Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties
rein, wenn du nicht weißt, dass du so viel ausgeben willst. Dadurch haben sie ’nen garantierten Pro-Kopf-Umsatz.«
Container City erwies sich als das größte halbüberdachte Einkaufszentrum, das Rydell je gesehen hatte, falls man etwas, wo Schiffe vor Anker lagen, und zwar große, als Einkaufszentrum bezeichnen konnte. Und die 500 Dollar Kaufzwang schienen niemanden abgeschreckt zu haben; hier drin schienen mehr Menschen zu sein als draußen auf der Straße. »Hongkong-Geld«, sagte Freddie. »Damit haben sie ’n Stück vom Embarcadero gekauft.«
»He«, Rydell zeigte auf eine undeutlich sichtbare, unregelmäßige Silhouette, die sich hinter Portalen und Flutlichttürmen erhob, »das ist doch die Brücke, auf der Leute wohnen.«
»Ja.« Freddie warf ihm einen komischen Blick zu. »Ausgeflippte. « Er steuerte Rydell auf eine Rolltreppe, die an der weiß gestrichenen Flanke eines Containerschiffs nach oben führte.
Rydell ließ den Blick über Container City schweifen, als sie hinauffuhren. »Verrückter als alles in L. A.«, sagte er bewundernd.
»Quatsch«, sagte Freddie. »Ich bin aus L. A. Das hier ist bloß ’n Einkaufszentrum, Mann.«
Rydell kaufte sich eine burgunderrote Bomberjacke aus Nylon, zwei schwarze Jeans, Socken, Unterwäsche und drei
schwarze T-Shirts. Das machte alles zusammen knapp über fünfhundert. Die Mehrkosten bezahlte er mit der Debitkarte.
»He«, sagte er zu Freddie, als seine Sachen in einer großen, gelben Container-City-Tüte verstaut waren, »das war ja ’n echt günstiger Einkauf. Danke.«
Freddie zuckte die Achseln. »Was steht da, wo die Jeans her sind?«
Rydell sah sich das Etikett an. »Afrikanische Union.«
»Sklavenarbeit«, sagte Freddie. »So ’n Scheiß sollte man nicht kaufen.«
»Hab ich nicht drüber nachgedacht. Kriegt man hier drin auch was zu essen?«
»Ja, im Lebensmittelmarkt …«
»Hast du schon mal dieses eingelegte Zeugs aus Korea probiert? Das ist vielleicht scharf, Mann …«
»Ich hab ein Magengeschwür.« Freddie löffelte methodisch und mit sichtlichem Mangel an Begeisterung eiskalten, schlichten weißen Joghurt in sich hinein.
»Stress. Das kommt vom Stress, Freddie.«
Freddie sah Rydell über den Rand des pinkfarbenen Plastikjoghurtbechers hinweg an. »Soll das ’n Witz sein?«
»Nein«, sagte Rydell. »Ich weiß nur über Magengeschwüre Bescheid, weil sie dachten, mein Daddy hätte welche.«
»Und, hatte er welche? Dein ›Daddy‹? Hatte er welche oder nicht?«
»Nein«, sagte Rydell, »er hatte Magenkrebs.«
Freddie zuckte zusammen, stellte seinen Joghurt weg, ließ die Eiswürfel in seinem Papierbecher mit Evian klappern und trank einen Schluck. »Hernandez hat uns erzählt, dass du in so ’nem Redneck-Kaff zum Cop ausgebildet worden bist …«
»In Knoxville«, sagte Rydell. »Ich war ’n Cop. Nur nicht sehr lange.«
»Schon gut, schon gut«, sagte Freddie, als wollte er, dass Rydell sich entspannte, vielleicht sogar, dass er ihn mochte. »Du bist richtig ausgebildet? Hast den ganzen Cop-Kram drauf?«
»Na ja, sie versuchen, dir von allem ’n bisschen was mitzugeben«, antwortete Rydell. »Untersuchung am Tatort … Wie heute in dem Zimmer da oben. Ich hab sofort gesehen, dass sie die Sache mit dem Superkleber nicht gemacht haben.«
»Nein?«
»Nein. Da ist so ’n chemisches Zeug in dem Superkleber, das sich mit dem Wasser in einem Fingerabdruck verbindet, verstehst du, und so ein Abdruck besteht zu rund achtundneunzig Prozent aus Wasser. Da gibt’s also dieses kleine Heizgerät für den Kleber, ja? Das wird in eine normale Birnenfassung geschraubt. Dann verklebt man die Türen und Fenster mit Müllsäcken und so ’nem Zeug und schaltet das kleine Heizgerät an. Man lässt es vierundzwanzig Stunden laufen, dann kommt man zurück und reinigt das Zimmer.«
»Und wie?«
»Man macht die Türen und Fenster auf. Dann staubt man ab. Aber im Hotel haben sie das nicht gemacht. Denn da bleibt so ein Film auf allem zurück. Und ein Geruch …«
Freddie zog die Augenbrauen hoch. »Scheiße. Du bist ja fast so was wie ’n Techniker, Rydell, was?«
»Ist größtenteils gesunder Menschenverstand«, sagte er. »Zum Beispiel, dass man nicht aufs Klo geht.«
»Nicht?«
»Am Schauplatz eines Verbrechens nie die Toilette benutzen. Nicht spülen. Wenn man was ins Klo schmeißt — wie das Wasser abläuft … Hast du schon mal bemerkt, dass es da drunter wieder nach oben geht?«
Freddie nickte.
»Also, vielleicht hat dein
Weitere Kostenlose Bücher