Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
’ne Motion-Capture-Geschichte.«
    »Nein«, sagte Tessa, »nach nichts und niemand. Sie ist die Echte. Hundertpro unwirklich.«
    »Dann wollen die Leute eben das sehen«, sagte Chevette und sah Rei Toei durch eine Art retro-asiatischen Nachtklub schweben, »aber keine ehemaligen Fahrradkurierinnen aus San Francisco.«
    »Nein«, sagte Tessa, »das siehst du genau verkehrt. Die Leute wissen nicht, was sie wollen, bevor sie’s nicht sehen. Jedes Objekt der Begierde ist ein gefundenes Objekt. Normalerweise jedenfalls.«
    Chevette sah Tessa über die beiden leeren Corona-Flaschen hinweg an. »Worauf willst du bloß raus, Tessa?«
    »Auf die Doku. Sie muss über dich sein.«
    »Vergiss es.«
    »Nein. Meine Visionen gehen bei der Sache voll ab. Ich brauch dich als Fixpunkt. Ich brauch ’nen erzählerischen Faden. Ich brauche Chevette Washington.«
    Chevette bekam es nun ein bisschen mit der Angst. Das machte sie wütend. »Hast du nicht ein Stipendium für dieses eine spezielle Projekt gekriegt, über das du dauernd geredet hast? Dieses innersituelle Dings …«
    »Hör mal«, sagte Tessa, »wenn das ein Problem ist – und ich sage nicht, dass es eins ist –, dann ist es mein Problem. Und es ist kein Problem, sondern eine Gelegenheit. Es ist eine Chance. Meine Chance.«

    »Tessa, du wirst mich nie und nimmer dazu bringen, in deinem Film mitzuspielen. Niemals. Kapiert?«
    »›Spielen‹ sollst du auch gar nicht, Chevette. Du brauchst nur du selbst zu sein. Und dazu gehört, dass du rausfindest, wer du eigentlich bist. Ich werde einen Film darüber machen, wie du rausfindest, wer du eigentlich bist.«
    »Aber sonst geht’s dir gut«, sagte Chevette, stand auf und stieß gegen den Kameraträger, der während ihrer Unterhaltung auf Kopfhöhe herabgesunken sein musste. »Hör auf damit!« Sie schlug nach Gottes kleinem Spielzeug.
    Die anderen vier Gäste im Dirty Is God sahen sie bloß an.

16 SUBROUTINEN
    Laney kommt allmählich der Verdacht, dass es sich bei diesem Loch im Kern seines Wesens, dieser grundlegenden Abwesenheit nicht so sehr um eine Abwesenheit im Ich als vielmehr um eine des Ichs handelt.
    Irgendetwas ist mit ihm passiert, seit er in die Pappkartonstadt gekommen ist. Ihm dämmert langsam, dass er zuvor auf irgendeine unvorstellbare Weise buchstäblich kein Ich gehabt hat.
    Aber was, fragt er sich, ist da vorher gewesen?
    Subroutinen: wenig anpassungsfähige Überlebensmuster, die verzweifelt zusammenwirkten, um annähernd so etwas wie Laney zu erschaffen, ohne dass es ihnen jemals vollständig gelungen wäre. Und das erkennt er erst jetzt, obwohl ihm irgendwie schon immer deutlich bewusst gewesen ist, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
    Irgendetwas sagt ihm das. Offenbar etwas im Kern und in der Totalität von DatAmerica. Wie ist das möglich?
    Doch jetzt liegt er in Schlafsäcken aufgestützt im Dunkeln, als wäre er im Mittelpunkt der Erde, und hinter den Pappwänden sind von Keramikfliesen ummantelte Betonwände, dahinter liegt der Sockel dieses Landes, Japan, und die Vibration der Züge ist eine Erinnerung an tektonische Kräfte, an die Verschiebung von Platten mit kontinentalen Ausmaßen.
    Irgendwo in Laneys Innerem verschiebt sich auch etwas. Da ist Bewegung und das Potenzial für noch größere Bewegung, und er fragt sich, warum er keine Angst mehr hat.

    Und all das ist irgendwie ein Geschenk der Krankheit. Nicht des Hustens oder des Fiebers, sondern dessen, was ihm das Wohlbefinden und die innere Ruhe geraubt hat — seiner Ansicht nach das Resultat des 5-SB, das er vor so langer Zeit im Waisenhaus von Gainesville eingenommen hat.
    Wir waren allesamt Freiwillige, denkt er, als er die Hände um den Datenhelm klammert, der subjektiven Kamera über den Rand eines Datenkliffs folgt und sich die Steilwand dieser Code-Mesa hinabstürzt, eine Wand, die aus fraktal differenzierten Informationsfeldern besteht, in denen sich, wie er mittlerweile vermutet, eine ihm unbegreifliche Macht oder Intelligenz verbirgt.
    Etwas, was Substantiv und Verb zugleich ist.
    Wohingegen der angesichts des Informationsdrucks mit weit aufgerissenen Augen in die Tiefe stürzende Laney weiß, dass er selbst nur adjektivisch ist: ein laneyfarbener, verschwommener Fleck, der ohne Kontext nichts bedeutet. Ein mikroskopisch kleines Rädchen in einem verhängnisvollen Plan. Aber an einer zentralen Stelle, das spürt er.
    Am kritischen Punkt.
    Und deshalb ist an Schlafen nicht mehr zu denken.

17 ZODIAK
    Sie bringen den

Weitere Kostenlose Bücher