If you leave – Niemals getrennt
Anstrengung noch in den Schultern spüre.
Das böse Ding hat dich erwischt
.
Ich dresche auf den Sandsack ein, bis ich nicht mehr kann, bis meine Schultern schwach sind und meine Arme sich wie Gummi anfühlen.
Das böse Ding hat dich erwischt
.
Ich rutsche zu Boden und lehne mich schwer atmend gegen die Wand.
Das böse Ding hat mich nicht erwischt.
Ich bin das böse Ding
.
Ich marschiere in die Dusche; danach greife ich zum Telefon und rufe Jacey an.
»Hey, Schwesterlein, Lust auf Schießen?«
»Klar. Treffen wir uns dort in einer Stunde?«
»Yep.«
Als ich ihr beigebracht habe, auf Zielscheiben zu schießen, waren wir beide noch in der Highschool, damals, als ich noch feucht hinter den Ohren war. Ich dachte, ein Ranger zu werden wäre die Krönung meines Lebens. Es würde mich zu einem Mann machen.
Ich hatte keine Ahnung, dass es mich kaputtmachen würde.
Ich schaue beim Haus vorbei und lade einen Colt AR-15, ein Sturmgewehr, und ein paar Schachteln Munition in meinen Kofferraum, bevor ich zum Schießplatz fahre.
Jacey und ich haben über die Jahre Hunderte von Stunden damit verbracht, Löcher in Ziele zu ballern, einfach um den Kopf klarzukriegen. Das regelmäßige Schießen ist tröstend und beruhigend. Es ist etwas, das wir zusammen tun können und das uns beiden Spaß macht.
Als ich am Schießplatz ankomme, ist Jacey schon da und lädt gerade ihr Zeug aus, inklusive ihrer verdammten pinkfarbenen Neun-Millimeter, wegen deren ich sie immer aufziehe. Als ich näher komme, dreht sie sich zu mir um. Sie hat sich das blonde Haar aus dem Gesicht gestrichen, um besser sehen zu können.
»Also, was ist los?«
Mit einem kurzen Blick zu ihr stelle ich meine Tasche ab.
»Was soll das denn? Glaubst du, ich habe inzwischen Eierstöcke? Dass ich über meine Gefühle und so ’nen Mist rede?«
Jacey grinst. »Nein. Wir ballern ein bisschen Kram in Stücke. Und dann können wir über deine Gefühle und so ’nen Mist reden.«
Kopfschüttelnd stecke ich mir meine Ohrstöpsel aus orangem Schaumstoff in die Ohren.
Die nächsten zwei Stunden ballern wir Papierziele in Fetzen. Es ist erstaunlich befriedigend, immer wieder Löcher in die Mitte eines Zieles zu jagen. Als Jacey schließlich keine Munition mehr hat und ich auch fast nichts mehr, dreht sie sich zu mir um und zieht einen ihrer Ohrstöpsel heraus.
»Lust auf Essen?«
Ich nicke. »Yep.«
Wir fahren zu dem kleinen Burgerlokal die Straße runter, wo Jacey dann praktisch ein halbes Rind und einen Margarita ordert. Ich starre sie ungläubig an und gebe meine vergleichsweise kleine Bestellung auf: einen Viertelpfünder, Zwiebelringe und ein Bier.
»Hast du einen Monat lang nichts gegessen?«, frage ich sie, während wir uns in einer Nische mit rissigen Vinylsitzen niederlassen.
»Es ist die ›gewisse‹ Zeit des Monats, Gabe«, erklärt sie grinsend. »Ich könnte zwei Rinder und noch ein Kalb dazu verdrücken.«
Ugh. »So genau wollte ich es gar nicht wissen, Jacey. Im Ernst.«
Sie lacht.
»Warum sind wir hier, Gabe? Ernsthaft. Ich weiß, dass etwas nicht stimmt. Du kannst es mir auch gleich sagen, oder du kannst es dir von mir aus der Nase ziehen lassen. Ich bin für beides zu haben.«
Ich verdrehe die Augen. Der Teil mit »aus der Nase ziehen« würde ihr tatsächlich Spaß machen.
»Ich hab’s versaut, Jacey«, gestehe ich schließlich. »Volle Kanne.«
Sie hebt fragend eine Augenbraue. »Was ist passiert?«
Mit einem Seufzer kippe ich mein Bier hinunter und genieße das Gefühl der Kälte, als es durch meine Kehle rinnt.
»Madison.«
Sofort macht Jacey schmale Augen. »Was hast du gemacht? Ich schwöre, ich kastriere dich, wenn du ihr weh getan hast. Ich meine es ernst. Ich bin nicht scharf darauf, dein Gehänge zu sehen, aber ich tu’s.«
Ich starre kopfschüttelnd auf den Tisch und schwenke das Bier in meinem Glas.
»Ich habe ihr noch nicht weh getan. Aber es wird passieren.«
Jetzt ist Jacey verwirrt. Das ist erkennbar an dem verständnislosen Blick, mit dem sie mich ansieht. »Ich kann dir nicht folgen. Wenn du ihr noch nicht weh getan hast, dann musst du es auch nicht.«
Unser Essen wird serviert; Jacey fällt darüber her und isst mit mehr Genuss, als ich es je bei einem Mädchen gesehen habe.
»Du verstehst nicht«, erkläre ich schließlich seufzend. »Ich bin im Arsch. Wenn du mich ansiehst, dann siehst du deinen großen Bruder, derselbe alte Gabe wie früher. Aber der bin ich nicht mehr. Das, was Brand und mir passiert ist
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