Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
genauer auszumalen versuchte. Chevette blickte auf und sah, dass er zitterte.
    »Nigel«, sagte sie und stand auf, »das Ding hat mir jemand nur so zum Spaß verpasst, verstehst du?«
    »Es hat sich bewegt «, sagte er. »Das hab ich gesehen.«
    »Na ja, war kein so guter Spaß, okay? Aber ich wusste, wohin ich gehen musste. Zu dir, stimmt’s? Und du hast es abgemacht.«
    Nigel schüttelte sich die Haare wieder in die Augen, schüchtern und erfreut. »Du hast dieses Messer gehabt. Schneidet gut.« Dann runzelte er die Stirn. »Du brauchst ’n Stahl messer …«
    »Ich weiß«, sagte sie. »Ich muss jetzt los.« Sie bückte sich, um die Lackdose aufzuheben. »Ich werf das weg. Tut mir leid.«
    »Es gibt ’n Gewitter«, sagte Nigel. »Geh lieber nicht raus.«
    »Ich muss«, sagte sie. »Ich schaff’s schon.« Sie dachte daran, dass er Nigel ebenfalls töten würde, wenn er sie hier fand. Er würde ihm wehtun. Ihm Angst machen.
    »Ich hab sie abgeschnitten.« Er hielt den roten Ball hoch.
    »Sieh zu, dass du das loswirst«, sagte sie.

    »Warum?«
    »Schau dir diesen Ausschlag an.«
    Nigel ließ den Ball fallen, als ob er Gift wäre. Er hüpfte außer Sicht. Nigel wischte sich die Finger an der dreckigen Brust seines T-Shirts ab.
    »Nigel, hast du ’nen Schraubenzieher, den du mir geben kannst? Einen für Kreuzschrauben?«
    »Meine sind alle abgenutzt …« Die weißen Tiere liefen über eine Unmenge von Werkzeugen, froh, etwas jagen zu können, während Nigel sie ernst beobachtete. »Ich werf die Kreuzschrauben immer weg, sobald ich sie raushabe. Sechskantschrauben sind am besten …«
    »Ich will einen haben , der ganz abgenutzt ist.«
    Die rechte Hand stieß nieder und kam mit ihrer Beute hoch, die einen schwarzen Griff hatte und leicht verbogen war.
    »Der ist gut«, sagte sie und machte den Reißverschluss von Skinners Jacke auf.
    Beide Hände hielten ihn ihr hin. Nigels Augen verbargen sich hinter seinen Haaren und betrachteten sie. »Ich … mag dich, Chevette.«
    »Ich weiß«, sagte sie mit der Lackdose voll Kotze in der einen und dem Schraubenzieher in der anderen Hand. »Ich weiß.«
     
    Abgelenkt von dem Flickwerk aus Kunststoff, das die obere Ebene überdachte, folgte der Regen Abwasserleitungen und Stromkabeln, die oben in den merkwürdigsten Winkeln austraten, und sammelte sich zu willkürlichen Wasserfällen, Miniatur-Niagaras, die von Wellblech und Sperrholz herabstürzten. Vom Eingang zu Nigels Werkstatt aus sah Chevette eine Markise zusammenbrechen; Massen silbernen Wassers ergossen sich mit einem Schlag aus einer straffen Höhlung, einer prallvollen Segeltuchwanne, die mit einem scharfen Knacken nachgab und sich sofort in
etliche Meter flatternden, patschnassen Stoff verwandelte. Nichts hier war in einem umfassenderen Sinn geplant, und mit Drainageproblemen befasste man sich, wenn sie auftraten. Oder vielmehr, man ließ es eher bleiben.
    Die meisten Lichter waren aus, wie sie sah, aber das konnte daran liegen, dass die Leute sie ausgemacht hatten, dass sie so viele Stecker wie möglich rausgezogen hatten. Doch dann sah sie gerade eben noch den äußersten Rand des unheimlichen pinkfarbenen Blitzes, den es gab, wenn ein Transformator durchbrannte, und sie hörte den lauten Knall. Draußen, Richtung Treasure. Das war das Ende für die meisten noch verbliebenen Lichter, und plötzlich stand sie nahezu im Dunkeln. Kein Mensch war zu sehen, absolut niemand. Nur eine Hundert-Watt-Birne in einer orangefarbenen Plastikfassung, die im Wind hin- und herschaukelte.
    Sie ging in die Mitte der Ebene hinaus und versuchte, auf heruntergefallene Kabel zu achten. Sie erinnerte sich an die Dose in ihrer Hand und warf sie zur Seite, hörte, wie sie aufschlug und ein Stück rollte.
    Sie dachte an ihr Rad, das mit leeren Kondensatoren im Regen lag. Jemand würde es garantiert klauen, und das von Sammy Sal auch. Es war das Tollste und Wertvollste, was sie je besessen hatte, und sie hatte sich jeden Dollar, den sie bei City Wheels auf den Tresen gelegt hatte, selber verdient. Sie sah das Rad nicht als ein Ding , sondern eher so, wie die Leute ihrer Meinung nach Pferde betrachteten. Es gab Kuriere, die ihren Fahrrädern Namen gaben, aber das hätte Chevette nie getan, und zwar irgendwie gerade deshalb nicht, weil das Rad für sie wirklich etwas Lebendiges war.
    Proj, sagte sie zu sich selbst, die kriegen dich, wenn du hierbleibst. Sie kehrte San Francisco den Rücken und machte sich auf den Weg Richtung

Weitere Kostenlose Bücher