Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
Sein Gesicht hatte wie durch eine unheimliche Form von Osmose den Ton von schmutzigem Beton, und Rydell hätte nicht sagen können, was seine ursprüngliche Hautfarbe war. Seine Haare, falls er welche hatte, waren von einer schwarzen Strickmütze bedeckt, und der Rest seines Körpers steckte in einem schwarzen Einteiler, der aus Stücken besonders strapazierfähiger Gummischläuche zusammengenäht zu sein schien. Er blickte hoch, als er auf seinem Weg zur Einmündung der Gasse durch Pfützen rollte, die das Unwetter hinterlassen hatte, und an Rydell vorbeikam, und Rydell hörte oder glaubte zu hören, wie er sagte: »Willst du mich anquatschen ? Wenn du mich anquatschen willst, halt lieber deine verdammte Schnauze …«
    Rydell stand mit seinem Samsonite in der Hand da und sah ihm nach.
    Dann klapperte etwas neben ihm. Das Metall an Chevette Washingtons Lederjacke. »Komm«, sagte sie, »besser, wenn wir hier nicht zu lange rumhängen.«
    »Hast du das gesehen?«, fragte Rydell und zeigte mit seinem Handkoffer hin.

    »Wenn du hier noch lange rumhängst, wirst du noch schlimmere Sachen sehen«, sagte sie.
    Rydell schaute zum Patriot zurück. Er hatte die Türen verriegelt und den Schlüssel unter dem Fahrersitz liegenlassen, weil er nicht wollte, dass es zu leicht aussah, aber er hatte die Heckscheibe vergessen. Er war noch nie in die Lage geraten, sich unverhohlen zu wünschen, dass ein Auto gestohlen wurde.
    »Bist du sicher, dass ihn jemand nimmt?«, fragte er sie.
    »Wenn wir nicht endlich verschwinden, nehmen sie uns gleich mit.« Sie marschierte los. Rydell folgte ihr. Auf die Ziegelmauern war irgendwelches Zeug gemalt, so hoch hinauf, wie die Maler nur kamen, aber es ähnelte keiner Sprache, die er kannte, allenfalls der Schreibweise von Schimpfwörtern in Comics.
    Sie waren kaum um die Ecke gebogen und auf den Bürgersteig getreten, als Rydell hörte, wie der Motor des Patriot auf Touren gebracht wurde. Er bekam eine Gänsehaut wie von etwas in einer Horrorgeschichte, denn in der Gasse war kein Mensch gewesen, und jetzt konnte er den Skateboardmann nirgends mehr sehen.
    »Schau nach unten«, sagte Chevette Washington. »Schau nicht hoch, wenn sie vorbeifahren, sonst bringen sie uns um …«
    Rydell konzentrierte sich auf die Spitzen seiner schwarzen Stiefel. »Hängst du viel mit Autodieben rum?«
    »Geh weiter und halt die Klappe. Nicht hinschauen.«
    Er hörte, wie der Patriot aus der Gasse rollte, herankam und im Schritttempo neben ihnen herfuhr. Seine Stiefelspitzen machten bei jedem Schritt kleine, quatschende Geräusche – und wenn nun das Letzte, was man vor seinem Tod mitbekam, eine solch erbärmliche Unannehmlichkeit war wie die Tatsache, dass man nasse Schuhe und Strümpfe hatte und sie nie mehr würde wechseln können?

    Rydell hörte, wie der Patriot davonfuhr, während der Fahrer mit der ungewohnten amerikanischen Schaltung kämpfte. Er begann, den Blick zu heben.
    »Nicht«, sagte sie.
    »Sind das Freunde von dir, oder was?«
    »Gassenpiraten, wie Lowell sie nennt.«
    »Wer ist Lowell?«
    »Du hast ihn im Dissidenten gesehen.«
    »In dieser Bar?«
    »Keine Bar. ’ne Pinte.«
    »Da gibt’s Alkohol«, sagte Rydell.
    »’ne Pinte. Wo man abhängt.«
    »Wer ist ›man‹? Dieser Lowell, hängt der da ab?«
    »Ja.«
    »Du auch?«
    »Nein«, sagte sie wütend.
    »Ist das dein Freund, dieser Lowell? Dein Lover?«
    »Du hast gesagt, du bist kein Cop. Du redest aber wie einer.«
    »Bin ich aber nicht«, sagte er. »Kannst sie ja fragen.«
    »Er ’s bloß jemand, den ich von früher kenne«, sagte sie.
    »Na schön.«
    Sie warf einen Blick auf den Samsonite. »Hast du da drin ’ne Kanone oder so?«
    »Trockene Strümpfe. Unterwäsche.«
    Sie schaute zu ihm hinauf. »Ich versteh dich nicht.«
    »Brauchst du auch nicht«, sagte er. »Gehen wir hier bloß so spazieren, oder hast du vielleicht irgend ’ne Idee, wo wir hinkönnen? Zum Beispiel von der Straße runter?«
     
    »Wir wollen uns ’n paar Schnappschüsse anschauen«, sagte sie zu dem fetten Mann. Er hatte ein paar Dinger an den Brustwarzen hängen, die wie Sicherheitsschlösser aussahen. Zogen ihn da irgendwie runter, und Rydell konnte einfach nicht hinschauen. Er trug eine ausgebeulte weiße
Hose, deren Schritt ihm in den Kniekehlen hing, und eine kleine blaue Samtweste, die überall mit Gold bestickt war. Er war groß und weich und fett und über und über mit Tätowierungen bedeckt.
    Rydells Onkel, der mit dem Militär nach Afrika

Weitere Kostenlose Bücher