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Idylle der Hyänen

Idylle der Hyänen

Titel: Idylle der Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Bauch ab und spürte eine Vergrößerung oder eine Verhärtung. Er drückte fester und verspürte einen Schmerz; möglicherweise hatte er zu fest gedrückt. Außerdem hatte er spät gegessen, Lasagne, die ihm im Magen lag.
    Er dachte an die Befragungen, die er morgen im Fall Schubart durchführen mußte, um die Aussagen des Mädchens, die P-F ihm hoffentlich entlocken würde, zu überprüfen, damit sie später eine solide Informationsbasis für die Vernehmung des Entführers hatten. Einundfünfzig ist P-F geworden, dabei sieht er aus wie höchstens Mitte Vierzig, dachte Gabler, während ich wie mindestens Mitte Sechzig aussehe.
    Er schloß die Augen und öffnete sie wieder. Vielleicht hing die Höhe des Wertes mit seinem kläglichen Sexualleben zusammen. Im Grunde hatte er überhaupt kein Sexualleben, nicht einmal ein klägliches. Sein Sexleben war ein Antisexleben, seit Jahren. Vor drei Jahren hatte er zum letztenmal mit einer Frau geschlafen, ein einmaliges, kurzes, unerwartetes Ereignis mit zu vielen komplizierten Gedanken hinterher. Sie hatten es beide nicht gewollt. Sie waren auf einer Tagung in Wien gewesen, hatten ein paar Gläser Wein getrunken, und seltsamerweise lagen ihre Zimmer im Hotel direkt nebeneinander. Nach ihrer Rückkehr nach München sprachen sie nie wieder darüber, obwohl er versucht hatte, Esther Barbarov noch einmal zu einem, wie er betonte, zwanglosen Abendessen einzuladen. Sie lehnte ab. Seitdem lebte er wie ein Mönch. Schlimmer als ein Mönch, weil: Er war ja keiner!
    Noch einmal knetete Walter Gabler mit beiden Händen den unteren Teil seines Bauches. Am Freitag mußte er unter allen Umständen ein weiteres Mal seinen Urologen konsultieren.
    »Was ich dich schon lang mal fragen wollte: Hat sich Walter dir eigentlich wieder mal genähert?«
    »Genähert? Der nähert sich täglich!«
    »Du weißt schon, wie ich das meine.«
    »Nein, hat er nicht«, sagte Esther Barbarov.
    »Das ist Vergangenheit.«
    »Manchmal bild ich mir ein, er läßt seine Blicke hinter dir herschweifen.«
    »Konzentrier dich auf deine Arbeit, Gesa, und nicht auf irgendwelche schweifenden Blicke!« Esther drehte die chinesischen Kugeln in der Hand, das leise Klirren löste bei ihr ein wohliges Empfinden aus. »Erklär mir lieber was.«
    »Was?« Gesa Mehling zupfte ein gelbes Blatt vom Hibiskus auf dem Fensterbrett und goß Wasser in die Schale.
    »Warum gibt dieser Kerl zu, die Nonne getötet zu haben, und denkt sich gleichzeitig diese Geschichte dazu aus, er hätte auf Verlangen gehandelt und so weiter? Was ist das für ein Typ?«
    »Er hat uns die Stelle gezeigt«, sagte Gesa, »er nennt uns Details des Ablaufs. Anscheinend verheimlicht er uns nichts. Wir sind beide noch nicht schlau aus ihm geworden, Georg und ich.«
    »Er will sich rausreden.«
    »Eine andere Erklärung haben wir nicht«, sagte Gesa. Sie stellte die gelbe Plastikkanne neben die Zimmerpalme und ging mit dem Telefon in die Küche, um ihr Käsebrot weiterzuessen.
    Esther hielt im Drehen der Kugeln inne. »Hat P-F irgendeine Bemerkung fallenlassen, daß ausgerechnet eine ehemalige Nonne das Opfer ist? Das muß ihn doch seltsam berühren.«
    »Keinen Ton«, sagte Gesa. »Entschuldige, aber ich brauch was im Magen, sonst werd ich grantig.« Sie kaute, schluckte und leckte sich die Lippen. »Er hat fast so getan, als wär es ihm völlig gleichgültig, daß die Frau eine Nonne ist, oder war. Was bedeutet das? Du kennst ihn doch, Esther.«
    »Ich kenn ihn genausogut wie du.«
    »Du kennst ihn besser, nämlich auch unbekleidet.«
    »Wir haben nicht miteinander geschlafen.«
    »Das willst du mir jedesmal weismachen.« Gesa wischte sich mit einem Stück Küchenrolle den Mund ab und schmatzte, immer noch hungrig. »Jedenfalls scheint P-F seine Klosterzeit vollständig aus seinem Leben verbannt zu haben, so wie er sich heute verhalten hat.«
    Esther nahm die Kugeln in die andere Hand und drehte sie. Das Klirren klang lauter. »Und wann kriegt dich dein Georg rum?«
    »Gar nicht, Frau Kollegin!«
    »Komm doch ins Bett, morgen früh um sechs maulst du wieder.«
    »Komm sofort«, sagte Georg Ohnmus. Vor ihm lagen Fotos und Skizzen, die er aus dem Kommissariat mitgebracht hatte, was er gelegentlich tat, unter dem Protest seines Vorgesetzten. Er bildete sich ein, durch den Abstand vom Büro gewisse Nuancen klarer und unscheinbare Zusammenhänge besser erkennen zu können.
    »Du hast mir versprochen, keine Akten mehr anzuschleppen.«
    Das stimmte. Er hatte es Hella

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