete die Antwort. Zumindest funktionierte also diese Port-Umleitung im Hotel.
    Bei Zona war es wie immer kurz vor Einbruch der Abenddämmerung. Chia suchte den Boden eines trockenen Swimmingpools nach Zonas Eidechsen ab, sah sie jedoch nicht. Normalerweise waren sie dort und warteten auf einen, aber diesmal nicht. »Zona?«
    Chia schaute nach oben und fragte sich, ob sie diese unheimlichen Kondor-Dinger sehen würde, die Zona hielt. Der Himmel war schön, aber leer. Ursprünglich war dieser Himmel der wichtigste Teil dieses Ortes gewesen, und man hatte dafür keine Kosten gescheut. Richtiger Himmel: tief und sauber und mit einer absonderlichen mexikanischen Tönung wie blasses Türkis. Sie waren mit Leuten hierhergekommen, um ihnen Flugzeuge – Firmenjets — zu verkaufen, als die Jets noch in der Entwurfsphase waren. Es hatte eine weiße Betonpiste gegeben, aber Zona hatte sie zu einem Canyon gefaltet und ihr neue Oberflächen verpasst. Das ganze Lokalkolorit war Zonas Werk: die Lagerfeuer, die kaputten Pools und die Mauerreste. Sie hatte Landschaftsdateien importiert, vielleicht sogar reale Sachen, die sie irgendwoher aus Mexiko kannte. »Zona?«
    Etwas rappelte oben auf dem nächsten Kamm, wie Kieselsteine auf einem Blech.
    — Schon gut. Eine der Eidechsen. Sie ist jetzt einfach nicht da.
    Ein Zweig brach. Näher.
    – Hör auf mit dem Mist, Zona.
    Aber sie ging raus.
    Die digitalisierten Fische schwammen hin und her.
    Das war äußerst unheimlich gewesen, obwohl sie nicht genau wusste, warum. Irgendwie war es noch immer unheimlich.
Sie schaute zur Tür ihres Zimmers und ertappte sich bei dem Gedanken, was sie wohl vorfinden würde, wenn sie dorthin zeigte. Das Bett, ihr Lo/Rez-Skyline-Poster, den Lo-Agenten, der sie auf seine geistlose, freundliche Art begrüßte. Aber wenn sie was anderes vorfand? Etwas, was auf sie wartete. Ihr war, als hörte sie noch immer dieses Rappeln oben am Hang. Und wenn sie zur Drahtgittertür mit dem Zimmer ihrer Mutter dahinter ging? Wenn sie die Tür aufmachte und das Zimmer ihrer Mutter tatsächlich da war, wenn dort jedoch nicht ihre Mutter, sondern was anderes auf sie wartete?
    Sie machte sich ja bloß selbst verrückt. Sie schaute auf ihren Stapel Lo/Rez-Alben neben der bunt bedruckten Lunchbox, ihr virtuelles Venedig daneben. Selbst ihr Music Master würde ihr jetzt das Gefühl geben, jemanden um sich zu haben. Sie öffnete es, sah zu, wie die Piazza gleich einem unglaublich komplizierten Hochklappbuch aus Papier im Schnellvorlauf dekomprimierte, wie die Fassaden und Kolonnaden in der Hintergrundbeleuchtung der Stunde vor der Dämmerung eines Wintermorgens um sie herum aus dem Boden schossen.
    Sie wandte sich vom Wasser ab, wo die Vorderteile schwarzer Gondeln wie Zeichen in einem verlorengegangenen Notensystem auf und ab wippten, hob den Finger und schoss vorwärts, ins Labyrinth hinein, und dachte dabei, dass dieser Ort auf seine Weise ebenso seltsam gewesen war wie Masahikos Ummauerte Stadt, und überhaupt, was hatte es mit all dem eigentlich auf sich?
    Und erst, als sie die dritte Brücke überquerte, bemerkte sie, dass er nicht da war.
    – He.
    Sie hielt an. In einem Schaufenster waren Karnevalsmasken zu sehen, die echten, alten. Schwarzes Leder mit Penisnase, leere Augenlöcher. Ein Spiegel, über den vergilbtes Crêpe drapiert war.

    Sie checkte den Sandbenders, um sich zu vergewissern, dass sie ihn nicht abgeschaltet hatte. Nein.
    Chia schloss die Augen und zählte bis drei. Zwang sich, den Teppichboden im Hotel Di zu spüren, auf dem sie saß. Öffnete die Augen.
    Die schmale venezianische Straße mit dem abschüssigen, stufenförmig angelegten Kopfsteinpflaster öffnete sich am jenseitigen Ende zu

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