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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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stand im warmen Schatten des Carports und schaute in die schimmernden Tiefen des sich bewegenden Wasserfalls auf der Kühlerhaube des Sneaker von Hernandez’
Tochter. Nebel stieg durchs grüne Geäst des Regenwaldes auf. Er hatte mal eine Harley gesehen, auf der überall, wo sie nicht dreifach verchromt war, im Zeitraffertempo lebensgroße Insekten herumwimmelten. Skorpione, Tausendfüßler, alles Mögliche.
    »Schau mal«, sagte Hernandez, »siehst du, da, wo ’s so unscharf ist? Soll ’n verdammtes Faultier oder so sein, Mann. Ein Lemur , verstehst du? Mit Herstellergarantie.«
    »Wann soll ich hinfahren?«
    »Ich geb dir ’ne Nummer.« Hernandez gab Rydell einen zerrissenen gelben Papierfetzen. »Ruf da an.«
    »Danke.«
    »He«, sagte Hernandez, »ich will dir doch nur was Gutes tun. Ehrlich, Mann. Will ich.« Er strich über die Motorhaube des Sneaker. »Schau dir diesen Scheiß an. Herstellergarantie , du dickes Ei.«

8 DER MORGEN DANACH
    Chevette träumte, dass sie die Folsom entlangfuhr. Ein starker Seitenwind drohte sie in den Gegenverkehr zu drücken. Sie bog links ab in die sechste Straße, hatte den Wind jetzt im Rücken, fuhr an der Howard und der Mission bei Rot und an der Market bei Tiefgelb über die Kreuzung, tippte kurz auf die Bremse und hoppelte über die beiden Gleise weg.
    Sie kam tief vornübergebeugt herunter und sauste auf der Taylor den Nob Hill hinauf.
    »Diesmal schaff ich’s«, sagte sie.
    Wie eine Wilde strampelnd – der Wind eine starke Hand in ihrem Kreuz, der Himmel klar und lockend auf der Hügelkuppe – , schaltete sie ihre Kette per Hand auf einen riesigen, maßgefertigten Zahnkranz, der zu groß für ihre Kettenschaltung und überhaupt für jeden Rahmen war, und spürte, wie die glänzenden Zähne fassten. Ihr Gestrampel wurde zu einem stetigen Kreisen – aber dann kam sie aus dem Tritt.
    Sie stellte sich in die Pedale, begann zu treten und zu schreien; Milchsäure schoss durch ihre Adern. Sie war oben auf der Kuppe, sie hob ab …
    Farbiges Licht fiel durch die getönten Tortenkeilscheiben des runden Fensters in Skinners Bude. Dienstagmorgen.
    Zwei kleinere Glasscheiben waren herausgefallen; die Lücken waren mit Stofffetzen ausgestopft, die Schatten auf die zerfledderte gelbe Wand voller National Geographic -Titel warfen. Skinner saß in einem alten karierten Hemd im Bett und hatte die Decken und den Schlafsack bis zur Brust
hochgezogen. Sein Bett bestand aus einer Eichentür mit acht Paneelen auf vier rostigen VW-Felgen und einer dicken Schaumstoffmatte obendrauf. Chevette schlief auf dem Boden, auf einer schmaleren Schaumstoffmatte, die sie jeden Morgen zusammenrollte und hinter eine lange Holzkiste mit lauter schmierigem Werkzeug drin stopfte. Der Geruch des Schmierfetts stieg ihr manchmal sogar noch im Schlaf in die Nase, aber das störte sie nicht.
    Sie streckte den Arm in die Novemberkälte hinaus und nahm einen Sweater von der Sitzfläche eines mit Farbe bekleckerten Holzhockers. Sie stopfte den Sweater in ihren Schlafsack, schlüpfte umständlich hinein und zog ihn bis zu den Waden herunter. Er hing ihr bis auf die Knie, als sie aufstand; der Kragen war so gedehnt, dass sie ihn immer wieder auf ihre Schulter hochschieben musste. Skinner sagte nichts; er sagte ohnehin kaum je etwas.
    Sie rieb sich die Augen, ging zu der an die Wand geschraubten Leiter, stieg die fünf Sprossen hinauf und entriegelte die Dachluke, ohne auch nur hinzusehen. Sie kam jetzt fast jeden Morgen hier herauf, begann ihren Tag mit dem Wasser und fuhr dann in die Stadt. Außer wenn es regnete oder zu neblig war; dann musste sie den alten Coleman-Kocher bedienen, dessen rot lackierter Tank wie ein winziges U-Boot aussah. Skinner machte das an schönen Tagen, aber wenn es regnete, blieb er häufig im Bett. Er sagte, dann würde ihm die Hüfte immer zu schaffen machen.
    Sie kletterte aus dem quadratischen Loch, setzte sich auf den Rand und ließ die nackten Füße ins Zimmer baumeln. Die Sonne mühte sich, das silbrige Grau wegzubrennen. An heißen Tagen heizte sie den Teer auf dem flachen Rechteck des Dachs auf, und man konnte ihn riechen.
    Skinner hatte ihr im National Geographic Bilder von den La-Brea-Gruben gezeigt, große, traurige Monster, die ein für alle Mal ausgestorben waren, unten in L. A., vor langer Zeit. Das also war Teer, Asphalt, nicht bloß irgend so ein
Zeug, das sie irgendwo in einer Fabrik herstellten. Er wusste gern, woher die Dinge kamen.
    Seine Jacke, die sie immer trug,

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