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Idoru

Idoru

Titel: Idoru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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in Akihabara gesehen hatte. Charakterlos. Institutionell in ihrer Regelmäßigkeit.
    »Hier kommt der Fanclub«, hörte er Arleigh sagen, und die sterilen Fassaden waren auf einmal durchsichtig, und dahinter zeigten sich vernetzte Tiefenstrukturen aus Postings und Kommentaren von verblüffend organischer Komplexität.
    »Irgendwas …« setzte er an, aber dann war er wieder in der Wohnung mit den großen Kachelöfen in Stockholm. Aber -259—
    diesmal war es ein Ort, nicht nur eine Million säuberlich abgelegter Faktenbröckchen. Schemenhafte Flammen tanzten hinter den Muskovitscheiben der reich verzierten Eisentür des Ofens.
    Kerzenlicht. Die Fußböden bestanden aus Holzdielen, alle so breit wie Laneys Schultern, mit alten Teppichen in weichen Farbtönen darauf. Etwas lenkte seinen Blick in den nächsten Raum, vorbei an einem Ledersofa, auf dem noch mehr und kleinere Teppiche ausgebreitet waren, und zeigte ihm das schwarze Fenster hinter den offenen Gardinen, wo sehr große, prächtig geformte Schneeflocken bedächtig und schwer an den vereisten Scheiben vorbeifielen.
    »Kriegen Sie was?« Arleigh. Irgendwo weit weg.
    Er antwortete nicht, sondern sah zu, wie sein Blick zurückschwenkte. Um durch einen zentralen Flur mit einem hohen, ovalen Spiegel gesteuert zu werden, in dem er sich nicht sah, als er daran vorbeikam. Er dachte an CD-ROMs, die er im Waisenhaus erkundet hatte: Spukschlösser, auf monströse Weise verseuchte, aufgegebene Raumfahrzeuge im Orbit …
    Hier anklicken. Da anklicken. Und irgendwie hatte er immer das Gefühl gehabt, daß er nie das zentrale Wunder fand, jenes Etwas, dessentwegen sich die Jagd gelohnt hätte. Weil es nicht da war, hatte er schließlich entschieden; es war nie so recht dagewesen, und so hatte er das Interesse an diesen Spielen verloren.
    Aber das zentrale Wunder hier – Klick aufs Schlafzimmer – war Rei Toei. Am oberen Rand eines weißen Meeres auf weiße Kissen gestützt, der Kopf und die bekleideten Schultern sichtbar über zarter Spitze und dem Schimmer feiner Baumwolle.
    »Du warst heute abend unser Gast«, sagte sie. »Ich konnte nicht mit dir sprechen. Das tut mir leid. Es hat ein schlimmes Ende genommen, und du bist verletzt worden.«
    -260—
    Er sah sie an, wartete auf die Bergtäler und die Glocken, aber sie erwiderte nur seinen Blick, nichts kam, und ihm fiel wieder ein, was Yamasaki über die Bandbreite gesagt hatte.
    Ein schmerzhafter Stich in seiner Seite. »Woher weißt du das? Daß ich verletzt worden bin?«
    »Aus dem vorläufigen Bericht des Lo/Rez-Sicherheitsteams.
    Techniker Paul Shannon stellt fest, daß du offenbar verletzt wurdest.«
    »Warum bist du hier?« (»Laney«, hörte er Arleigh sagen, »alles in Ordnung mit Ihnen?«)
    »Ich habe sie gefunden«, sagte sie. »Ist sie nicht wundervoll?
    Aber seit dem Abschluß der Renovierungsarbeiten war er nicht mehr hier. Also ist er eigentlich noch nie hier gewesen. Aber du warst schon einmal hier, nicht wahr? Ich glaube, so habe ich sie gefunden.« Sie lächelte. Sie war sehr schön hier, wie sie so in all diesem Weiß schwebte. Im Western World hatte er sie nicht richtig ansehen können.
    »Ich hab schon mal drauf zugegriffen«, sagte er, »aber es war anders als jetzt.«
    »Aber dann ist es … rund geworden, nicht? Es wurde weitaus besser. Weil eine Handwerkerin aus dem Team, das die Öfen wieder zusammenbaute, alles genau festgehalten hat, als es fertig war. Nur für sich selbst, für ihr Freunde, aber du siehst, was es bewirkt hat. Es war in den Daten des Fanclubs.«
    Entzückt betrachtete sie eine Kerze mit horizontalen, cremefarbenen und indigoblauen Bändern, die in einem Kerzenhalter aus poliertem Messing brannte. Ein Buch und eine Orange lagen neben ihr auf dem Nachttisch. »Hier fühle ich mich ihm sehr, sehr nah.«
    »Ich würde mich ihm näher fühlen, wenn du mich wieder nach draußen versetzen würdest.«
    »Auf die Straße? Es schneit. Und ich weiß nicht genau, ob die Straße da ist.«
    -261-
    »In das allgemeine Datenkonstrukt. Bitte. Damit ich meine Arbeit machen kann …«
    »Oh«, sagte sie und lächelte ihn an, und er starrte in die verworrenen Tiefen der Datenfassaden.
    »Laney?« sagte Arleigh und berührte ihn an der Schulter, »mit wem sprechen Sie?«
    »Mit der Idoru«, antwortete Laney.
    »In nodaler Manifestation?« Yamasaki.
    »Nein. Sie war in den Daten, keine Ahnung, wieso. Sie war in einem Modell seiner Wohnung in Stockholm. Hat gesagt, sie sei dort hingekommen, weil ich

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