If you leave – Niemals getrennt
der reglosen Gestalt darauf, bedeckt mit einem Tuch. Ich weiß es, als ich die Spitze seines Schuhs unter dem Tuch hervorlugen sehe.
Es geht ihm nicht gut.
Und mir auch nicht.
Meine Beine geben nach, und ich sacke zu Boden. Noch im Fallen erfasse ich den Rest der Szene. Ich sehe Jared in Handschellen, und ich sehe Jaceys tränenüberströmtes Gesicht, als sie auf mich zugerannt kommt. Ich sehe die Rettungssanitäter auf mich zulaufen.
Und dann sehe ich gar nichts mehr.
Gabriel
M addy ist nicht ans Handy gegangen.
Ich höre, wie es immer wieder klingelt, und dann ertönt ihre Stimme von der Mailbox-Ansage. Ich höre mir die ganze Ansage an und genieße den Klang ihrer Stimme, doch als dann der Piepton kommt, kann ich nichts sagen. Sie will nicht mit mir reden. Ich werde sie nicht zwingen, mir zuzuhören.
Mit einem Seufzen mache ich mich auf den Weg zu einer Gruppensitzung, wo ich Annie gegenübersitze. Sie versucht einige Male, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, aber ich ignoriere sie. Ich bin nicht böse auf sie, aber im Moment will ich mich nicht mit ihr befassen. Ich habe schon genug Sorgen, auch ohne zusätzliches Drama.
Stattdessen konzentriere ich mich auf das Blatt vor mir und darauf, diesen Mist zu beantworten, damit ich ihn heute Abend in der Einzelsitzung durchsprechen kann.
Auch ich wünschte, Sie hätten diesen Vorfall verhindern können. Aber ich höre da einen deutlichen Umschwung in der Art, wie Sie darüber sprechen, Gabe. Statt »Ich hätte es aufhalten müssen« sagen Sie nun »Ich wünschte, ich hätte es aufhalten können«. Ist Ihnen das aufgefallen? Was ist es für ein Gefühl, zu erkennen, dass es nicht in Ihrer Hand lag?
Was ist das für ein Gefühl? Gestern war die erste Nacht seit einem Jahr, in der ich nicht durchgehend Alpträume hatte.
Nach der Einzelsitzung gestern Abend habe ich geschlafen wie ein Toter, und als ich vor einer Stunde aufgewacht bin, dauerte es eine Minute, bis mir klarwurde, warum ich mich so ausgeruht fühle.
Weil ich tatsächlich geschlafen habe. Was für ein verdammt erstaunliches Gefühl. Ich hatte ganz vergessen, was für ein gutes Gefühl das ist.
Ich begreife auch, dass mein Therapeut recht hatte. Ich denke, ich habe wirklich die Schuld für das, was passiert ist, von mir weg verlagert. Ich meine, in meinem Kopf wusste ich immer, dass es nicht meine Schuld war. Aber Herz und Verstand sind nicht immer einer Meinung, und mein Herz war voller Schuldgefühle.
Jetzt fühle ich mich nicht mehr ganz so schuldig.
Jedenfalls nicht, was das angeht.
Meine Schuldgefühle wegen Maddy sind allerdings immer noch gesund und munter. Aber ich weiß, das lässt sich nicht hier klären. Es lässt sich überhaupt nicht klären, nicht, wenn sie nicht mit mir reden will. Die Sitzungen scheinen heute nicht so aufreibend wie sonst, wahrscheinlich, weil ich mich inzwischen daran gewöhnt habe, aber auch, weil das Ende in Sicht ist. Ich habe nur noch einen Tag; morgen kann ich gehen.
Aber was dann?
Was tue ich dann?
Habe ich den Nerv, zu Maddy zurückzugehen und zu versuchen, ihr alles zu erklären? Denn zum ersten Mal habe ich das Gefühl, als könnte ich das hier tatsächlich überwinden. Und wenn ich das kann, dann weiß ich, dass ich ihr nie wieder weh tun würde …
Aber wenn sie nicht mal mit mir reden will, dann gibt es absolut keine Chance, dass sie mir zuhört, wenn ich ihr alles erklären möchte.
Ich weiß nur, dass die Leere, die ich ohne sie empfinde, riesig ist. Mir war nicht klar, was für ein wichtiger Teil in meinem Leben sie schon geworden war, bis sie plötzlich nicht mehr da war. Und so will ich auf gar keinen Fall weitermachen. Auf gar keinen verdammten Fall.
Ich bringe meine Sitzung zu Ende und marschiere zurück in mein Zimmer, ohne auf Annies Stimme zu achten, als sie im Flur nach mir ruft.
Ich kann mich jetzt nicht mit ihr befassen.
Ich will zu meinem Laptop, um Maddy eine weitere Nachricht zu schicken, als mein Handy auf der Kommode klingelt.
Brand.
»Kumpel, ich will deine Therapie nicht stören, aber da ist etwas, das du wissen solltest. Wenn du morgen früh rauskommst, musst du zurück nach Angel Bay kommen.«
Bevor ich protestieren oder Einwände vorbringen kann, redet er weiter, und seine Stimme klingt ernst.
»Tony, der Barkeeper vom
The Hill,
ist tot.«
»Was?«, frage ich ungläubig. »Was ist passiert?«
Brand stößt einen lauten und langen Seufzer aus. »Lange Geschichte. Aber es hat was mit Jacey zu tun.«
Ich
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