Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
hereinzukriegen, aber er war trotzdem auf Creedmore angewiesen, um zu dem Parkhaus zu kommen, in dem sie den Hawker-Aichi abstellen sollten. Als Rydell ihn deshalb aufweckte, schien Creedmore nicht genau zu wissen, wer Rydell war, aber es gelang ihm ziemlich gut, das zu verbergen. Immerhin wusste er genau, wohin sie fahren mussten, nachdem er eine zusammengefaltete Geschäftskarte aus der Uhrtasche seiner Jeans zurate gezogen hatte.
Es war ein altes Gebäude in einer Gegend, in der solche Gebäude normalerweise in Wohnhäuser umgewandelt wurden, aber der viele NATO-Draht deutete darauf hin, dass dies noch kein luxussaniertes Gebiet war. Ein paar Wachleute mit dicken Abzeichen von Universal, einer Firma, die hauptsächlich geringwertigen Gebäudeschutz im gewerblichen und industriellen Bereich machte, kontrollierten die Zufahrt. Sie waren in einem Büro am Tor postiert und sahen Real One. Ihr Flachbildschirm stand auf einem großen stählernen Schreibtisch, der aussah, als hätte irgendwer jeden Quadratzentimeter mit einem Schlosserhammer mit Kugelfinne bearbeitet. Kaffeebecher aus dem Takeaway und Essensbehälter aus weißem Styropor. Rydell kam das alles sehr vertraut vor, und er dachte, dass ihre Schicht jetzt, um sieben Uhr morgens, wohl bald zu Ende sein würde. Nicht der schlechteste aller schlechten Jobs.
»Wir bringen ’ne Überführung«, erklärte er ihnen.
Auf dem Flachbildschirm war ein Reh zu sehen. Dahinter die vertrauten Umrisse der verlassenen Wolkenkratzer im Zentrum von Detroit. Das Real-One-Logo in der Ecke rechts unten verriet ihm den Kontext: wieder so ein Tierfilm.
Sie gaben ihm ein Eingabegerät, damit er die Reservierungsnummer auf Creedmores Papier eintippen konnte, und wie sich herausstellte, war alles bezahlt. Er musste auf dem Eingabegerät unterschreiben – da. Sie sagten ihm, er solle den Wagen in Parkbucht dreiundzwanzig, sechste Ebene abstellen. Er verließ das Büro, stieg wieder in den Hawker; fuhr die Rampe hinauf. Nasse Reifen quietschten auf Beton.
Creedmore machte gerade seine Morgentoilette. Sie bestand darin, dass er sich mit den Fingern mehrmals durch die Haare fuhr, sie an den Jeans abwischte und sich dann die Augen rieb. Er betrachtete die Resultate im beleuchteten Spiegel auf der Rückseite der Beifahrer-Sonnenblende. »Zeit für ’nen Drink«, sagte er dem Spiegelbild seiner blutunterlaufenen Augen.
»Sieben Uhr morgens«, meinte Rydell.
»Meine Rede«, sagte Creedmore und klappte die Blende wieder hoch.
Rydell fand die Nummer dreiundzwanzig auf dem Beton zwischen zwei in weiße Staubschutzhauben eingepackten Fahrzeugen. Er bugsierte den Hawker vorsichtig hinein und machte sich daran, ihn abzuschalten. Dazu brauchte er nicht mal aufs Hilfsmenü zuzugreifen.
Creedmore stieg aus und ging weg, um irgendwo an einen Reifen zu pissen.
Rydell vergewisserte sich, dass sie nichts im Innenraum liegen gelassen hatten, löste den Gurt, beugte sich hinüber, um die Beifahrertür zuzuziehen, öffnete den Kofferraum und die Fahrertür, sah noch einmal nach, ob er die Schlüssel hatte, stieg aus und schloss die Tür.
»He, Buell. Dein Freund holt ihn hier ab, stimmt’s?« Rydell nahm seinen Matchbeutel aus dem abstrus kleinen
Kofferraum des Hawker-Aichi, dessen Abmessungen ihn an das Innere eines Kindersarges erinnerten. Da nichts weiter drin war, nahm er an, dass Creedmore ohne Gepäck reiste.
»Nee«, sagte Creedmore. »Sie lassen ihn hier oben einstauben. « Er knöpfte sich gerade den Hosenstall zu.
»Dann geb ich die Schlüssel den Universal-Jungs unten?«
»Nein, die gibst du mir.«
»Ich hab unterschrieben«, wandte Rydell ein.
»Gib schon her.«
»Buell, für dieses Fahrzeug trage ich jetzt die Verantwortung. Ich hab unterschrieben, dass es hier drin ist.« Er schloss den Kofferraum und aktivierte die Sicherheitssysteme.
»Treten Sie bitte zurück«, sagte der Hawker-Aichi. »Respektieren Sie meine Grenzen, wie ich die Ihren respektiere.« Er hatte eine schöne, seltsam geschlechtslose Stimme, sanft, aber fest.
Rydell trat erst einen, dann noch einen Schritt zurück.
»Der Wagen und die Schlüssel gehören meinem Freund, und ich soll sie ihm geben.« Creedmore legte die Hand auf die große Lassowerferschnalle, als wäre sie das Ruder seines persönlichen Staatsschiffs, aber er wirkte unsicher, als würde ihm sein Kater zu schaffen machen.
»Sag ihm einfach, die Schlüssel sind hier. So läuft die Sache. Ist für alle Seiten sicherer.« Rydell schulterte
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