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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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meiner Abwesenheit, und Sie sehen ja: alles praktisch leer. Bald, wie gesagt, brech ich die letzten Zelte ab.« Er grinste unbeholfen.
    »Die Stadt ist meine Heimat, aber was wollen Sie machen, wenn Sie ein Meermensch sind? Dann müssen Sie hin zum Meer. Ich hätt ein Bier im Kühlschrank, möchten Sie ein Glas?«
    »Haben Sie das Bier aus Mallorca mitgebracht?«
    »Bitte? Nein, gekauft, vorhin, vorn im Supermarkt.«
    »Haben meine Kollegen Sie weggehen sehen?« Etwas wie ein Schlag schien Wohlfahrt getroffen zu haben; er zuckte zusammen, stützte sich am Türrahmen ab und hustete. »Ihre Kollegen…« Er bemühte sich, die Fassung wiederzuerlangen, hustete noch einmal und hob die Schultern. »Das kann ich nicht sagen, ob die mich gesehen haben. Ich sag Ihnen jetzt was: Sie haben keine offizielle Erlaubnis, meine Wohnung zu durchsuchen, Sie dürften gar nicht hiersein, Sie…«
    »Das habe ich Ihnen erklärt«, sagte Fischer und machte einen Schritt auf die Tür zu. Und allein wegen der mächtigen Figur des Kommissars wich Wohlfahrt unwillkürlich zurück. »Es handelt sich um Gefahr im Verzug, und Sie tun, was ich Ihnen sage, oder ich muß Sie in Gewahrsam nehmen. Der richterliche Beschluß liegt morgen vor. Und jetzt, Herr Wohlfahrt, belehre ich Sie, daß Sie als Zeuge verpflichtet sind, eine Aussage zu machen, es sei denn, Sie belasten sich oder Angehörige damit. Haben Sie die Belehrung verstanden?«
    »Bitte? Moment.« Er hob beide Hände, hielt inne, verschränkte wieder die Arme vor der Brust, und sah hinauf zu Fischers Gesicht. »Erstens möcht ich jetzt telefonieren, daran können Sie mich nicht hindern…«
    »Stimmt«, sagte Fischer.
    »Genau, stimmt. Also. Ich hab nichts getan, ich hab Ihnen sogar mein Flugticket gezeigt, damit Sie mir glauben, daß ich wirklich heut angekommen bin, ich hätt ja auch nur so tun und Ihre Kollegen am Flughafen austricksen können. Hab ich nicht getan. Erstens muß ich jetzt telefonieren.«
    »Tun Sie das.«
    »Nicht in Ihrer Gegenwart. Das ist ein Rechtsstaat hier, ich hab ein Recht auf meine Privatsphäre.«
    »Sie haben noch zwei Zimmer zur Verfügung.« Wohlfahrt kratzte sich am Hals. »Ich war seit vier Monaten nicht in dieser Wohnung, ich weiß nicht, was passiert ist, ich war nicht da. Ich hab ein Geschäft in Palma, ich laß mir doch nicht meine Zukunft kaputtmachen! Nur weil die Leiche da unten in der Tiefgarage gelegen ist, heißt das noch nicht, daß das was mit meiner Wohnung zu tun hat!«
    Mit den Händen in den Hosentaschen ging Fischer in den Flur, an Wohlfahrt vorbei und setzte sich in der Küche auf einen Stuhl. Fischer hörte, wie nebenan eine Tür zugeschlagen wurde; er lehnte sich zurück und legte seine Hände auf die Oberschenkel. Wie so oft elektrisierte nicht die Erzählung des Tatorts seine Sinne, sondern dessen Geruch und die Ausdünstungen der Lügen im Raum.
    »Was verheimlichst du mir?« flüsterte Franz Wohlfahrt in sein Handy. »Ich laß mir doch von dir nicht mein Leben versauen!«
    »Um dich geht’s doch gar nicht, kapierst du das nicht?«
    »Ich glaub…« Wohlfahrt sprang von der Bettkante auf, horchte, ging mit leisen Schritten zur Tür, drückte sein Ohr dagegen und schlich zum Bett zurück. »Ich sag, daß du da warst, ist mir doch gleich! Die ganze Bude war dreckig! Und mein Sofa ist kaputt! Und jetzt hab ich mich auch noch verraten wegen deinem Scheißbier im Kühlschrank! Wieso säufst du dein Zeug nicht aus?«
    »Ich hab gedacht, du freust dich über einen Begrüßungsschluck.«
    »Was war hier los?« Aus Versehen hatte Wohlfahrt lauter gesprochen; er riß das Handy vom Ohr, lauschte, ging zum Fenster und hielt die Hand vor das Telefon. »Rück endlich mit der Wahrheit raus! Wenn nichts war, dann kann ich doch sagen, daß du hier warst. Obwohl ich dann als Lügner dasteh, weil ich behauptet hab, niemand außer mir hätt einen Schlüssel.«
    »Bleib einfach dabei.«
    »Die kommen gleich mit ihrem Rollkommando!« Wohlfahrt warf einen kurzen Blick hinüber zum Koloß des Klinikums Großhadern und wandte sich zur Tür um. »Die finden was! Und dann wissen die, daß ich gelogen hab. Die finden immer was!«
    »Die finden nichts.«
    »Hier hat’s nach Pisse gestunken wie in einer Latrine! Was habt ihr hier gemacht? Und wieso hab ich dich die ganze Zeit nicht erreicht? Wo bist du?«
    »Noch unterwegs.«
    »Du hast gesagt, du kommst heut zurück!«
    »Das wollte ich auch, aber es ist was dazwischengekommen.«
    »Was denn? Eine Frau?

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