If you leave – Niemals getrennt
Antwort kommt mir sofort, und es ist das Einzige, das Sinn ergibt. Ich sehe Gabe an.
»Lagerfeuer.«
Ein seltsames Leuchten glänzt in Gabes Augen, und er nickt begeistert.
»Das ist perfekt. Lass uns das ganze Zeug runter zum Strand tragen und dort verbrennen.«
Wir tragen jedes einzelne Stück des Haufens zum Strand hinunter. Dabei erinnere ich mich an all die Lagerfeuer, die Mila und ich dort über die Jahre mit unseren Freunden gemacht hatten. Tatsächlich war Ethan bei vielen dabei. Wir saßen hier draußen im Dunkeln, machten uns die üblichen Snacks aus Kekssandwich mit gegrillten Marshmallows und Schokolade, schwammen und drängten uns ums Lagerfeuer – mit dem eventuell gerade aktuellen Freund.
Dieses Lagerfeuer ist etwas ganz anderes.
Zum einen ist helllichter Tag.
Zum anderen ist es wie eine Art Verbrennung der Erinnerungen.
Ich drehe mich zu Gabe um und werfe ihm ein Briefchen Zündhölzer und eine Flasche Flüssiganzünder zu.
»Ich will alles von meinen Eltern verbrennen, das mich verletzt hat, alles, was mir Probleme bereitet hat. Meine Mutter mag nicht stark genug gewesen sein, um damit fertigzuwerden«, sage ich. »Aber ich bin stark genug. Scheiß auf all das.«
Gabe nickt, zufrieden mit meiner Entscheidung. »Genau das habe ich gemeint, Maddy. Angst ist eine Entscheidung.«
Er wirft ein Paar Schuhe meines Vaters auf den Haufen.
»Das ist dein Vater, der nach jedem Streit abgehauen ist, jedes Mal, nachdem er deine Mutter geschlagen hatte«, verkündet Gabe. Obwohl er nicht dabei war, ist es, als könnte er direkt in mein Leben sehen und wüsste, was passiert ist. Denn genau das hat mein Vater immer getan. Er ging jedes Mal danach fort und ließ meine Mutter weinend zu Hause zurück.
Und er ließ mich zu Hause zurück, um sie zu trösten.
Mit einem anerkennenden Blick auf Gabriel werfe ich eine Handvoll von Moms Kleidern und Gürteln auf den Haufen. »Das ist für jedes Mal, wenn ich sah, wie Blut aus Moms Nase auf ihr Kleid tropfte … nachdem Dad sie geschlagen hatte.«
Gabe nickt, und wir fügen abwechselnd weitere Dinge zu dem Berg an Erinnerungen hinzu.
Worte, mit denen meine Eltern sich anbrüllten, eine verschwommene Erinnerung an meine Mutter, zusammengekauert und weinend, ein Bild meines Vaters, wie er sie schlug … all das landet auf dem Haufen, aufgehäuft wie der Müll, den es darstellt.
Getrocknete Blumen von ihrem Schrank – als Entschuldigung für Schläge geschickt – landen ebenfalls auf dem Haufen. Seine Entschuldigung war, verdammt noch mal, nicht gut genug.
Also werde ich sie jetzt verbrennen.
Gebrochene Versprechen, dass er ihr nie wieder weh tun werde, gebrochene Versprechen, dass sie ihn verlassen werde, wenn er es doch tut … alles landet auf dem Haufen. Und davon gibt es eine ganze Menge.
Als es nichts mehr dazuzuwerfen gibt, sehe ich Gabriel zu, wie er Flüssiganzünder über den Haufen verspritzt; dann dreht er sich zu mir um und hält mir ein Streichholz hin.
»Das machst du«, meint er feierlich. »Du hast es verdient.«
Ich starre auf den riesigen Berg und rümpfe die Nase über den beißenden Geruch des Flüssiganzünders, als mir die Erkenntnis kommt, das dieser Berg ein Monster symbolisiert, ein Monster, dem ich viel zu lange gestattet habe, mein Leben zu kontrollieren.
Es liegt an meinen Eltern, dass ich Angst habe, mich mit jemandem einzulassen, es liegt an ihnen, dass ich fürchte, dass jede Beziehung, die ich eingehe, mich verletzen würde, so wie mein Vater meine Mutter verletzt hatte. Obwohl mein Vater mich geliebt hat, hat er mir doch so viel mehr Schaden zugefügt, als ihm je klar war.
Das habe ich nicht verdient
.
Ich werfe das brennende Streichholz und sehe zu, wie der Haufen schlagartig in Flammen aufgeht. Die Hitze sengt meine Haare an, überrollt mich, und ich weiche einen Schritt zurück. Gabriel zieht mich an seine Brust, und gemeinsam sehen wir zu, wie meine schlimmen Erinnerungen verbrennen.
Es ist überraschend reinigend.
Ich beobachte, wie der dunkle Rauch sich kräuselt und in den weißen Himmel steigt und dabei die vergifteten Erinnerungen mit sich davonträgt. Ich versuche mir vorzustellen, dass alles, was jahrelang schwer auf meiner Seele gelegen hat, jetzt davonschwebt … weit, weit weg von mir. Es ist nicht meine Bürde, die ich tragen muss. Es war die meiner Eltern, und die sind nicht mehr da.
Sie sind nicht mehr da
.
Aber ich bin noch da. Ich muss meine eigenen Fehler machen … aber ich mache todsicher
Weitere Kostenlose Bücher